Themenwoche Wut – meine Methoden

Wut ist ein ziemlich starkes, großes und lautes Gefühl – wenn man ihr eine Farbe geben würde, dann wäre sie wohl ein flammendes Rot. Und wenn sie in einem hochsteigt – oder meist sogar hochschießt – dann wird man ganz von ihr erfüllt. Sie ist kein bescheidenes, zurückhaltendes Gefühlchen, dass sich vorsichtig in die Seele schleicht und sich höflich in die Ecke setzt.

Meine Wut knallt die Seelentür, stampft in mir wie ein tollwütiger Derwisch, schmeißt mit Argumenten-Porzellan gegen sämtliche Wände und bedient sich einer Sprache, bei der ich meinen Kindern aber sowas von dolle die Ohren zuhalten würde…

Es ist ein gewaltiger und gewalttätiger Kerl, meine Wut – und es ist kein Wunder, dass dieser einen von innen kaputt macht, wenn man ihn in sich drin lässt. Ich spüre es nun ganz deutlich, dass er es sich immer noch in meiner Seele gemütlich gemacht hat, vor sich hin grunzt und knurrt, dass ich es schließlich selber schuld sei. Stimmt ja auch: dadurch, dass ich ihm jahrelang nicht gezeigt habe, wo der Ausgang ist, hängt der Kerl in mir rum – hat zwar von seiner aufbrausenden Art eingebüßt, aber diese vertrocknete Wut wieder loszuwerden: das dauert jetzt viel länger.

Ich denke, Wut ist ein sehr körperliches Gefühl: man spürt sie einfach überall, sie lässt das Herz rasen, den Atem ebenfalls und meistens weiß man gar nicht, wie man sich lassen soll. Es ist ein Gefühl, als würde man innerlich platzen – der Druck ist innerlich so groß, dass man verzweifelt ein Ventil sucht.

Und da sollte man auch ansetzen: bevor einem die rausschießende Wut um die Ohren fliegt und man etwas unüberlegtes tut, sollte man das Ventil ganz gezielt und bewusst öffnen:

Und das geht eben am besten, wenn man den (am besten ganzen) Körper einsetzt: es gibt auf jeden Fall sehr gute Sportarten, die ein Kanal sein können: Kickboxen usw. klar – aber man kann sich die Wut auch einfach raus-laufen oder tanzen!

Dennoch ist diese Handlung des Schlagens mit aller Kraft bestimmt eine effektive Methode: mit dem Teppichklopfer die Matratze „verhauen“ zum Beispiel und sich dabei die „Quelle“ der Wut vorstellen. Es klingt brutal – und ich habe jetzt auch kurz überlegt, ob ich das überhaupt schreiben kann. Aber ist es so nicht wesentlich besser, als die Wut ansonsten vielleicht tatsächlich gegen einen wirklichen Menschen zu richten?

Meine beliebteste Methode ist allerdings: Schreien… und zwar nicht andere Personen anbrüllen, sondern ganz für mich alleine. Das müsst Ihr mal ausprobieren.

Auf Juist habe ich das am Strand gemacht – in den Wind und gegen die Wellen, wenn ich alleine am Nordseesaum stand – heute mache ich es im Auto auf einsamen Landstraßen. Und habe dann manchmal Angst, dass mir die Windschutzscheibe bricht. Es ist unfassbar, was für Töne und was für eine Lautstärke aus einem heraus kommen kann.

Hinterher ist man total kaputt – das ist sau anstrengend und man ist total verheult, denn die Tränen kommen dabei automatisch – man sollte so was also vielleicht nicht gerade auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch oder so erledigen.

