Der schwerste Job

Die Ereignisse von letzter Woche auf Juist liegen noch als schwarzer Schatten über unserem Himmel – und mein Kopf wälzt eine große Anzahl von Gedanken nach rechts, wieder nach links, lässt sie nach oben schweben und wieder auf den Boden der Tatsachen krachen.

Vieles kreist dabei um mich als Mutter – um meine Aufgaben, um mein Vermögen/mein Unvermögen, um meine Glaubenssätze, um meine Erfahrungen, meine Wünsche, meine Enttäuschungen und meine Vorstellungen. Ich bin zumindest schon soweit gekommen, dass ich sagen kann: Mama sein… das ist der schwerste Job der Welt. (Da ich nur für mich als Frau sprechen kann, halte ich mich im Folgenden nur an diesen Umstand – das Gleiche gilt ganz bestimmt auch für die männliche Variante von Eltern)

Diese Erkenntnis, dass man seine Kinder nicht vor allem Übel, vor allen Gefahren und all den bösen Beeinflussungen schützen kann, liegt zur Zeit ganz schwer auf mir.

Ich habe mal diesen Satz gelesen, der mich schon als junge Frau, die noch lange nicht an eigene Kinder gedacht hatte, nachhaltig beeindruckt hat:

Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen:

Mir persönlich fällt das Zweite deutlich schwerer – besonders in unserer Situation.

Das Wissen, dass ich meine Kinder nur bedingt vor den dunklen Seiten des Lebens bewahren kann – und mit dieser Ohnmacht umzugehen, ist das Schwerste, was ich jemals vor mir gesehen habe.

Ich habe auch mal gelesen – und ich meine, dieser Satz würde von Nietzsche stammen (bin ich mir aber nicht mehr so sicher): „Es braucht ein jeder eine Therapie, der einmal eine Mutter gehabt hat.“

Das klingt im Prinzip schon echt hart – und so super wort-wörtlich muss man es vielleicht auch nicht nehmen. Aber im Grunde genommen trifft es schon auch zu. Denn wir alle machen als Eltern Fehler – das lässt sich gar nicht vermeiden. Und ein für uns unbedeutsames Wort, eine Minute zu wenig Aufmerksamkeit, ein falsch verstandener Satz kann in der Kinderseele so viel auslösen. Ich kenne das aus eigener Erfahrung – ein kleiner Satz meiner Mutter, den sie ganz anders gemeint hat, als er bei mir damals ankam, hat mich jahrzehntelang verfolgt und ich musste ganz schön daran „rum arbeiten“.

Auch als Mama oder Papa bist Du eben nur ein Mensch – mit sämtlichen Fehlern, Schwächen und schlechten Tagen, die alle Anderen auch haben und haben dürfen. Sich diese Nicht-Perfektion, diese Unvollkommenheit als wichtigste Bezugsperson seiner Kinder zu verzeihen und den Zorn von ihnen deswegen auch mal auszuhalten, ist eben alles andere als leicht. Es ist auf der anderen Seite aber eben auch sehr wichtig!

Und dazu gehört nun mal auch, dass man den Nachwuchs nicht in Watte packen oder in den Tresor schließen kann – dass man seinen Kindern eben auch Flügel schenkt, mit denen sie fliegen = hüpfen können.

Mehr zu diesem Thema im nächsten Artikel meines Blogs. 

 

32 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Du sprichst mir aus der Seele. Ich verstehe so gut was du meinst.
    Ich wünsche Dir gaaaaaanz viel Kraft weiterhin 🙂

  2. Uta,ich glaube diese Gedanken haben wir Mütter alle.
    Und ja,der Prozess loslassen/Flügel geben ist echt „schwierig“.
    Deine beiden werden dich immer lieben,egal ob du mal einen Fehler machst…
    Was hat mal eine Kinderpsychologin zu mir gesagt?
    Wir machen alle Fehler und das ist auch gut so,keiner ist Perfekt .
    Ich denke das auch unsere Kinder negative Dinge des Lebens erfahren müssen um als Erwachsener Mensch in unserer Gesellschaft klar zu kommen.
    Hört sich jetzt gerade ein bißchen seltsam an,aber ich hoffe du verstehst was ich damit sagen möchte.
    Wie ich ja gestern schon schrieb,Hauptsache DU bist für die beiden da.
    Dann wird das schon.
    Aus mir ist ja auch was geworden,obwohl ich Scheidungskind bin,meine Mom Fehler gemacht hat und ich auch sonst schon genug negative Erfahrungen gemacht habe.
    Ich drück dich nochmal und bitte,kümmern dich auch um dich selbst.

