Wie bereits erwähnt, ist meine größte Angst, liebe Menschen meines Herzens zu verlieren. Man könnte durchaus sagen, dass dieses mich oft begleitende und dumpfe Gefühl auf Erfahrung beruht, denn ich habe schon viele tolle Personen gehen lassen müssen: meine Eltern, eine wunderbare Cousine, eine meiner besten Freundinnen, mehrere Onkel und frühere Arbeitskollegen, die ich sehr gemocht habe. Und die Reihe begann schon recht früh in meiner Jugend, als erst meine beiden Großmütter (meine beiden Großväter habe ich leider nicht gekannt, weil sie vor meiner Geburt verstorben sind) und dann ein enger Freund einen sehr plötzlichen Tod fanden.
Dieses Gefühl eines nicht zu verschließenden Lochs, eines nicht wieder gut zu machenden Verlustes und dem Wissen, dass das Leben ab diesem Zeitpunkt ein anderes sein wird, ist mir demnach sehr vertraut – ohne, dass man sich daran wirklich gewöhnen könnte und wollte.
Was daraus entstanden ist, ist eine sehr schnelle körperliche Reaktion, wenn ich Menschen meines Herzens beispielsweise längere Zeit nicht erreichen kann. Wenn sie sich verspäten oder ich mich frage, wo sie gerade sind oder bleiben und meine Anrufe ungehört bleiben. In solchen Momenten gerate ich rasch in Panik und drehe schwindelige Runden auf meinen Gedankenkarussell.
Und da ich nicht alle meine geliebten Personen in Watte packen oder rund um die Uhr behüten kann, bin ich seit einiger Zeit dazu übergegangen, den Fokus in mir umzuleiten. Meine ganz persönliche Methode gegen die Verlustangst ist, mich mit meinem eigenen Tod zu beschäftigen.
Das klingt jetzt etwas skurril und morbide-schräg – besonders, wenn ich es so schwarz auf weiß auf meinem Bildschirm sehe. Aber zum einen kümmere ich mich jetzt nicht andauernd darum, sondern immer nur, wenn es sich gerade ergibt und zum anderen hat es auch nichts damit zu tun, dass ich etwa lebensmüde bin – ganz im Gegenteil. Aber es beruhigt mich, den Gedanken an die eigene Sterblichkeit zuzulassen, Dinge für das Altern zu regeln (zum Beispiel eine Patientenverfügung, eine Vollmacht und ein Testament) und Wünsche dafür zu formulieren, wie ich meine Beerdigung am liebsten hätte – so möchte ich auf jeden Fall eingeäschert und dann in einem Friedwald begraben werden, gerne an einer kleinen, noch jungen Birke oder Weide, der ich dann beim Wachsen helfen kann. Und seit kurzem habe ich auch ein Lied gefunden, welches ich mir von Herzen als letzte Begleitung wünsche: Annie Lennox (die ich ohnehin sehr liebe) mit „Into the west“. Und ich stelle mir vor, dass anschließend meine Liebsten zusammensitzen und das Leben feiern – und das Wissen, dass ich für immer bei ihnen bin.
Solche Gedanken können meine Angst ein wenig vertreiben – ich kann zumindest besser damit umgehen. Und damit ist ja schon sehr viel gewonnen.
Angst vor dem Verlust eines geliebten Menschen habe ich auch, besonders seit dem Herzinfarkt meines Mannes, der ja dank der vielen Schutzengel gut ausgegangen ist.
Ich bin ja auch nicht mehr ganz gesund und mit meinen 75 Jahren beschäftigt ich mich schon einige Zeit mit meiner Endlichkeit. Wir, mein Mann und ich haben alles geregelt, es mit Tochter und Schwiegersohn besprochen.
Da wir das Meer lieben, werden wir beide in der Nordsee vor Norddeich mit der MS Groninger unsere letzte Reise antreten.
Ganz vertreiben kann auch die Planung meine Angst vor dem Tod nicht ganz, aber wie auch du liebe Uta kann ich besser und gelassener damit umgehen.
