Ein Pott Kaffee

In diesem Jahr hat meine Seele ja einiges zu leisten und zu verarbeiten, neben der Trauer um meine Eltern, der großen Freude/Vorfreude auf unsere Hochzeit und der Eingewöhnungszeit auf meiner neuen Arbeit, die ja eben auch wirklich psychisch oft anstrengend ist, muss sie eben auch mit den sich stark veränderten Umständen weltweit klarkommen. Da ich Stimmungen, Gefühle und Strömungen ja immer sehr intensiv wahrnehme, kommt da seit langer Zeit jeden Tag ne geballte Ladung, die auf meine Seelenwelt drückt.

Irgendwie scheint es die Welt, die wir kannten, derzeit ja nicht mehr zu geben. Und auch, wenn wir ganz viel davon im Vorfeld gewusst und gesagt bekommen haben (Klimawandel und dessen Auswirkungen, Corona-Epidemie und deren Dauer, Krieg in der Ukraine und die Folgen für die ganze Erde) – es geht gerade in so einem rasanten Tempo, dass man sich damit (noch) nicht so richtig arrangieren kann – und in den meisten Punkten ja auch überhaupt nicht möchte, weil das einer Resignation gleichkommen würde.

Umso mehr brauche ich in diesem Sturm meine kleinen Ankerpausen – das tanzende Boot einmal festmachen, Ruhe einkehren lassen, die Balance wiederfinden, den Horizont und damit das Ziel anpeilen. Und wenn das nur ein paar Minuten am Tag sind – die sollten wir ganz bewusst leben und die sich einstellende Stille genießen.

Mir hilft da immer der dicke Pott Kaffee, den ich jeden Morgen trinke – er ist fast so groß, dass ich einen Flachköpper reinmachen könnte… 🙂

Dieser Augenblick gehört nur mir und dem warmen Dampf, der aus der Tasse aufsteigt, dem wunderbaren Duft des frisch gebrühten Getränks, dem wohligen Seufzer nach dem ersten Schluck und dem guten Gefühl, das dann durch meine Adern zu fließen beginnt.

Welche Anker platziert Ihr im Moment für Euer Seelenboot?

10 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ach Uta, irgendwie empfinde ich Dich gerade wieder als Seelenverwandte ( auch wenn uns vermutlich 20 Jahre trennen, die ich älter bin – ein Grund, warum wir uns im Haus Renate nicht dauernd über den Weg gelaufen sind ) ! Ich könnte so ziemlich jeden Satz von Dir unterschreiben … !
    Und diese kleinen „Seelenanker“ platziere ich gerne seit Jahren :
    .) der morgendliche Blick auf die Webcam vom Juister Hof
    .) der Blick in den Garten rund ums Haus
    .) das Schnuppern an meinen Lieblingsdüften
    .) neben Kaffee und Tee zwei „Zurück-in-die-Kindheit-Gerichte“ : Pfannekuchen oder warmer
    Grießpudding
    .) Treffen und Umarmungen mit Freunden
    .) „therapeutisches Backen“ , begonnen unter Corona : Freunden, die man anfänglich kaum
    sehen konnte, Plätzchen und Kuchen vor die Haustür stellen
    .) und mein stärkster Anker : mein Schatz ! Abends in seinen Armen einschlafen, morgens in
    seinen Armen aufwachen – Seelenhafen pur !!!

    • Liebe Susanne,
      was für eine wunderbare Moment-Sammlerin Du bist!!!! Man spürt regelrecht Deine Lust auf Leben – und besonders im letzten Punkt auf die Liebe… was für eine schöne Liebeserklärung an Deinen Mann! Ich hoffe, er hat es gelesen…
      Vielen Dank!

  2. Liebe Uta,
    dann pass auf dich auf. Gerade in dieser ver-rückten Welt, bleibt noch mehr von jedem zu betreuenden Schicksal an den Helfenden hängen.
    Die, die uns dann betreuen, nette Ärztinnen z. B.
    # sitzen ja im gleichen Boot,
    nenne den Zustand Burnon.
    Liebe Grüße Sabine

    • Liebe Sabine – ja, mein Artikel ist ja quasi ein Plädoyer an uns alle, in diesen schrägen Zeiten umso besser auf uns aufzupassen und solche Augenblicke – mögen sie noch so klein und unbedeutend erscheinen – mit allen Sinnen zu genießen!
      Vielen Dank für Deine Fürsorge!

  3. liebe Uta
    du „sprichst“ mir gerade so aus der Seele!!
    Ich flüchte in die Welt der Bücher so oft es geht!
    Egal ob Krimi, Roman oder Lektüre zur eigenen Bewusstseinserweiterung, und was ich derzeit gar nicht mehr ab kann sind richtige Massenveranstaltungen…ich treffe mich mit Freunden oder familie, aber auf ein konzert oder gar Oktoberfest…No way…
    liebe Grüße
    Petra

    • Liebe Petra,
      oh ja, das kann ich so gut nachvollziehen – lesen ist ja auch mein allerliebstes Hobby und die Welt der Bücher oft die, in die ich mich flüchte.

