Eine liebevolle Erinnerung

Zur Zeit habe ich wieder eine Seelenphase, in der ich meine Eltern – und meine früher sehr präsente Mutter im besonderen – sehr vermisse. Die Traurigkeit um derartige Verluste kommt nach meiner Erfahrung ja sowieso in Wellen – ich spüre ihre Kraft schon früh, merke, dass sich da etwas aufbaut/auftürmt und dann sehe ich die Welle auch schon auf mich zurollen. Wie im reellen Meer hat es wenig Sinn, sich dagegen zu wehren oder ein Stärke messen zu versuchen – man hat so gut wie keine Chance. Man kann lediglich darunter wegtauchen – oder (und das ist immer meine Strategie) sich ergeben, mitreißen lassen und auch mal das Gefühl für oben und unten verlieren. Bis man eben wieder festen Halt unter sich spürt, aus dem kühlen Nass emporschnellen und sich kräftig schütteln kann.

Anschließend hat man zum einen die Sicherheit, erstmal in ruhigem Gewässer vor sich hintreiben zu können und zum anderen die Gewissheit: die nächste Welle kommt dann irgendwann wieder.

Unsere Wohnung ist mittlerweile hier und da gespickt mit kleinen Erinnerungsstücken an meinen Vater und meine Mutter – sind nicht allzu viele, aber meine Lieblingsfotos von Ihnen hängen so, dass ich sie von meinem Platz am Esszimmertisch immer sehen kann und ausgesuchte Dinge aus meinem Elternhaus haben bei uns eine neue Bleibe gefunden.

So zum Beispiel auch dieser goldene Mond aus Metall, der früher immer an der Deckenlampe in unserem Wohnzimmer hing und nun unser Küchenfenster verschönert.

Das Schöne ist, wenn zum Beispiel das Fenster geöffnet ist und ein Lufthauch hereinweht oder auch, wenn man sich in der Küche bewegt und eine kleine Erschütterung den Mond erreicht, erklingt in der Küche ein leises klirrendes Geräusch. Mir kommt es immer wie ein kleiner Gruß von meiner Mutter vor und ich muss jedes Mal lächeln.

Habt Ihr so etwas auch bei Euch zuhause – Dinge, die Euch an Personen oder Ereignisse erinnern und die Euch lieb und teuer sind?

16 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo Uta,
    ja,die goldenen Armreifen meiner Mom.
    Ich trage sie täglich und ihr klimpern erinnert mich immer an sie.
    Die Wellen der Traurigkeit,bei mir nach über 5 1/2 Jahren immer noch.Das wird sich auch glaube ich nicht wirklich ändern.Es sind unsere Eltern.
    Liebe Grüße und dir noch ein gutes neues Jahr,Petra

    • Liebe Petra,
      ein Erinnerungsstück direkt am Körper zu tragen, ist natürlich quasi die „Königsdisziplin“, ein einfach schöner Gedanke. Ich habe auch ein paar Schmuckstücke meiner Mutter geerbt, die mir aber leider (noch?) ein wenig zu groß sind, so dass ich sie kaum trage, aus Angst sie zu verlieren.
      Und ja – die Traurigkeit wird sich nicht ändern, das glaube ich auch – ist aber auch okay für mich.

  2. Ein kleines Wachsengelchen meiner Mutter erinnert mich an sie. Sie starb am 1. Dezember mit 92 Jahren in meinen Armen.

    Die Rechnung vom Rettungshubschrauber auf meinen Schreibtisch erinnert mich an die vielen Schutzengel, die mein Mann bei einem schweren Hinterwandinfarkt an unserer goldenen Hochzeit 2021 in Maurach /Tirol hatte

    • Sehr berührend, liebe Monika – zum einen, dass Du Deine Mutter begleiten durftest und dass ein Engel nun über Dich wacht. Ich schicke Dir ganz liebe Gedanken für Deinen Verlust
      Und ich finde es toll, dass Du Dir das tiefe Dankbarkeitsgefühl über die Rettung Deines Mannes bewahrst

      • Du beschreibst das alles richtig Uta. Es kommt in Wellen und kann nicht aufgehalten werden. Ich bin um jeden Tag froh an der Mama noch da ist.
        Aber habe ja im letzten Jahr auch selbst die Erfahrung machen müssen wie schnell alles vorbei sein kann.

  3. Hallo Uta,
    ja, das Foto meiner Eltern hängt im Wohnzimmer. Außerdem trage ich täglich die Ohrringe meiner Mutter und von meinem Vater habe ich eine Strickjacke die mich warm hält. das ist so tröstlich!
    Das mit der Welle der Traurigkeit kenne ich auch. Sie kündigt sich nicht an, sondern kommt plötzlich, bei einem Lied im Radio oder bei einem Satz, der ausgesprochen wurde.

