Unsere Stärken

Man kennt es ja aus dem klassischen Vorstellungsgespräch – die mehr oder weniger gefürchtete Frage: „Können Sie uns bitte mal Ihre Stärken und Schwächen nennen?“ Vielen fällt es da gar nicht so leicht, sich tatsächlich zu offenbaren und ganz ehrlich rauszuhauen, wie man sich selber so sieht und einschätzt.

Und auch so – also im privaten Bereich – ist es nicht einfach, über die eigenen Eigenschaften zu sprechen. Vor allem aber über die guten… Ich persönlich kann zum Beispiel auch super gut ganz viele Fehler, blöde Eigenarten und charakterliche Schwächen von mir aufzählen. Wenn ich aber von Dingen erzählen soll, die ich meiner ganz eigenen Meinung nach echt gut beherrsche, dann gerate ich ins Stocken, Stolpern und Stottern.

Ich glaube, dass unsere Generation ziemlich zu Bescheidenheit erzogen worden ist und es nie so richtig gelernt hat, sich selber ins goldene Licht zu setzen. Sich selber tatsächlich mal zu loben für etwas, was man einfach total gut gemacht hat, das fühlt sich irgendwie schräg an. Mit erhobenem Kopf und voller Stolz zu sagen, welche tollen Eigenschaften man sein eigen nennen darf, das geht uns allen nicht hüpfend von den Lippen. Wir haben Angst, überheblich, arrogant oder eingebildet zu wirken.

Dabei haben wir sie doch wirklich alle in uns: wunderbare, bunte, schillernde, glücklich-machende und die-Welt-verbessende Züge, die uns liebenswert und zu etwas Besonderem machen – jeder, wirklich JEDER von uns! Und es lohnt sich absolut, sich das mal zwischendurch so richtig bewusst zu machen!

Deswegen fordere ich Euch auf: setzt Euch hin und macht eine Liste – schreibt mindestens fünf Eigenschaften auf, die Ihr Euch selber zuschreiben könnt und die Ihr an Euch echt klasse findet! Ihr könnt es ganz für Euch alleine im stillen Kämmerlein hinter verschlossener Tür machen und das Geschriebene auch anschließend verbrennen: Hauptsache, Ihr habt es davor zugelassen und auch wirklich aufgeschrieben – das hat nämlich nochmal eine viel größere Wirkung!

Gerne – echt total gerne – dürft Ihr Euch aber damit auch ans Licht trauen und Eure Liste hier in den Kommentaren veröffentlichen. Ich bin ziemlich sicher, dass Euch das zusätzlich einen dicken Selbst-Liebe-Kick verpassen wird!

Und ich bin jetzt ganz mutig und presche damit voran… und glaubt mal nicht, dass mir das jetzt nicht schwer fällt und ich nicht ordentlich auf meinem Daumen rumgekaut habe, bis die Liste stand:

Ich bin der Meinung, dass…

… ich eine wirklich gute Freundin bin. Ich höre zu, bin immer für die Menschen da, die ich im Herzen trage und gebe für diese mein letztes Hemd.

… ich es schaffe, anderen Menschen gute Laune zu machen. Ich lache viel und gerne (besonders gerne über mich selbst), strahle meine Mitmenschen einfach an und es liegt mir viel daran, dass es meinem Gegenüber gut geht.

… ich mir eine große Portion Kindheit bewahrt habe. Das macht mich zu einer verspielten, begeisterungsfähigen und neugierigen Person – und das gefällt mir.

… ich es hinbekomme, meine Gedanken, Gefühle und mich selbst in meiner Sprache auszudrücken. Ich schreibe meine Texte direkt aus dem Herzen und sie spiegeln mich wieder.

… ich eine ziemlich ehrliche Haut bin. Davon mal abgesehen, dass man in meinem Gesicht sowieso lesen kann wie in einem Gefühlsroman, spreche ich auch deutlich aus, was ich empfinde und denke. Damit kann nicht jeder gut umgehen – ich empfinde es dennoch als gute Eigenschaft.

Heißa – war tatsächlich schwierig, das so zu tippen! Ich kann wirklich bestätigen, dass man ziemliche Skrupel hat, sich selber zu loben… ich bin sehr gespannt, wer sich noch auf dieses Experiment einlässt. Und denjenigen kann ich versprechen: das Herz hüpft anschließend ein bisschen leichter!

8 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ich schreibe es hier noch einmal:
    Eigenlob STIMMT!

    (bei unsere Erziehung wurde uns das leider falsch beigebracht)

  2. Ja, sicher sind wir zur Bescheidenheit erzogen worden. Aber es ist auch so furchtbar unüblich, andere zu loben, insbesondere am Arbeitsplatz. Meist heißt es: „Wenn keiner was sagt, ist alles in Ordnung.“. Wie blöd! Was könnte man seine Kollegen / MItarbeiter:innen stärken, würde man einfach mal loben! Das ist doch nicht so schwer. Und oft genug wissen die Menschen erst um so manche Stärke, wenn sie sie mal von außen gesagt bekommen.

    Meine eigenen Stärken: analytisches Denken, Zuverlässigkeit, Menschen so lassen können wie sie sind, Zugewandtheit, verbindend, sozial kompatibel. Huch, das sind ja schon sechs 😉

    • Weiter so, liebe Antje…!!!! Ich bin ganz sicher, dass Dir noch viel mehr großartige Eigenschaften zu Dir auffallen!!!!!

      Und Du hast Recht: andere zu loben, kann einem selber auch ganz viel geben!

  3. Welche Spuren verwischst du, wenn du leise Nettigkeiten über dich selbst in deine Gespräche flechtest? Fürchtest du vielleicht, dir selbst am Ende nicht gerecht zu werden?
    © Christa Schyboll (*1952), Autorin

    • Über diese klugen Sätze muss ich erst noch nachdenken, liebe Monika! Vielen Dank fürs Teilen – sowas mag ich ja total, wenn mich Worte zum grübeln anregen!

  4. © Christa Schyboll (*1952), Autorin – hat dieses Zitat/Aussage in Bezug auf Eigenlob getätigt/niedergeschrieben

    Doch ist es Eigenlob wenn wir unsere Stärken aufzeigen? Sehe ich persönlich nicht so 🙂

    Ich z.B. bin unter anderem ein Organisationstalent, das organisieren geht mir leicht von der Hand und habe hierfür schon viel Wertschätzung von meinem Chef und Kollegen*innen erhalten. So gibt es noch ein paar andere Stärken aber auch natürlich Schwächen von mir.
    Doch dazu kann ich stehen, denn es macht mich ja aus 🙂

    Letztens erst habe ich eine Schwarzwälder Kirschtorte gebacken, die ist mir sowas von gut gelungen und das Feedback bestätigte das. Ich habe mich sowas von darüber gefreut, dass ich stolz und dankbar war – das ich das Talent scheinbar von meiner Oma geerbt habe 😊 Mag man es jetzt Eigenlob nennen, wenn man sich über sein Talent freut?

    * ich kann gut zuhören, bin zuverlässig und loyal, lasse meine Freunde nicht im Stich, kann auf Menschen zu gehen, bin gerne für andere da wenn man mich braucht, sozial und immer ein Lächeln auf den Lippen, ach ja und ich kann nie lange sauer sein, schwupp die wupp ist es meist ganz schnell vergessen.

    • Find ich voll gut, liebe Heike – Du findest doch sehr tolle Punkte an Dir und kannst sie genau und klar benennen. Ich hoffe, es hat sich für Dich auch genauso gut angefühlt?!?

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