Falscher Familienplatz

Mein Bruder Johannes hat mir mit seinem Tod im Bauch unserer Mutter das Leben geschenkt (siehe Artikel von letztem Montag).

Trotz dieser ganz besonderen Bindung, die ich alleine wegen dieser Tatsache und natürlich wegen unserer nahen Verwandtschaft zu ihm habe, war Johannes ganz lange kein Teil meines Lebens. Meine Eltern hatten mir die unglaublich traurige Geschichte zwar erzählt – aber viele Jahre war es eben auch nur genau das: eine unglaublich traurige Geschichte, die vor mir geschehen ist. Dass sie mich viel mehr geprägt hat, als ich dachte, habe ich erst vor einiger Zeit erfahren.

Zu dem Zeitpunkt habe ich eine Frau konsultiert, die hauptsächlich mit dem Thema Energie und der Beziehungsebene arbeitet. Diese fragte mich nach den Mitgliedern meiner Familie – und fast nebenbei erwähnte ich eben meinen verstorbenen Bruder. Sofort wurde da nachgehakt und so habe ich die Umstände erzählt.

Durch weitere Fragen kam raus, dass ich bisher Johannes gar keinen Platz in der Familie gelassen hatte. Ich kannte die Geschichte, sie war offen und ehrlich kommuniziert worden – aber man hatte mich stets mit großen Gefühlen wie Trauer, Schmerz usw. dabei „verschont“. Das hatte zur Folge, dass ich immer gesagt habe, dass ich einen Bruder habe – dabei habe ich ja zwei. Und das hatte vor allem zur Folge, dass ich innerlich auf einem falschen Platz in der Familienreihenfolge stand…

Ich bin das dritte Kind meiner Eltern und stehe deshalb eben auch auf Platz 3 – dadurch dass ich Johannes kaum Raum gelassen hatte, hatte ich mich aber gedanklich auf den 2. Platz gestellt, der mir ja aber gar nicht zusteht.

Meine Energietherapeutin hat mir dann erklärt, dass man sich somit auch stets irgendwie falsch fühlt. Dass man spürt, dass etwas unmittelbar im eigenen Leben nicht stimmt – man kann es aber nicht greifen. Ich hatte damals ein absolutes „AHA“-Erlebnis. Mir wurde dadurch einiges klar und ich kann das Gefühl, welches am meisten dominiert hat, ganz klar als totale Erleichterung benennen: ich konnte richtig spüren, wie ich einen Schritt in der Familie gemacht (oder in meinem Fall war es wohl eher ein Hüpfer!) habe – einen Schritt zur Seite, um Platz zu machen – für meinen Bruder Johannes…

Wie ich ihn dann mehr und mehr in mein Leben geholt habe, davon erzähle ich Euch beim nächsten Mal.

14 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Uta,

    mit welcher Klarheit du hier schreibst, zeigt mir, wie sehr du immer mehr bei dir ankommst. Das freut mich total für dich, denn so kannst du immer intensiver, bewusster deinen Weg gehen.
    Danke für‘s Teilhaben lassen.
    Ich wünsche dir einen wunderbaren Neuen Tag.
    Ganz lieben Gruß,
    Margarete

    • Was für ein schöner Kommentar – vielen Dank, liebe Margarete!!!! Und es stimmt: ich denke, Du hast tatsächlich Recht! Ich kann immer mehr bei mir sein – und das ist ganz großartig, denn es war und bleibt ein „harter Kampf“… 🙂
      Es grüßt Dich ganz lieb die Uta

  2. Liebe Uta, während Du erzählst, kommt mir ein Bild in den Sinn….. es kommt mir vor, als hättest Du an Eurem Familienbett ein Licht angeknipst. Und jetzt siehst Du, wer wirklich um Dich herum liegt und Dir unter Eurer großen Decke Wärme gibt. Es muss überraschend schön sein, zu realisieren, dass gleich zwei große Brüder neben Dir liegen und dass von einem der beiden mehr und mehr der dunkle Schatten abfällt.

