Viele Schritte sind gemacht

Man konnte es ja schon vorhersehen, dass die letzte Woche für mich keine leichte werden würde – und ich hatte gedanklich auch mal nicht übertrieben.

Ich war ja in meinem Elternhaus, um dies für den Verkauf vorzubereiten (siehe letzter Artikel) – sprich, ich musste unendlich viele Dinge in die Hand nehmen, unzählige Entscheidungen treffen und dabei fast jedes Mal eher meinen Kopf als mein Herz dazu befragen, was normalerweise eigentlich fast immer andersrum ist. Denn meine Eltern haben nicht nur wirklich schöne Dinge geradezu gesammelt – sie haben es anscheinend auch fertig gebracht, in ihrem Leben kein einziges Mal auszumisten und alles, aber auch wirklich alles aufzubewahren. Jetzt nicht wie in einem Messi-Haushalt – aber man hätte sich ganz bestimmt zwischendurch schon mal von vielen Gegenständen trennen können, was es mir wesentlich leichter gemacht hätte.

Vor mein Herz hatte ich gefühlt in diesen Tagen ein dickes Vorhängeschloss gehängt. Sonst hätte ich auch bei dem großen Räumungsverkauf, bei dem viele liebgewonnene Erinnerungsstücke aus dem Haus getragen wurden, nicht so lächelnd überstehen können. Hier hatte sich der Aufwand, den ich davor betrieben habe, allerdings wirklich gelohnt: es sind etwas über 2000 Euro dabei rumgekommen.

Eine Geschichte muss ich Euch dabei einfach erzählen: einen Tag vor Räumungsverkauf stand ich auf dem Dachboden und öffnete eine der vielen, vielen Kisten. Darin lag etwas, mit dem in der Hand ich dann bestimmt eine halbe Stunde in der staubigen Luft stand und überlegte, was ich damit nun tun sollte:

Zu dieser etwas seltsam aussehenden Puppe gibt es nämlich folgende emotionale Geschichte: meine Mutter hatte sich ja stets sehnlich eine Tochter gewünscht. Als sie nach meinem Bruder und der Todgeburt dann erneut hochschwanger war (damals war man ja noch nicht soweit, dass man das Geschlecht so ohne weiteres per Ultraschall bestimmen konnte), bekam sie eines Abend einen Koller und wollte unbedingt eine Puppe basteln, um ihrem Wunsch nach einem Mädchen irgendwie Ausdruck zu verleihen. Sie hatte aber fast nichts an Material da, deshalb zerschnitt sie ein altes Unterhemd meines Vaters, nähte dieses um, stopfte Wollreste hinein, häkelte ein Kleidchen und setzte dem Geschöpf dann rote Wolle als Haare obendrauf. Seit ich denken kann, lag diese Puppe im großen Wohnzimmerregal, meistens mit dem Gesicht nach unten, weil der Kopf viel zu schwer war.

Und ich stand da also im fahlen Licht des Dachbodens mit ihr im Arm und habe so mit mir gerungen – und habe dann letztendlich eine Entscheidung getroffen, die für viele andere Gegenstände anschließend genauso galt: diese hatten ihren Platz in meinem Elternhaus, in meiner Kindheit/Jugend und sie haben ihn in meinen Erinnerungen – aber sie können nicht alle in mein jetziges Leben und somit in den begrenzten Platz unseres kleinen Hauses einziehen. Deswegen habe ich von all diesen Dingen ein schönes Foto gemacht und werde daraus ein tolles Album machen – ganz so, wie Ihr es mir nach dem letzten Artikel auch schon ein paar Mal vorgeschlagen habt. Das war super hilfreich und ich danke Euch von Herzen dafür!

Natürlich ist es mir dennoch sehr schwer gefallen, dann tatsächliche Trennungen zu vollziehen – aber wie immer, wenn man eine Entscheidung getroffen hat: dann beißt man die Zähne zusammen und zieht es dann irgendwie durch.

Viele Schritte sind demnach jetzt gemacht – ich bin auf einem guten Weg. Und im Februar habe ich erneut eine Woche frei, hole mein Vorhängeschloss wieder hervor und fahre erneut in mein Elternhaus – dann auch mit dem Notartermin. Es ist gerade eine echt harte Zeit für meine Seele, aber ich werde sie schaffen!

10 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ich lebe immer noch in meinem Elternhaus und kann die Gefühle verstehen. Es ist ein 2-3 Familienhaus, also hatte ich die elterliche Wohnung zu räumen. Es ist m.E.wichtig, sich von alten Dingen, die nicht verwertet werden, zu trennen.
    Die Erinnerungen erlebt man ja im Herzen. Aber jeder empfindet unterschiedlich.
    Selbst schon “ in die Jahre gekommen“ erwäge ich aber auch schon ab und an den Verkauf, da die Instandhaltungsarbeiten, die zwangsläufig da sind, mich nervlich und kräftemäßig fordern.