    • Das klingt wirklich wie eine Umarmung Deiner Eltern, die Du Dir täglich abholst – richtig schöner Gedanke, liebe Eveline! Und dass einen die Traurigkeit auch mal so aus dem „Nichts“ anspringen kann, das kenne ich auch

  4. Liebe Uta, ich trage ein Armband meiner Mutter, welches mich täglich erinnert.
    Auch diese Wellen der Trauer kommen immer wieder, besonders in Zeiten wie Geburtstage, Feiertage. Das hört nicht auf.
    Ich wirbel zZt. darin rum. Meine Eltern sind schon lange fort, damit kann ich inzwischen umgehen, aber der letzte Todesfall, vor 2 Jahren, ist immer noch so frisch, damit bin ich noch sehr beschäftigt. Aber so ist das Leben, und es geht vielen Menschen schlechter.
    Ganz dicken Drücker für Dich

    • Ich glaube das sofort, liebe Elli – der Tod der Eltern ist schon schlimm genug – auch, wenn er zum Leben irgendwie dazu gehört und es quasi die „richtige Reihenfolge“ ist, wenn man seine Eltern verliert. Ein echt schöner Gedanke, dass Du Deine Mutter immer mit nimmst am Handgelenk
      Und dass der letzte Todesfall frisch ist und auch noch bleibt – ich kann es gut verstehen! Ich umarme Dich, Du tapfere Elli!

  5. Auf unserer Kommode in der Küche habe ich einige Fotos von lieben verstorbenen Familienmitgliedern. Eine rote Seidenrose steht dort das ganze Jahr über. Wenn wir eine Familienfeier haben, sitzen wir immer in der geräumigen Küche. Unseren „voraus gegangenen“ Lieben zünde ich dann immer ein Teelicht an, dort auf der Küchenkommode. So haben wir das Gefühl, dass auch sie dabei sind.

    • Sehr schöne Rituale, die Du da beschreibst, liebe Elisabeth! Eine sehr liebevoller und achtsamer Umgang mit den Menschen, die leider nicht mehr aktiv bei Euch sein können.

  6. Liebe Uta, ich bin gerade auf deine Seite gestoßen und sitze nun mit Tränen in den Augen hier und muss dir schreiben …
    Ich war nach dem Tod meines Mannes das erste Mal nach 35 Jahren alleine in Urlaub – auf Juist 🙂 Ich habe mich sofort nach der Ankunft in die Insel verliebt. Über Weihnachten war so eine unfassbare Stille und so ein tolles Licht, mein Herz hüpft gerade bei dieser Erinnerung. Ich habe die sehr langen Spaziergänge bei Wind, Sonne, Sturm, Regen und Hagelschauer genossen, die vielen Tränen sind bei den einsamen Spaziergängen niemanden aufgefallen. Ich fühlte mich das erste Mal wieder … und konnte wieder Glück empfinden. Geblieben ist eine große Dankbarkeit an einen wundervollen Menschen und Stolz seine Frau zu sein. Alles Liebe für Dich. Dein Blog ist zauberhaft. Herzliche Grüße Claudia

    • Liebe Claudia, und nun sitze ich hier mit Tränen in den Augen und lese deine Zeilen …
      Dein Schmerz um deinen Mann und deinen Umgang damit berühren mich sehr.
      Ja, diese Insel hat wahrlich Zauberkräfte, aber dass sie auch bei Trauer so gut tun kann, einfach wunderbar!!!
      Ich wünsche dir unbekannterweise, aber dennoch von ganzem Herzen, dass das Glück nach und nach wieder bei dir einzieht. Die Liebe bleibt. Alles, alles Gute für dich, Melanie

      • Liebe Melanie,
        Dein liebevoller und achtsamer Kommentar zeigt mal wieder, wie wertvoll dieser Blog ist – es gibt hier so viele wunderbare Menschen, die so wertvoll miteinander umgehen. Leider ist das etwas selten geworden – umso kostbarer empfinde ich das und danke Dir sehr dafür, dass Du mit dabei bist!
        Und ich gebe Dir vollkommen Recht: die Liebe bleibt und mit ihr die Bindung, die man mit dem Menschen gehabt hat, der vor einem gegangen ist. Es gibt nichts, was diese beiden Komponenten unterbrechen könnte

    • Liebe Claudia.
      Zunächst einmal freue ich mich von Herzen, dass Du den Weg zu meinem Blog gefunden hast, nun hoffentlich immer mal wieder reinschaust und Dir eine kleine oder dicke Portion Hüpfen abholst!
      Deine Worte über Juist und das, was Du da nach Deinem großen Verlust erlebt hast, kann ich sehr gut nachempfinden: Juist hat einfach eine ganz besondere Magie, die Gefühle und Empfindungen deutlich verstärken kann, wenn man sich darauf einlässt. Die Insel kann einen auf den harten Boden der Tatsachen zurückholen, einen umarmen und einhüllen wie ein flauschiges Handtuch nach dem Sprung in kalte Wellen oder einem einfach klarer vor die verschleierten Augen führen, worauf es wirklich ankommt.
      Bringe Dich am besten in dunklen Stunden immer wieder gedanklich an diesen Strand zurück – er wird Dir auch aus der Ferne helfen, das weiß ich!
      Ich schicke Dir ganz liebe Gedanken und meine feste Überzeugung: die Liebe ist stärker als der Tod und Dein Mann wird für immer bei Dir sein!
      Von Herzen, Uta

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