  3. Wir sind nur Menschen bzw. Mütter; keine Maschinen die auf jede Situation programmierbar sind! Fehler machen wir und oft wird uns hinterher erst bewusst ; dass wir einen Fehler begangen haben!
    Das aller wichtigste ist ; dass unsere Kinder merken wie sehr wir sie lieben! Und ich glaube Uta das wissen dein Kids !

    • Liebe Andrea,
      nein, natürlich sind wir keine Maschinen – und sicherlich ist es völlig normal, dass wir eben auch Fehler machen. Was ich allerdings dabei so schwierig find, ist, dass so mancher Fehler bei den eigenen Kindern dauerhaft bleibt und Kreise ziehen kann. Und die größte Ohnmacht ist für mich, dass ich meine Kinder nicht vor den großen Enttäuschungen des Lebens bewahren kann – weil ich eben weiß, wie übel einem das manchmal mitspielt.

  4. Das mit den Flügeln ist so schwer – meine sind 25 und 22 und ich will sie immer noch einfach beschützen. Leider wird das dann auch manchmal als Kontrolle und eben einfach zuviel des Guten wahr genommen. Doch sie wissen halt auch immer, wo ihre Basis (Wurzel) ist und oft ist man einfach der rettende Anker! Das ist gut so. Doch diese Gratwanderung ist immer da.
    Wichtig ist auch eine Bezugsperson für Dich selbst, um Deinen Müll mal abladen zu können und die einen ehrlichen objektiven Blick hat. Liebe Grüße aus dem schönen Kreta

    • Liebe Christina,
      ja, diese Gratwanderung ist sehr schwer, genau!
      Die Bezugsperson habe ich – zum Glück! Das hilft mir gerade – und im Alltag – sehr!
      Dir noch eine wunderbare Kreta-Zeit

  5. Liebe Uta,
    das hast Du mal wieder sehr treffend ausgedrückt.
    Dabei fällt mir ein, dass meine (inzwischen erwachsene) Tochter mit mir viel nachsichtiger ist als ich es mit meiner Mutter war 😉
    Ich wünsche Dir, dass Du gut für Dich sorgst und dann wird das auch Deinen Kindern zugute kommen.
    Liebe Grüße
    Inge W.

  6. Liebe Uta, wie ich gerade sehe, gibt es neben Gaby Kowertz und mir offensichtlich noch eine weitere „Gabi“ in der Community, denn der obige Kommentar (von 15:09h) stammt nicht von mir.
    Ja, es stimmt schon: weil wir unsere Töchter sehr lieben, wollten wir ihnen sämtliche negativen Erfahrungen (im Bezug auf Dritte, aber auch im Hinblick auf ihr eigenes Handeln) ersparen. Da sind wir als Mama und Papa wohl beide zu sehr durch unsere eigenen übermäßig besorgten Eltern geprägt worden. Es hat lange gedauert und wir mussten schon sehr kritisch mit uns selbst umgehen, um unsere „gut gemeinten“ und beschützenden Verhaltensweisen größtenteils abzulegen, damit unseren Töchtern Flügel wachsen konnten. Sie hatten es sogar selbst gefordert mit den Worten: „Mensch, nun lasst uns doch mal unsere Fehler selber machen!!!!“ Das war deutlich, hat uns aber endlich „auf die Sprünge“ geholfen. Wir hatten sie vor lauter Fürsorge und Liebe in ihrer freien, eigenständigen Entwicklung (zu der nun einmal auch schlimme Erfahrungen gehören) gebremst.

  7. Mir fällt da gerade noch etwas ein, liebe Uta. Du schreibst, dass es Dir nicht leicht fällt, sich die Nicht-Perfektion als wichtigste Bezugsperson Deiner Kinder zu verzeihen. Muss man sich das denn wirklich verzeihen? Nobody is perfect !! Deine Kids spüren und wissen ganz bestimmt, dass Du für sie nur Gutes erreichen willst. Sie wissen, dass Du für sie immer da sein willst, ganz besonders in schwierigen Situationen. Sie haben aber in ihren jungen Jahren bestimmt auch schon festgestellt, dass wohl jeder (auch sie selbst) nicht frei von Fehlern ist und dass es uns allen unmöglich ist, fehlerlos zu sein.
    Ich habe bisher noch nicht verstanden, was Du mit „Zorn aushalten“ in diesem Zusammenhang meinst. LG!

    • Liebe Gabi,
      ja, ich glaube, es ist wichtig, sich seine eigenen Fehler zu verzeihen – und das Unvermögen, in so mancher Situation vielleicht falsch entschieden oder sein Kind unbewusst verletzt zu haben. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, da irgendwann mit Gnade und Verständnis für einen als Mama ran zu gehen.
      Mit „Zorn aushalten“ ist gemeint, dass irgendwann jedes Kind an den Punkt kommt, wo es Bilanz für seine Erziehung zieht. Wo es die Methoden, die immer wieder kehrenden Sätze der Eltern und die Angebote der Gefühle einer harten Prüfung unterzieht – und wo zwangsläufig auch etwas Ungutes bei rum kommen muss. Weil man als Mutter eben nicht perfekt ist. Dieser Prozess ist total wichtig und gehört zum erwachsen werden und sich im positiven von den Eltern lösen untrennbar dazu. Aber als Mutter muss man spätestens in diesem Augenblick eben auch lernen, den Zorn auszuhalten.