Das kann ich gut verstehen, liebe Monika. Auch Deine Angst beruht auf Erfahrungen, die Du leider machen musstest – und ich finde es sehr gut, dass Du aktiv damit umgehst und Dich damit beschäftigst. Und so geht es auch tatsächlich – wie Du schreibst – nicht darum, die Angst komplett zu vertreiben, sondern einen Weg damit zu finden. Das macht Ihr sehr, sehr gut!
Meine liebe Uta, deine Gedanken überraschen mich wirklich! Aber es ist sinnvoll sich damit auseinander zusetzen. Ich bin in dem Alter und denke immer mehr dran. Hab zwar fast alles geregelt, aber schieb noch vor mir her. Ich möchte noch den Rest, wer weiss wie lange geniessen! Kann mir unschwer vorstellen nicht mehr hier zu sein. Bin doch eigentlich noch in der Pupertät 😂
Wünsche mir nur Gesundheit und viele Male auf undere geliebte Insel zu fahren! Ich muss Dir sagen, ich vermiss Dich!!! Drück Dich und hab Dich immer in meinem Herzen❤️💋🙋♀️
Liebe Elli – auch ich genieße das Leben, das hoffentlich noch viele Jahre für mich (und Dich!) bereit hält. Sich aber mit der Tatsache Endlichkeit zu beschäftigen, hat meines Erachtens nichts mit dem Alter zu tun – wir wissen ja (zum Glück) alle nicht, wie lange wir hier sein dürfen. Umso besser ist es für mich, lästige Gedanken zu bearbeiten und dann noch gelassener zu hüpfen!
Ich vermisse Dich auch – wäre schön, Dich mal wieder zu sehen!
Diese Gedanken hören sich ganz nach Wechseljahrsverstimmungen an. In dieser ,für viele Frauen belastenden Zeit, hatte auch ich manche trübe Gedanken und nahm alles sehr viel schwerer als heute und mein Gedankenkarusell drehte sich um sich selbst und VerlustÄngste waren an der Tagesordnung.
Mir hat in der Zeit viel Sport geholfen und mein seeehr pragmatischer Ehemann.
Der ließ es nicht zu, das ich mich in den trüben Gedanken verlor.
Als ich 70 wurde, kamen diese Endlichkeitsgedanken nochmals kurz auf, und wollten mich vereinnahmen, ich gab ihnen nicht mehr den Raum…. jetzt, 3 Jahre später freue ich mich über jeden gesunden und guten Tag.
Liebe Uta, ich denke, wenn es dir gesundheitlich wieder besser geht, dann hüpfen diese Gedanken auch schnell wieder weg, und wenn nicht, dann arbeite weiter daran oder hol dir Hilfe.
Ganz liebe Grüsse.
Liebe Ulrike,
das möchte ich nicht komplett ausschließen, denn die Wechseljahre winken zumindest schon mal aus der Ferne (gutes Thema, da kann ich demnächst mal drüber schreiben!!!!) – aber ich sehe sie nicht als Ursache meiner Angst. Denn diese habe ich schon viel länger in mir – einfach, weil ich schon so viele liebe Menschen verloren habe.
Aber ich nehme Deine lieben Tipps auf jeden Fall an und danke Dir von Herzen dafür!
Liebe Uta, vorzusorgen finde ich richtig, obwohl Du ja eigentlich noch viel zu jung dafür bist, Dich mit diesen Gedanken zu befassen. Ich wünschte sehr, noch einmal 50 zu sein! Andererseits weiß niemand, was das Schicksal mit uns vorhat, so dass wir früher als erhofft gehen müssten.
Mich beruhigt sehr zu wissen, dass ich einmal in der Nordsee meine letzte Heimat finden werde. Die blumengeschmückten speziellen Urnen lösen sich in kürzester Zeit auf, so dass sich die Asche schnell im Meer verteilt. Das Wasser auf unserem schönen Planeten ist unvergänglich. Wenn man sich für „seine“ Seebestattung entschieden hat, muss das immer ausdrücklich schriftlich festgehalten und verbindlich von einem selbst unterzeichnet hinterlegt werden. Nur dann ist die Durchführung möglich!