Aber probiert das mal aus – und schreibt mir, wie es Euch damit ergangen ist. Morgen erzähle ich Euch die Geschichte, wie ich das zum ersten Mal ausprobiert habe: die ist eher ziemlich lustig und ich könnte mich heute noch über mich selber kaputt lachen…

18 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Uta,
    du hast ja so recht. In mir steigt gerade ein Bild von einem Schnellkochtopf auf. Wenn der keinen Dampf ablassen würde/ könnte dann sähen viele Küchen aus wie ein Saustall 😀.
    Ich kenn das nur zu gut, die Wut runterzuschlucken nicht “aufzumucken“ und dadurch ist wohl in mir eine auch nicht so nette Verhaltensweise entstanden, mucksch zu sein – eingeschnappt. Wo sollte ich mit meiner Wut hin??? Heute gibt es Hilfsmittel wie schreien, sporten, essen – wobei das ja runterschlucken bedeutet. Aber du hast recht, Wut gehört genauso zu unserem Leben wie Freude, Lust, Leben, Liebe und Lachen – also raus mit der Wut.
    Liebe Grüße Dagmar

    • Ist bestimmt auch wieder so ein Erziehungsding: man hat uns eher beigebracht, bescheiden, „artig“, leise und demütig zu sein: rumbrüllen, aufmucken oder eben Wut zu zeigen, in all seiner Raserei: das muss unserer Generation wohl auch erst lernen

      • Liebe Uta,
        bei Deiner Beschreibung, wir sollten „artig sein“, fällt mir grade folgendes ein:
        meine Tochter hatte als Grundschülerin eines dieser Freundschaftsbücher. Da hat ihr ein Schulfreund (sicher auf Anraten seiner Mutter!) den Satz reingeschrieben:
        „Ich schreib Dir in dieses Büchlein rein: Du sollst immer ein artiges Mädchen sein“. Da war ich total wütend auf diese seltsame Mutter!!! Ich sagte damals zu meiner Tochter, dass sie „NIEMALS ein artiges Mädchen sein muss!“ – und sie hat sich daran gehalten 🙂

        • 😀 Sehr gut…. wer bitte möchte auch schon „artige Mädchen“???? Naja, die Generation vor uns sah das noch als Tugend an… ich denke, dass Mädchen, die Selbstbewusstsein, Spaß am Leben und auch ein wenig Starrsinn ihr eigen nennen können, wesentlich weiter kommen und einfach VIEL besser dran sind

  2. Ich hatte bei Deiner Beschreibung, Uta, sofort diese legendäre Filmszene in CABARET vor meinem geistigen Auge, als sich Liza Minelli in irgendeiner U-Bahn in einem Brückenschacht so herrlich die Seele aus dem Leib schreit…. Hab‘ das dann auch mal ausprobiert, aber es fühlte sich für mich irgendwie komisch und falsch an. Wir sind ja leider so verklemmt und trauen uns kaum irgendwelche „ungeordneten Laute“ von uns zu geben. Außerdem habe ich selbst Probleme mit der Vorstellung, meine gesamte Wutenergie irgendwo in den Raum zu brüllen, wenn ich sie doch eigentlich lieber an den Mann/Frau bringen wollte…..Ich würde am allerliebsten meinen Ärger immer ganz direkt rauslassen, damit sich nichts in mir ansammelt. Die große Kunst ist nur, es so zu konstruktiv zu tun, dass das Gegenüber damit etwas anfangen kann und nicht sofort plattgewalzt ist oder selbst in in die Abwehrhaltung geht – und gleichzeitig aber auch so authentisch zu sein, dass sich die ganze eigene Wut vor lauter Strategie und „Verintellektualisierung“ überhaupt für einen selbst noch als Befreiung anfühlt…….

    • Ja, liebe Lydia – und diese Kunst beherrsche ich zum Beispiel nicht: bevor ich da zum kleinen Mörderhenker werde, schlucke ich meine Wut lieber runter… und schreie sie mir dann später aus dem Leib.
      Du hast Recht: es fühlt sich ganz fremd und eigenartig an, wenn man es anfangs praktiziert – dazu schreibe ich ja noch meine Geschichte… aber man ist echt erstaunt, was dann aus einem rauskommt: unglaublich…

  3. ….. gerade fällt mir ein, dass ich 2 mal in meinem Leben in wirklich krassen Situationen Geschirr und eine Glastür zerschmettert habe. Das war WUNDERBAR und hatte eine sehr reinigende Wirkung für mich und die Gesamtsituation! Spricht also doch alles für die Anschaffung von Glastischen 🙂

