Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins

Der Begriff Leichtigkeit schleicht sich in den letzten Monaten immer wieder und drängender in mein Bewusstsein – für mich ist es der Inbegriff dessen, was uns allen seit der Corona-Pandemie am meisten fehlt. Ein Gefühl, das stets so selbstverständlich in unserem Leben war – ein Privileg, dessen wir uns in diesem Land und den früheren Umständen nie ausreichend bewusst waren.

Tun und lassen zu können, was man wollte (und natürlich im rechtlichen Rahmen war) – hingehen zu können, wo es einem der Sinn stand, Menschen in seine Nähe zu lassen, sich frei bewegen zu können ohne Überlegen, vorhergehender Testung oder Impfung – das alles erscheint einem plötzlich so weit weg. Und es wird einem jetzt erst richtig klar, wieviel Leichtigkeit wir in früheren Tagen genießen durften – ich hoffe so sehr, dass das irgendwann wieder kommt…

Mir ist in diesem Zusammenhang eins meiner Lieblingsbücher in der Jugend eingefallen: „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ von dem tschechischen Autor Milan Kundera. Mein Buchtipp für heute – und er wurde in den 80er Jahren auch ziemlich gut mit Juliette Binoche und dem wunderbaren Daniel Day-Lewis verfilmt.

Worum geht es:

Während des Kalten Krieges lernt der erfolgreiche Chirurg Tomas in Prag die Kellnerin Teresa kennen. Sie beginnen eine lebenslange Beziehung, die unter Tomas’ ständigen Affären leidet. Teresa ist sich völlig bewusst, dass sie beide ein unterschiedliches Verständnis von der Liebe haben. Daher stellt sie Tomas lange Zeit nicht zur Rede, sondern erträgt sein Verhalten.

Während des Prager Frühlings beginnt Teresa als Fotoreporterin zu arbeiten. Man lernt demnach durch die Handlung auch einiges über die tschechische Geschichte der Neuzeit. Als Teresa und Tomas in die Schweiz fliehen, findet der Chirurg bald wieder erneutes Glück bei anderen Frauen. Teresa dagegen tut sich schwer mit dem Leben im freien Westen, mit der „unerträglichen Leichtigkeit des Seins“.

Nach weiteren Irrungen kommt das Paar letztendlich in einem kleinen, abgelegenen Dorf in Böhmen zur Ruhe, beide bei einem LKW-Unfall ums Leben kommen.

Das klingt alles ganz schön traurig und unschön. Und doch schafft Kundera es, in der Geschichte die Kraft der Liebe zu feiern und begleitet die Handlung mit prägenden philosophischen Betrachtungen.

Auf das auch in unserem Dasein die Liebe und die Leichtigkeit niemals ganz verloren gehen – und wir uns immer daran erinnern, dass sie uns zum Hüpfen bringen!

6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Oh ja, was für eine schöne Erinnerung! Auch mich hat dieses Buch damals sehr beschäftigt!!! Liebe und Leichtigkeit – einfach wunderwunderschön :))))) !!!

    • Es ist eben ein Buch, welches einen richtig „packen“ kann – eine Geschichte, die einen begleitet und ein wenig verändert wieder frei gibt. Schön, dass Du das auch so empfindest, liebe Melanie!

  2. Danke für Deinen tollen Beitrag und die Erinnerung an die großartige, sehr bewegende Lektüre/Verfilmung, liebe Uta.
    Unsere Gemüter werden die unbeschwerte Leichtigkeit in Coronazeiten sicher noch länger sehr vermissen.
    Aber tröstend und herzwärmend ist, dass echte Liebe in all ihren Facetten unvergänglich ist. :-))

    • Sehr, sehr gerne, liebe Gabi!
      Ich teile Deine Befürchtung in Bezug auf die fehlende Leichtigkeit wegen Corona… 🙁 Umso wichtiger ist es wirklich, sich auf das Wesentliche – und das ist in allererster Linie die Liebe – zu konzentrieren!

  3. Moin, es mag an der noch frühen Tageszeit liegen, aber ich habe dieses Buch eher als ‚traurig‘- schönes Buch in Erinnerung, entgegen meiner Freundinnen damals. Schön geschrieben, aber Teresas Situation….
    Ich finde es immer wieder erbauend, wenn eine Frauenfigur im Buch. alle Freiheiten ausleben kann. Nur enden die meist auch traurig, oder mit dem Ableben der Heldin. Aber wenn ein Buch gut geschrieben ist, les ich auch zum x-ten Mal, Mann ist frei und Frau leidet. Nur erfrischend sind diese Geschichten nicht.
    Unerträgliche Leichtigkeit, diese Wortkombi ist schon genial!

    • Ja, das stimmt, liebe Sabine! Traurigkeit schwingt in der Erzählung auf jeden Fall mit – und ich habe damals auch mit Teresa sehr mitgelitten. Dennoch schafft M. Kundera meiner Meinung nach den Beweis, dass die Liebe allumfassend und stärker ist als alles! Und das finde ich dann eben so wunderbar!

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