Geliebte Menschen gehen lassen zu müssen, ist furchtbar schmerzhaft, bleibt aber niemandem erspart. Das ist auch Teil unseres Lebens. So muss wohl Jede(r) einen Weg für sich finden, mit Verlustängsten und der Leere umzugehen. Alles was ein wenig lindert und hilfreich ist, kann nicht verkehrt sein. Das sehe ich genau wie Du, Uta.
Liebe Gabi,
die Nordsee war bis vor kurzem auch mein bevorzugter Ort als letzte Ruhestätte und bleibt auch noch ein wenig in meinem Kopf – weil mein Mann da wahrscheinlich auch hin möchte und ich schon „für immer“ mit ihm zusammen bleiben möchte… aber den Gedanken, so einen Baum zu nähren, finde ich eben auch ganz toll.
Ja stimmt, so „lebst“ Du in dem Baum weiter, liebe Uta! In Zeiten des immer extremer werdenden Klimawandels ist aber nicht sicher, ob solch ein prächtiger Baum schwerste Sturmböen oder Waldbrände übersteht.
Mir gefällt der Gedanke sehr, das nach meinem Tod nicht nur meine Seele „frei“ sein wird, sondern halt auch die Reste meines Körpers mit den Wellen in Bewegung bleiben werden und wer weiß, vielleicht gehe ich auf lange Reise im Atlantik …… Klingt ein wenig schräg, ist aber mit einem Augenzwinkern gemeint. :-)))))))
Wow – Du denkst aber wirklich sehr viel weiter, liebe Gabi… sowohl in Bezug auf den Baum als auch auf die Reise im Meer…. 🙂
Ich lass das in meinem Kopf nochmal ein bisschen hüpfen! 🙂
Liebe Uta und alle Mitlesenden,
für eine solche Vorsorge ist es nie zu früh, denn wir wissen nie, was uns wann erwartet…
Wir haben schon einige Jahre einen Familienbaum im Friedwald gekauft. Aus meiner Familie bin ich mit 67 Jahren die Älteste – aber das Alter sagt nichts…
Wir haben uns ganz bewusst diesen Baum jetzt alle zusammen ausgesucht und mit der Friedwald-Gesellschaft einen Vertrag abgeschlossen und alles bereits bezahlt.
Ich finde das sehr befreiend – und ich hoffe, noch lange auf unserer schönen Erde verweilen zu dürfen. Hüpfend und auch mal schlendernd, ganz nach Stimmung.
Alles Liebe für Alle
Was für eine tolle Sache, liebe Inge! Da seid Ihr ja schon einen großen Schritt weiter als ich – und ich kann das gut nachfühlen, was für ein gutes Gefühl das sein muss! Richtig toll!
Ein Friedwald mit hohen Baumwipfeln, in denen die Vögel zwitschern, ist ein wunderschöner, ruhiger, ganz besonderer behüteter Ort. Die entspannte Atmosphäre dort ist unvergleichlich wohltuend, beruhigend und auch tröstend.
Die Nordsee ist im Grunde genommen genau das Gegenteil: durch die Tide immerzu in Bewegung, ein fortwährendes Kommen und Gehen, oft stürmisch Respekt einflößend, landgefräßig, manchmal leider sogar tödlich. Und dennoch: den dramatischen „Wolkenbildern“, faszinierenden Sonnenuntergängen, Seevögelrufen und der herrlichen Luft (egal bei welchem Wetter) bin ich restlos verfallen!
Ja, liebe Gabi – dieser gravierende Unterschied ist mir natürlich bewusst. Und ich denke inzwischen; mein Leben war bereits jetzt schon so bunt, aufregend, bewegend und eine ständige Veränderung – vielleicht ist mir die Ruhe des Waldes da deswegen mittlerweile als meine letzte Ruhestätte so sympathisch… das Meer würde dagegen besser passen. 🙂
Du siehst – so ganz fertig sind meine Pläne noch nicht… 🙂