    • 🙂 Ist ne Überlegung wert… aber ich Paddel würde mir dabei wahrscheinlich dermaßen die Hand zerschneiden oder brechen – ich denke, ich verzichte besser weiterhin auf Glasdinge in meiner Nähe, wenn ich wüte…

      • Jetzt mußte ich aber herzhaft lachen.
        Bei mir war es ein Kiefernholztisch und ich hab mir dermaßen die rechte Hand geprellt,das ich meine Ausbildung beenden mußte…

        • Siehste…. 😀 Bisher hatte ich Glück und habe mir noch keine ernsthaften Schäden zugefügt… dafür ist die meiste Wut noch in mir: auch nicht gut…

          • Nee,raus damit!
            Bei der nächsten Gelegenheit.
            Kleiner Tipp,mach einen Hefeteig.
            Den kannst du so richtig vermöbeln.
            Tut keinem Weh,macht nichts kaputt und schmeckt danach auch noch gut 😀

  4. ….aber manchmal ist es vielleicht auch ganz wichtig und heilsam, wenn der andere, der solche gigantischen Gefühle in einem ausgelöst hat, auch mit eigenen Ohren hört und mit eigenen Augen sieht, was er mit seinem Tun ausgelöst hat. Danach gibt es dann keine weichgespülten Windungen und Drehungen mehr. Der Brüller hängt noch lange in der Luft und die Scherben auf dem Boden sind ein deutlich sichtbares Zeichen für etwas, das sich nicht mehr so locker mit geschicktem Selbstbetrug weglügen lässt.

    • Ist sicherlich situations-abhängig… grundsätzlich gebe ich Dir Recht: der Gegenüber sollte schon wissen, was er in einem auslöst und man sollte ehrlich/authentisch sein.
      Es gibt aber bestimmt auch Momente oder Abschnitte im Leben, die so verfahren und schwierig sind, dass jede Eskalation weites gehend vermieden werden sollte…

  5. Liebe Uta,
    ich musste gerade wirklich schmunzeln. Zu meinen beliebtesten Methoden gehört definitiv auch das Schreien. Ich weiß leider nicht mehr, wann ich es zum ersten Mal ausprobiert habe, aber es hilft einfach. Neulich habe ich es tatsächlich auch im Auto gemacht, auf einer relativ einsamen Straße, zumindest dachte ich, dass sie einsam sei. Ich legte los und es war wirklich laut und dann kamen mir plötzlich Leute entgegen…:D Zu Hause mache ich es auch, meine Nachbarn haben es zum Glück noch nicht mitbekommen oder sie haben einfach nichts gesagt 😀 …aber ich glaube, am besten finde ich es immer noch draußen, wenn um mich herum nur Wald und Felder sind.

    • Liebe Sarah, Du hast ja vielleicht meine erste Schrei-Geschichte vom heutigen Blog-Artikel gelesen… 🙂
      Es ist schon echt blöd – für alle Beteiligten – wenn man beim Schreien eben doch nicht alleine ist…
      Ich wünsche Dir gute Stellen und dann brüll für Dein Leben!!!! 🙂

  6. So einen nicht runtergeschluckten Wutanfall hatte ich auch EINMAL. Das übliche Hausfrau/Mama Thema, keiner räumt was weg, alles bleibt an mir hängen und keinen interessiert’s…Ein nicht weggeräumter Teller brachte das Fass zum überlaufen, den ich dann mit Tränen in den Augen und sehr, sehr wütend durch die Küche geschleudert hab. Danach musste ich die Scherben wegräumen (wegen der Haustiere), die Küche putzen und einen neuen Mülleimer kaufen, denn den hatte ich mangels Treffsicherheit gleich mit zerdeppert. Schön blöd. Und von meinem Wutausbruch hat keiner was mitbekommen!!! Alles umsonst, aber ich arbeite weiter an dem Thema…

    • Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Wutanfall völlig umsonst war, liebe Gerda! Hat er Dir doch vor Augen geführt, wie sehr Du Dich immer wieder ärgerst – und wie sehr Du das immer runterschluckst. Es kann Dir auch jetzt noch so vieles sagen – und Du hast JEDEN TAG die Möglichkeit, Entscheidungen Für DICH zu treffen und Dinge zu ändern, die Dir nicht gut tun.
      Alles Liebe

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