  8. Liebe Uta, fühl Dich gedrückt und sei gewiss, dass Du mt diesen Gefühlen nicht alleine bist.
    Wie hier schon mehrfach geschrieben: Wir sind Menschen und das beeinhaltet eben auch, dass wir sogenannte Fehler machen.
    Und genauso können wir Erfahrungen nicht vererben, sondern die Kinder müssen sie selbst machen = erfahren. 😊 Ohja, ich weiß……manchmal möchten wir sie einlullen und vor „allem Bösen“ schützen. (Das kann mir auch noch jetzt passieren, wo meine „Kleinen“ schon erwachsen sind 😍🤗).
    Wenn ich zurückblicke, finde ich einiges an: “ ach du meine Güte, warum habe ich das damals gesagt, gemacht, nicht getan, nicht gesagt…. warum wieso und herrje“ ! 😲
    Früher bin ich arg hart mit mir deswegen ins Gericht gegangen. Heute bin ich milder mit mir, lasse meinen heutigen „Schmerz“ (bezüglich meiner früheren „Fehler“) zu und weiß: damals konnte ich nicht anders. Ich hab das Beste getan, was ich tun konnte. Hätte ich es in den jeweiligen Situationen besser gekonnt- nun, ich hätte es getan.
    Was mir geholfen hat und auch immer wieder hilft, ist, dass ich mit meinen Kindern darüber spreche. Erinnern sie sich noch? Wenn ja- wie war es für sie? Oft bin ich erstaunt, wie anders ihre Wahrnehmung war. 😊
    Und eins, liebe Uta, ist mir immer sehr wichtig und absolut hilfreich: Ehrlich und authentisch sein, mich mit meinen Macken zeigen, meine Schwächen und mein „Fehlverhalen“ zugeben und mich auch entschuldigen können.
    Das wissen meine Kinder sehr zu schätzen, das spüre ich immer wieder – auch an unserer Nähe.
    Ich wünsche Dir viel Kraft und eine gute Erdung, sowie die Gewissheit, dass Deine Kinder wunderbar sind, mit allem drum und dran. Denn sie haben eine wunderbare Mama.
    Ganz liebe Grüße, Andrea 🌻

    • Ach, liebe Andrea… beim letzten Deiner vielen tollen Sätze musste ich den dicken Kloß in meinem Hals erstmal runterbringen… vielen Dank!!!! Auch für den Blick in Deine Mama-Seele! Ich finde es immer wieder so berührend und bewundernswert, wie ehrlich und authentisch hier alle sind, sich zeigen und die Anderen tragen! Großartig…!!!

      Was Du da so schön beschreibst, ist das, was ich mit dem verzeihen sich selber gegenüber als Mutter gemeint habe. Die eigenen Fehler erkennen, aufzeigen und nachspüren – aber sich dann auch bewusst machen, dass man das Beste gewollt hat und Fehler eben immer passieren. Ich finde es super, dass Du mit Deinen Kindern darüber sprichst – eine bessere Basis für Euch und für sie als jetzt Erwachsene kann es doch gar nicht geben!

      • Liebe Uta 👭😊 sehr, sehr gerne und absolut ehrlich 💜
        Weißt Du, es ist ja so, dass DU uns hier eine ehrliche, offene und wertschätzende Basis bereitest- da fällt es mir ganz leicht, es Dir gleich zu tun. Außerdem finde ich und spüre ich immer mehr, dass uns Offenheit und Authentizität gut tut und uns zueinander bringt.

        Ja genau – sich zeigen, wie man ist mit allem was dazu gehört. Die Kinder, egal in welchem Alter, spüren unsere Ehrlichkeit. (Oder die Show).
        Außerdem lernen Kinder vom Nachahmen – wie geht Mama damit um, wie zeigt sie sich mir…..

        Deine Kinder spüren (u.a.) Deine Liebe und Deine Verlässlichkeit – das schafft Vertrauen und eine gute Basis. 💜

        • Freut mich total, dass Du das so siehst, liebe Andrea! Ich bin wirklich super stolz auf diesen Blog und wie sich das so wunderbar entwickelt… in dieser oft kalten, anstrengenden Welt ist es eben so, dass es auch ganz viele achtsame, tolle und liebevolle Menschen gibt! Und hier tummeln sich so viele davon – großes Gefühl, ihnen eine Plattform zu bieten!

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