  4. Ich sitze oder stehe gerne auf dem Balkon, mit oder ohne Fernglas, schaue auf die Natur mit Lahn und Burg und Vögeln und genieße einfach die wunderbare Aussicht, die ich hier habe. 😊

    • Das klingt auch nach einem wunderbaren Augenblick-Ort, liebe Claudia! Den Blick schweifen lassen, die Natur in sich aufsaugen und damit zur Ruhe kommen…

  5. Die kleine Pause vom stressenden Jetzt,

    sie ist mir wichtig.

    Aber ich brauche auch zum Start in den Tag eine Viertelstunde, einen großen Pott Filterkaffee und meinen Laptop. Der heiße Kaffee neben mir, schaue ich ein paar ausgesuchte Webcams, u.a. Juist, Kellenhusen (der für mich schönste Ort der Lübecker Buch). Ferner noch die Cam von Travemünde, welche die Einfahrt der pendelnden Fähren direkt zu mir nach Haus bringt.

    Mit den Eindrücken dieser Webcam Bilder, dem Kaffee, starte ich meinen Tag gelassener, die schlechten Nachrichten wühlen mich meist dann weniger auf, ohne das ich die Brisanz oder Tragweite dieser ignorieren würde.

    Wenn ich spüre, in mir brodelt zu viel, die Gedanken kreisen immerzu und ich komme einfach nicht mehr aus diesem Schlamassel nie enden wollender Nachdenk-Phasen, hilft Musik.

    Es ist meist abends und bereits dunkel draußen, Ich schnappe mir meine Kopfhörer, wähle eine Playlist unterschiedlichster Genres, Interpreten und Epochen, vornehmlich von 60ern bis 80ern. Die Lautstärke variiert und kommt immer darauf an, ob ich über ruhige See dahin gleiten will oder ob ich mit aller Wucht gegen einen Sturm angehe,

    Es braucht dann nicht lang und mein Kopf hat keine Lust mehr zu denken, ich will nur noch die Musik hören und nehme auch nichts anderes mehr wahr. Das klappt natürlich nicht immer. Manchmal führe ich, das mag jetzt einigen etwas schräg und ungewöhnlich erscheinen, Selbstgespräche. Ich denke mich in eine Situation, an einen Ort, stelle mir Menschen vor, mit denen mir ein Gespräch gefallen würde.

    Da passiert es mir dann immer wieder mal, dass ich sehr müde werde, einschlafe und die Musik einfach weiterläuft, bis ich wieder wach werde. Es kommt halt immer darauf an, wie intensiv der Tag zuvor verlaufen ist, wie viel ich an mich herangelassen habe/ lassen musste. Die Musik regelt es….

    Wenn ich dann aber später den Kopfhörer zur Seite lege, spüre ich innere Leichtigkeit, habe kein Verlangen mehr zu denken. Die Eindrücke der voran gegangenen Stunden spielen keine so dominante Rolle mehr.

    Es gibt aber auch Tagen, an denen ich gar nichts mehr um mich herum ertragen kann. Dann lege ich mich auf´s Bett, Jalousien blickdicht geschlossen, Türen zu und dann nur die Stille. Das ist dann, wenn mir die Beschallung durch Menschen, TV und Radio, aber auch das Internet zu sehr zugesetzt haben. Dabei greife ich dann auch mal zu Süßigkeiten, ist hinterher auch schon mal eine Tafel Schokolade oder eine halbe Tüte Weingummi/ Lakritz Opfer meines Gemütszustandes geworden. Das kommt zum Glück nur 2-3 mal im Jahr, wenn überhaupt vor. Solange ich mich aber gut, oder besser gesagt, vom inneren Druck und belastenden Gedanken befreit sehe, stört mich das überhaupt nicht. 😉

    Das sind so die bewährten Pausen, die sich positiv bei mir auswirken….

    Ach, mir fällt noch eine „Macke“ ein, die mich hier und da heimsucht. Es gibt Tage, da geht mir meine sonst doch recht großzügig vorhandene Gelassenheit im Umgang mit dem, was um mich herum passiert, gänzlich ab. Dann brauche ich was Saures. Ich habe immer einen kleinen Vorrat an eingelegten Gurkenvariationen im Glas und auch Rote Beete. Ich weiß, ist ne komische Angewohnheit. Aber ich wehre mich nicht dagegen 😀

    • Vielen Dank für die tiefen Einblicke in Deine Gewohnheits- und damit in Deine Seelenwelt, lieber Frank! Die Leidenschaft zur Musik kann ich uneingeschränkt teilen – Musik kann so vieles und vor allem kann sie untermalen, wegspülen, einhüllen…
      Die Angewohnheit mit dem Sauren find ich bemerkenswert – vielleicht sollte ich das auch mal ausprobieren… 🙂

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