Mein Elternhaus

Heute möchte ich Euch also erzählen, welche große Aufgabe 2024 für mich bereitgelegt hat.

Ursprünglich komme ich ja – wie Ihr wisst – aus Nordrhein-Westfalen, nämlich vom schönen Niederrhein. Dort steht eben auch noch mein Elternhaus, in das unsere Familie nach dem Tod meiner Oma mütterlicherseits gezogen ist und in dem ich meine Jugend verbracht habe. Hier habe ich also meinen ersten Kuss unter der Straßenlaterne vor der Haustür bekommen, die Wände meines Zimmers wurden stumme Zeugen so mancher Liebeskummerträne, hier habe ich von einer goldenen Zukunft geträumt und mich so manches Mal die Holztreppe in der Nacht nach oben geschlichen (ich weiß genau, welche Stufe an welcher Stelle besonders knarzt).

An meinem Elternhaus hängen demnach tausende Erinnerungen – auch noch von der Zeit, in der ich dann als junge Erwachsene ausgezogen war, als Studentin gerne mal meine Schmutzwäsche vorbeigebracht habe, mich als Radiomoderatorin nach Feierabend zum runterkommen in den wunderbaren Garten setzte, später mit meinen Kindern zu Besuch kam und meinen Eltern beim älter werden zuschauen konnte. Vor nun mehr 3 ½ Jahren verstarb dann zunächst mein geliebter Vater, meine großartige Mutter folgte ihm 2022. Mein Bruder und ich erbten also das Haus – und das ist dazu auch nicht „einfach nur“ ein Haufen Steine mit Mörtel und Holz. Dieses Gebäude hat wirklich Charakter – und wenn man so möchte, ist es ein Haus mit Seele.

Natürlich haben meine Eltern ihm ihren unvergleichlichen Stempel aufgedrückt – besonders meine Mutter war eine Kunstsammlerin und Trödel-Schnäppchenjägerin mit einem ganz besonderen Händchen für eine tolle Atmosphäre. (In diesem Satz solltet Ihr besonders das Wort „Sammlerin“ im Fokus haben, denn mit dem Haus haben uns unsere Eltern demnach auch gefühlt 1 Millionen schöne Dinge hinterlassen)

Bisher hatten wir mein Elternhaus vermietet – und zwar so, dass noch sehr viele dieser Millionen Gegenstände noch verbleiben konnten. Aber es hat sich immer mehr gezeigt – und irgendwann konnten mein Bruder und ich es nicht mehr verleugnen: das Haus (erbaut 1905) entspricht absolut nicht den heutigen Standards – schon gar nicht in der seit Jahren herrschenden Energiekrise – und ist demnach absolut kein Objekt, welches man unkompliziert und guten Gewissens vermieten kann.

Und so haben wir uns nun also entschlossen, unser Elternhaus in andere Hände zu geben. Das wirklich Schöne dabei ist: der beste Freund meines Bruders wird es kaufen – der es wirklich kennt, zu schätzen weiß und es so sanieren wird, dass es seinen einzigartigen Charakter behalten wird.

Aber jetzt kommen wir nicht mehr drum herum: die Millionen Dinge müssen aussortiert und ausgeräumt werden (wer in der Nähe wohnt und Zeit/Lust hat, darf gerne zum großen Räumungsverkauf am 27. Januar von 10.00 bis 18.00 in die Franz-Hartz-Straße 17 in Krefeld-Hüls kommen) und die meisten Gegenstände dürfen dann wohl nur noch ihren Platz in meinem Herzen behalten.

Neben der körperlichen Anstrengung wird auf jeden Fall meine Seele in den kommenden Monaten ganze Arbeit leisten müssen – das ist mir sehr bewusst. Denn für mich ist dieses Haus eben sooo viel mehr als ein paar schöne gezogene Wände in einer tollen Gegend: es steht für meine unbeschwerten Jahre, für Geborgenheit, Sicherheit, Heimat und das warme Gefühl, stets nach Hause zu kommen.

