Meine persönliche Heldin

Schon lange wollte ich Euch von meiner ganz persönlichen Heldin erzählen – ich habe ja schon öfters von Menschen geschrieben, die ich sehr bewundere, die mich geprägt haben und die dieser Welt meiner Meinung nach einen besonderen Dienst erwiesen haben.

Diese Frau jetzt hat nicht nur ein Stück meines Weltbildes mit gestaltet und mir einen Sinn für das Schöne im Leben geschenkt – sie hat mir darüber hinaus anscheinend genetisch einiges vermacht, denn ich rede hier von der Mutter meiner Mama – also meiner Großmutter mütterlicherseits.

Das Bild zeigt meine Oma Sofie mit der kleinen (etwas misstrauisch drein schauenden) Uta auf dem Schoß 1974 in unserem damaligen Garten. Zu diesem Zeitpunkt war sie 69 Jahre alt – denn sie wurde 1905 am Niederrhein geboren und wuchs mit ihren zwei Schwestern und einem Bruder in dem Vorort von Krefeld auf, in dem auch ich die wichtigsten Jahre meiner Kindheit verbracht habe. Nach dem Tod meiner Oma (sie starb im Alter von 83 Jahren an den Folgen einer Brustkrebserkrankung) zog meine Familie nämlich in das Elternhaus meiner Mutter (welches ich Anfang des Jahres mit sehr schwerem Herzen ja verkaufen musste). Mehrere Jahre lebten wir dabei noch mit der Schwester meiner Großmutter (Tante Käthe) zusammen, an die ich auch viele schöne Erinnerungen habe.

12 Jahre meines Lebens durfte ich also mit meiner Oma Sofie verbringen. Da wir zu dem Zeitpunkt nur etwa 20 Kilometer entfernt wohnten, haben wir sie und meine Großtante oft abgeholt oder einen Nachmittag am Wochenende bei ihnen verbracht. Und mehrere Male haben wir auch Urlaube mit ihr zusammen gemacht.

Wenn ich an die Zeit und an bestimmte Momente mit meiner Großmutter zurückdenke, dann ist da ein ganz warmes Gefühl der Geborgenheit in meinem Bauch. Ich habe sie ja leider nicht allzu lange erleben dürfen – und das auch nur als bereits ältere Frau – aber für mich war sie stets ein Ruhepol, ein Anker der Sicherheit und ich konnte immer wunderbar an ihrer aus ihr herausströmenden Fröhlichkeit andocken.

Besonders lebhaft erinnere ich mich an den 2. Weihnachtstag, der zu ihren Lebzeiten jedes Jahr die gesamte Familie – also ihre noch verbliebenen sieben Kinder (über diesen Umstand berichte ich demnächst) mitsamt Anhang und deren Kindern zusammenbrachte. Die komplette, wirklich große Menschenschar versammelte sich in dem Wohnzimmer auf aufgestellten Stuhlreihen. Die Enkelkinder, die ein Instrument spielten (und das waren ganz schön viele), trugen etwas vor (ich musste Jahr für Jahr mit meinem Onkel als Klavierbegleitung etwas auf meinem Cello vorspielen – und ich hab es gehasst, weil ich immer viel zu wenig geübt hatte…), dann wurde zusammen gesungen. Ich muss dazu sagen, dass ich aus einer sehr musikalischen Familie komme, unter meinen Onkel und Tanten gibt es wunderbare Singstimmen und auch meine Mutter verfügte über eine ausgebildete, einzigartige Alt-Stimme. Es klang immer super schön und es wurde mit so viel Inbrunst und Stimmgewalt im Chor gesungen, dass die Gläser im Schrank nicht anders konnten, als mit zu klirren. Und zu guter Letzt – und das habe ich in besonders warmer Erinnerung – scharrten sich alle Frauen um meine Oma, die aus einem großen Netz Orangen holte, diese über einer großen Schüssel schälte und die Stücke dann im ganzen Raum verteilte. Der Geruch von frischen Apfelsinen und laute, fröhliche Stimmen – das ist für mich immer noch der Inbegriff vom 2. Weihnachtstag. Und meine Großmutter in der Mitte, mit roten Wangen, glänzenden Augen und lachend, während ihr der Saft der Orangen von den runzeligen Fingern tropft.

In weiteren Artikeln möchte ich Euch noch mehr von dieser wunderbaren Frau berichten – teilweise, was ich selber nur erzählt bekommen habe, was mich aber nachhaltig beeindruckt und geprägt hat.

Das nur als „Beweis“, dass ich auch durchaus ein sehr fröhliches Kind war… 😀

4 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ich finde das sehr interessant, vor allem, weil meine Oma auch Sofie hieß. Sie hat bei uns nebenan gewohnt. Ich habe als Kind mehr Zeit bei ihr verbracht als zu Hause. Ich war ihr näher als meiner Mutter, was auch in unserer Familie leider zu Unmut und Eifersucht geführt hat.

    Liebe Grüße
    Claudia

  2. Ach, Uta, deine Zeilen wärmen mir das Herz!! Und natürlich muss auch ich sofort an meine Lieblingsoma denken, die ganz lange mit uns in einem Haus gewohnt hat, aber in einer separaten Wohnung. Mir kommt als allererstes in den Sinn, dass meine Kusine und ich bei ihr so gerne Theater gespielt hatten. Meine Oma hatte nicht viel, aber alles was sie hatte, durften wir zum Theater spielen verwenden: Ich sehe uns noch ganz lebendig vor meinen Augen, wir zwei Mädchen jede in einem viel zu großen Morgenrock meiner Oma mit irgendwelchen Schrubbern und Besen Hexen spielend – und meine tolle Oma hat sich all unseren Quatsch freudig angeschaut :))))))) ! Langsam werden meine Augen feucht beim Schreiben … Mögen alle Kinder Omas wie eine Oma wie Oma Sofie oder Oma Agnes haben!!!

    • Ach, was für wunderbare und schöne Erinnerungen Du da beschreibst, liebe Melanie! Und ich kann den (irgendwie süßen) Schmerz, der Dich dabei befällt, total verstehen!
      Ich bin sicher, meine Oma Sofie und Deine Oma Agnes verstehen sich – wo auch immer – ganz prächtig und erfreuen sich sehr an uns!

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