    • Liebe Renate,
      ja, ich fürchte – irgendwann kommen wir alle an diesen Punkt und müssen dann eine Vielzahl von Entscheidungen treffen.
      Dass so ein großes Haus Dich kräftemäßig überfordert, kann ich gut verstehen – und Deine Überlegungen nachvollziehen…

  2. Liebe Uta, Auflösung ist schon ein doofes Wort. Aber Erinnerungen bleiben uns!
    Gute Idee mit den Fotos, die kannst Du Dir je nach Gemütszustand ansehen.
    Wenn Du dann auch noch den Hausverkauf abschließen kannst, ist das vielleicht auch eine Befreiung, sicherlich schwer. Mit unserer Firmenauflösung ging mir das auch an‘s Herz. Wir hatten gemeinsam in über 40 Jahren uns alles aufgebaut und mit einer Unterschrift ist alles weg. Aber, wie schon gesagt, auch irgendwie befreiend. Kopf hoch, auch das wirst Du wuppen meinLiebe. LBG Elli

    • Liebe Elli,
      auf das Gefühl der Befreiung warte ich noch – mal sehen, wie es mir nach dem Notartermin gehen wird… vielen Dank für Deine Worte und Dein Mitgefühl!

  3. Liebe Uta. Ich kann mir mehr als gut vorstellen wie Du Dich fühlst.
    Eine sehr emotionale Zeit.
    Deine positive Einstellung ist bewundernswert und mir ein großes Vorbild. Die Idee mit dem Erinnerungsalbum ist super.
    Deinen Blog zu lesen gibt mir immer wieder neue Denkanstöße.
    Danke, das Du Dir so viel Mühe machst und uns daran teilhaben lässt.
    ich wünsch Dir noch viel Kraft.
    Luebe Grüße ubd nen dicken Sonnenstrahl.

    • Vielen Dank für die super schönen Worte, liebe Tanja – und von Herzen gerne! Es ist mir eine Ehre, so wunderbaren Menschen neue Denkanstöße geben zu dürfen!

  4. Liebe Uta
    ich kann mir gut vorstellen, was du gefühlt hast.
    Bei mir ist die Wohnungsauflösung ja auch noch nicht allzu lange her.
    Auf die Idee mit dem Album bin ich leider nicht gekommen.
    Dafür gibt es bei mir an einer Wand im Arbeitszimmer viele Fotos vom Leben meiner Mama. Meiner geliebten Oma und Opa und auch mein Hund hat dort einen Platz gefunden. Eine Erinnerungswand, Ich stehe oft davor und auf einmal fällt mir vieles wieder ein, was ich schon lange vergessen hatte.
    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende für dich

    • Die Idee mit der Fotowand ist doch ebenfalls richtig, richtig schön, liebe Monika! Kann mir gut vorstellen, wie Du davor stehst – mit so manchem Lächeln und vielleicht auch mal mit einem dicken Kloß im Hals. Und die besten Erinnerungen hat man sowieso immer bei und in sich

  5. Liebe Uta,
    bin überwiegend eine stille Leserin, habe aber schon einmal geschrieben, über den ersten Urlaub auf Juist nach dem Tod meines Mannes, nach 35 Jahren liebevollem Zusammenseins🖤 . Ich lebe weiterhin in unserem Knusperhäuschen, nach fast drei Jahren sortiere ich auch in kleinen Schritten „seine Schubladen/Schränke“ aus …. Bei deinen Zeilen nicke ich zustimmend 🙂 Auch mein Herz hat bei vielen Dingen ein Vorhängeschloss und eine Entscheidung fällt oft schwer. Der Tipp Erinnerungsfotos zu machen und auch die Fotowand sind super! Vielen Dank für deine Zeilen und das „Daranteilhaben“ . Die Liebe bleibt und die Dankbarkeit besondere Menschen im Leben gehabt zu haben. Alles Gute für Dich – ich freue mich immer Deinen Blog zu lesen. Im Mai geht es wieder nach Juist 💕Herzliche Grüße und weiterhin viel Kraft und Zuversicht. 💫

    • Liebe Claudia,
      auch Dir möchte ich danken, für Deine Bereitschaft, uns an Deinem Trauerweg teilhaben und einen Blick auf Deine Seele werfen zu lassen!
      Und ich empfinde es ganz genauso wie Du: die Liebe bleibt – und sie ist stärker als alles andere!
      Ich wünsche Dir von Herzen gute Entscheidungen, das Gefühl, dass niemals alleine bist und viel Vorfreude auf Deine Herzensinsel!

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.