Leider geht kein (vernünftiger) Weg daran vorbei – und ich suche noch einen, um damit besser klarzukommen. Ich werde ihn finden – wenn es auch seine Zeit brauchen wird.

16 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. das schaffst Du Uta, ich dachte auch immer man kann da nicht und jetzt fange ich an viele bewahrte Dinge weiterziehen zu lassen, es gibt auch wieder Raum für eigenes Leben….LG

    • Liebe Thekla,
      ja, ich werde das schaffen – es wird schwer, aber ich werde es schaffen, keine Frage! Vielen Dank für Deinen Zuspruch und die Erinnerung daran!

  2. Ich fand es schon schlimm, die Wohnung meiner Mutter aufzulösen, in der sie fast 50 Jahre gewohnt hat. Schön dabei war, dass ich viele Dinge in Hände weitergeben konnte, die sich über solche Dinge freuen und sie in Erinnerung an meine Mutter gerne haben wollten. Ich würde ganz bestimmt in deinem Elternhaus etwas finden, hege ja ganz viele alte Sachen, aber ich muss mich zurückhalten, unsere Schränke sind voll. Ich wünsche dir alle Kraft der Welt bei der Aktion.

    • Ja, darauf hoffe ich auch, liebe Ute! Dass ich viele liebgewonnene Dinge in andere gute Hände werde abgeben können – und ich bin mir sehr, sehr sicher, dass man ganz viel Tolles in meinem Elternhaus finden wird!

  3. Hallo liebe Uta,
    es ist unendlich schwer, diese Dinge zu tun.
    Eine gute Bekannte von mir hat drei Anläufe gebraucht, um das Haus ihrer Eltern auszuräumen…. sie hat es nicht geschafft!
    Schlussendlich hat sie folgendes beschlossen:
    Alle Geschwister und sie selbst haben sich aus dem Haus die für sie wichtigsten Erinnerungsstücke mitgenommen und dann eine Firma mit der Ausräumung beauftragt.
    Dieser Weg war dann für sie gehbar.
    Ich selbst musste 2022 die Wohnung meines Vaters ausräumen, er wohnte bei mir, und das war auch nicht so einfach.. aber ich habe mir z. B. das Goldrandgeschirr (sehr fein) verwahrt, jedes Weihnachten wird damit der Tisch gedeckt. Eine tolle Erinnerung an meine Eltern.
    Meine Enkelkinder finden das auch toll, und dann sprechen wir über Uropa… den sie sehr lange gekannt haben.
    Ich wünsche Dir viel Kraft zum aussortieren.
    LG Ulrike

    • Liebe Ulrike,
      wenn alle „Stricke reißen“ und ich das Ausräumen aus zeitlichen oder seelischen Gründe nicht zu einem guten Ende bringen kann, habe ich diese Option mit dem „Räumkommando“ auch schon im Hinterkopf.
      Vielen Dank für Deine lieben Wünsche!

  4. Ich habe im letzten Jahr die Wohnung meiner Mutter auflösen müssen, die mit 93 Jahren gestorben ist. Behalten habe ich außer einigen Bildern und einem Engel, der nun auf meinem Schreibtisch steht und mir oft zuzwinkert und fragt Moni alles ok nichts behalten.

    Ich habe die Wohnung dann vom Straßenmagazin – Bodo sie führen auch Haushaltsauflösungen durch räumen lassen. Super Arbeit, alles besenrein hinterlassen.. Alles was in der Wohnung war, kommt dann den Obdachlosen zu Gute.

    Immer wenn ich an dem Haus vorbei fahre, habe ich das Gefühl, gleich öffnet sich das Fenster und Mama fragt, wo bleibst du denn.

    • Sehr gute Sache mit Deiner Lösung der Haushaltsauflösung. Das behalte ich auch mal im Hinterkopf und schaue, ob es so etwas auch in meiner alten Heimat gibt. Vielen Dank für den Tipp, liebe Monika!
      Und ja – Deine Mutter ist sowohl in dem Engel als auch so immer an Deiner Seite!