  3. Liebe Uta,
    Danke für deinen heutigen Blogeintrag 😊.
    Du bist ja genauso unterwegs wie ich, suchst auch Antworten für alles was sich zwischen Himmel und Erde ereignet. 😘 Darum ist das auch kein Zufall, dass du diesen Blog schreibst und viele damit ansprichst, mich eingeschlossen. Danke dafür 😘. Ich freue mich auf weitere Themen über Seelenthemen.
    Ich drücke dich ganz lieb
    liebe Grüße Dagmar

    • Ja, ich bin da absolut eine Suchende – wenn mir auch bewusst ist, dass ich im jetzigen Zustand (also als Erdenhüpferin) bestimmt nur einen Bruchteil Antworten bekommen werde… aber man kann ja mal damit anfangen, sich selber lernen zu verstehen… 🙂

  4. Liebe Uta,
    Auch ich möchte mich bei Dir für diesen Blogeintrag bedanken und mehr und mehr kann ich mir erklären, warum mich Dein Blog so begeistert.
    Es ist nicht immer leicht diese Themen öffentlich zu machen und wenn es um Energiearbeit geht, wird Mensch häufig belächelt.Es ist schön,dass das hier so anders wahrgenommen wird.

    • Liebe Anna, wie schön, dass Du Dich hier so wohlfühlst und Dich meine Geschichten berühren. Und Du hast recht: dieser Blog lebt vor allem von den Menschen, die hier lesen und schreiben – oder auch nur eines von beidem machen.
      Ganz liebe Grüße

  5. Ihr Lieben,
    wenn in der „Familienordnung“ immer und immer wieder Veränderungen vorgenommen werden, kann dies ungeheuer anstrengend sein.
    Durch den Tod meiner älteren Geschwister ist bei uns schon oft etwas ins Wanken gekommen.
    Ich bin die „Vierte“ von fünf. War lange Zeit das Nesthäkchen und bin nie aufgestiegen zu was anderem, auch als mein jüngerer Bruder geboren wurde, wo ich 10 Jahre war.

    Als meine älteste Schwester starb war ich 37 und sie 45, unser „Oberhaupt“ der Leitwolf war tot. Wir alle mussten uns erst wieder finden.
    Mein älterer Bruder, der im März mit nur 58 Jahren leider auch verstorben ist, war immer der „Vermittler“. Liebevoll und sanft, aber doch auch stark und eindrucksvoll.

    Wir drei suchen noch nach unseren „neuen“ Plätzen, weil es nie mehr sein wird wie es war.
    Es ist nicht ohne, meine zweitälteste Schwester war und ist immer eher der Querulant und das Mimöschen, mein jüngster Bruder jemand der sein Leben ständig neu sortieren muss und seinen Platz (obwohl er mittlerweile 42 Jahre ist) irgendwie immer noch nicht gefunden hat.

    Ich selbst bin ein relativ ruhiger, besonnener Mensch. War immer die mit den weitesten Armen und „kommt zu mir, all ihr Sorgenkinder“, allerdings haben die wenigstens mich dann mal angehört.
    Ich bin jetzt im „Alter“ 😊 egoistischer geworden, habe Freunde sondiert und umgebe mich mehr mit Menschen die mir wirklich gut tun.

    Ich für meinen Teil fühle mich immer noch wie das Nesthäkchen und fühle mich auf diesem Posten auch ganz wohl.

    Liebste Grüße und einen wundervollen Tag

    Bärbel

    • Liebe Bärbel,
      ja, da hat der Tod bei Euch einiges „durcheinander gewirbelt“. Und wie Du schon schriebst: nun muss man seinen Platz erst wieder finden. Wobei ich ja denke, dass man seinen angedachten und angeborenen Platz immer behält – dass es sich dann eben anders anfühlt, das ist das Problem. Aber es ist eben so wie bei mir: dadurch, dass mein Bruder gestorben ist, bin ich „falsch“ auf den 2. Platz gerückt. Auch Ihr solltet dort bleiben, wo Ihr immer ward – die Lücken bleiben leider, aber können durch Eure Liebe und Verbundenheit zumindest zum Teil gefüllt werden.

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