Laufen lassen

Schon grundsätzlich bin ich ja ein sehr emotionaler Mensch – ich empfinde gefühlt mindestens doppelt, es brodelt ständig in meinem Herzen, ich kann furchtbar wütend werden, lache sehr viel und meine Tränendrüsen können sich über mangelnde Arbeit auch nicht gerade beschweren.

Gerade letzteres kommt in der letzten Zeit verstärkt zum tragen – mir laufen oft die Tränen, weil ich derzeit anscheinend noch dünnhäutiger bin als sonst schon. Manchmal ist es nur ein kurzer Moment – oder ich lasse es zu und der Augenblick wird größer, dehnt sich in meiner Seele aus und öffnet alle Türe und Tore.

Passend dazu habe ich eben einen Spruch gelesen, den ich mal wieder so abnicken konnte und gerne mit Euch teilen mag:

Jede Träne, die nicht vergossen wird, stellt sich hinten wieder an.

Ich denke, da ist was Wahres dran: es passiert schon oft, dass sich Traurigkeit in einem hochschleicht, dass die Gefühle stärker sind als man selbst, dass die Ereignisse um einen herum einen weinen lassen möchten – ich erlebe solche Momente des Öfteren auf meiner Arbeit auf der Familientherapiestation, wenn ich Nachrichten gucke oder über persönliche Verluste nachdenke. Man kann den Tränen da nicht jedes Mal die Tür öffnen – oft genug braucht es da einen „inneren Türsteher“ – aber um im Bild des Spruchs zu bleiben: die abgewiesene Träne stellt sich einfach wieder ans Ende der Schlange und versucht es später noch einmal.

Irgendwann müssen die Gefühle eben raus – und dann darf man sie auch gehen lassen.

6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Uta, alles hat und braucht seine Zeit, genau so ist es gut. Ich finde es so wichtig, seine Emotionen zuzulassen und bewusst zu (er)leben. Du lachst und weinst, das macht uns menschlich. LET IT BE !! Ich schick‘ Dir liebe Grüße in den Norden. :-))

    • Na klar, liebe Gabi – das mache ich ja auch! Aber manchmal geht es auch einfach nicht so… und dann wird doch mal eine Träne weggedrückt – ich weiß ja: sie ist nicht weg, sie hat sich nur hinten angestellt! 🙂

  2. Stimmt, oft kann man sich nicht unmittelbar auf eine emotionale Situation einlassen und kann diese erst viel später auf sich wirken lassen. Dafür aber vielleicht noch bewusster und intensiver.
    Uta, ich kann nur bestätigen, dass ich das sehr gut nachempfinden kann, denn auch meine „Haut“ ist nicht besonders dicke! :-))))

    • Ich denke, das Wichtigste ist eben, dass man seine Gefühle nicht komplett wegdrückt oder verleugnet – damit wird man ihnen nicht gerecht. Und dann kann man ihnen auch später den nötigen Raum geben.
      Und genau wie Du schreibst – dadurch werden sie oft viel bewusster von uns gesehen.

  3. …..ich kenne Leute, welche im Beruf oft sehr freundlich distanziert bis kühl sind. Eine von denen bricht aber sehr regelmäßig in Tränen aus, wenn eine andere bei einer Teamsitzung weinen muss. Da meinte eine Kollegin mit Wurzeln in Afghanistan, sie sucht sich aus, wann sie die Tränen rauslässt. Hmh, 🤔diesen Ansatz kannte ich gar nicht! Ist aber was Wahres dran, finde ich….

    • Ja, ich denke auch – da ist etwas Wahres dran: zu einem gewissen Teil können wir unsere Gefühle eben kontrollieren. Ich finde es aber fast beruhigend, dass die meinigen dann letztendlich doch fast immer stärker sind als mein Willen.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.