  5. Liebe Uta,
    mir hat folgendes Buch bei der Räumung sehr geholfen:
    „Das Haus meiner Eltern hat viele Räume“ (von Ursula Ott) – Untertitel „vom Loslassen…“
    Ein sehr gut lesbares Buch.
    Liebe Grüße
    Inge

      • Hallo ihr beiden,
        ich habe auch sofort nach dem Buch geschaut und bin dabei auch noch auf „Adieu Elternhaus: Elternhaus auflösen – sortieren, wertschätzen, loslassen“ gestoßen. Vielleicht ist das ja auch für jemanden hier interessant.

        • Vielen Dank für den Tipp, liebe Melanie – habe auch gesehen, dass es durchaus mehrere Bücher zu dem Thema gibt. Alleine das ist ja schon ein wenig beruhigend, weil man damit das Gefühl verliert, alleine vor so einem großen Berg zu stehen.

  6. Liebe Uta,
    Ich stell mir das schwer vor ein ganzes Haus zu räumen mit so vielen Erinnerungen.
    Leider wohne ich zu weit weg…ich hätte bestimmt etwas schönes gefunden !!
    Ich wünsche dir viel Kraft für diese schwere Aufgabe.
    Liebe Grüße aus dem Saarland
    Conny K.

  7. Abschied von Vertrautem und so sehr Liebgewonnenem tut weh, erst recht wenn es Dein Zuhause und das Deiner geliebten verstorbenen Eltern war. Ich kann deutlich mitempfinden, was es nun mit Dir macht.

    Als ich vor mehr als 15 Jahren dann auch von meiner geliebten Mutti Abschied nehmen musste, fiel mir die endgültige Auflösung ihres Haushalts mit vielen seit meiner Kindheit ganz besonders liebenswerten Stücken, die mich noch so stark an meine Eltern erinnerten, sehr schwer. Die körperliche Kraft fehlte mir nicht, aber meine Seele wollte sich nicht mit dem Abschied anfreunden. Es war mir noch immer, als würde Mutti jeden Moment wieder neben mir stehen, ihren frisch gebackenen Apfelkuchen präsentieren und „erst einmal einen guten kräftigen Kaffee kochen“, damit wir auf der sonnigen Eckbank in der Küche gemütlich die Seelen baumeln lassen konnten.
    Der vertraute Duft ihrer Wohnung, ihrer schönen Kleider (sie tanzte leidenschaftlich gerne), der Blumen auf ihrem Balkon, aber auch der mit viel Liebe und Hingabe gezauberten köstlichen Schmorgerichte wie Sauerbraten oder Rinderrouladen mit Kartoffelklößen ist noch immer und für alle meine Zeit bei mir.
    Liebevolle warmherzige Erinnerungen sind das Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.

    Liebe Uta, vieles Schöne, das meine Eltern „sammelten“, ist Ausdruck ihrer ganz besonderen unvergesslichen Persönlichkeit. Es erfüllte mich auch mit Wehmut, so manches Vertraute in andere gute Hände geben zu müssen. Viele der wunderbaren „Schätzchen“ aber lassen die geliebten Eltern noch immer ganz nahe in meinem Herzen sein, denn so manches, weil sie mir jetzt hier Tag für Tag große Freude bereiten.

    Mein Tipp: Fotos der heimeligen geliebten Winkel des Elternhauses machen und auch Lieblingsstücke ablichten, von denen man sich mangels Platz trennen muss. Alles in einem fantasievoll gestalteten Album mit Skizzen, Zeichnungen, Schilderungen aus Kindheit und Jugend verwahren. Mich hat es immer getröstet, wenn ich mir bewusst eine sentimentale Auszeit nehmen konnte.

    • Liebe Gabi,
      das spricht so viel Liebe aus Deinen Zeilen, dass einem ganz warm ums Herz wird.
      Eine ähnliche Idee hatte ich auch schon – allerdings wollte ich keine Fotos von all den vielen Gegenständen machen – die werde ich tatsächlich „einfach“ als Challenge loslassen – aber ich wollte mir eine Fotocollage vom Haus außen erstellen und bei mir aufhängen. Alles, was IM Haus war, ist nämlich eh in meinem Herzen.

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