Der Leader meiner Band

Auch wenn ich von diesem Tag ebenfalls nicht allzu viel halte – es ist dennoch der erste Vatertag ohne den meinigen, wieder wird eine kleine Schicht des Wundschorfs auf meinem Herzen abgetragen und es blutet.

In Phasen, wie in Wellen, kommt der Schmerz immer wieder über mich. Eine richtige Form des Umgangs damit habe ich noch nicht gefunden. Meistens verhalte ich mich ungewöhnlich still, meine Seele hält den Atem an und wartet auf das Abklingen der Trauer.

So wie letztens, als ein sehr realistischer Traum mich für ein paar Tage gefühlstechnisch eingehüllt hatte wie ein zu großer Mantel: in diesem saß mir mein Vater auf seiner eigenen Beerdigung gegenüber und ich konnte ihn bei für ihn ganz typischen, lieb gewonnenen Verhaltensweisen beobachten. Ich habe im Traum ganz viel geweint – doch wenn ich zu ihm hin schaute, dann konnte ich gar nicht anders und ich hab gelächelt.

Wenn ich mir dieses vertraute, gleichzeitig schöne und traurige Gefühl ins Herz holen möchte, dann höre ich ein ganz bestimmtes Lied: Zac Brown mit „Leader of the Band“

Besonders eine Strophe und der Refrain berühren mich sehr:

I thank you for the music
And your stories of the road
I thank you for the freedom
When it came my time to go —
I thank you for the kindness
And the times when you got tough
And, Papa, I don’t think I
Said ‚I love you‘ near enough

The leader of the band is tired
And his eyes are growing old
But his blood runs through
my instrument
And his song is in my soul —
My life has been a poor attempt
To imitate the man
I’m just a living legacy
to the leader of the band
I am the living legacy
to the leader of the band.

Natürlich hat Zac Brown dieses Lied eben auch seinem Vater gewidmet und die beiden verbindet eine ganz andere Geschichte, die in dem Song auch sehr schön erzählt wird. Dennoch fühle ich mich mit den Zeilen verbunden und sehr angesprochen.

Mein Vater war der Leader in meiner Seelen-Band und diese hat ein ähnliches Schicksal wie viele berühmte Musik-Gruppen ereilt: der Frontmann ist fort und damit ein großer Teil des Zaubers. Doch die restlichen Musiker sind noch da, kennen jeden Ton und können die alten Lieder immer wieder spielen. Und so verbleibt eben auch mein Vater in der Musik meines Herzens.

Ich wünsche allen Papas hier einen wunderbaren Vatertag – schön, dass es Euch gibt!

8 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Uta, deine Zeilen und der Liedtext berühren mich sehr.
    Mein Vater ist jetzt seit gut dreieinhalb Jahren tot und immer mal wieder kommt so eine Welle der Trauer über mich, aber sie werden seltener.
    Gestern Abend hat es mich für einen Moment mal wieder so richtig umgehauen: Wir haben in der Mediathek eine Folge „Traumschiff“ geschaut (ja, ich gebe es zu 😉 und da reisten die Kinder eines Mannes zu seiner Beerdigung nach Tansania – wo er ihnen auf einmal völlig unerwartet gesund und munter entgegen kam … WAHNSINN, was würde ich dafür geben, wenn wir uns noch mal in den Arm nehmen könnten, wenn mein Vater mir erzählen könnte, wie es ihm in der Zwischenzeit ergangen ist, und ich ihm erzählen könnte, was wir alles erlebt haben, seitdem meine Eltern tot sind …
    Liebe Uta, wir gehen durch diesen großen Schmerz – die einzige Alternative wäre, nicht so wunderbare Väter gehabt zu haben … Keine Frage, wofür ich mich da entscheide!!!
    Alles Liebe und ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich das hier mit euch geteilt habe, Melanie

    • Liebe Melanie,
      zunächst einmal: es ist nicht nur „in Ordnung“, dass Du das mit uns geteilt hast, sondern es ist einfach super schön! Natürlich schwingt da auch ganz viel Traurigkeit mit – aber das ist ja eben auch nur zu verständlich!
      Ich würde auch so viel dafür geben, meinen Vater nochmal zu sprechen und/oder ihn noch einmal in meine Arme zu schließen. Grundsätzlich glaube ich ja aber, dass die Menschen, die von uns gegangen sind, dennoch alles mitbekommen – und man trotzdem mit Ihnen „sprechen“ kann. Man erhält natürlich keine Antwort im herkömmlichen Sinne, aber man kann spüren, dass da jemand „ist“, der zuhört…
      Ganz liebe Grüße

  2. Liebe Uta, Deine Trauer um Deinen geliebten Papa kann ich so sehr mitfühlen! Mir ist es ja genau so ergangen: meine Eltern haben mich geprägt, mit Liebe und Fürsorge meine Persönlichkeit entwickelt und tausend wunderbare Erinnerungen verbinden mich natürlich, so lange ich lebe, mit ihnen.

    Eine „richtige“ Form des Umgangs mit dem herzzerreißenden Schmerz habe ich damals nicht gefunden. Ein bißchen Trost gab mir die Gewissheit, dass die Trauer um den Verlust meiner geliebten Menschen ja auch große Liebe ist….

  3. Liebe Uta, mein Papa ist Anfang 2020 gestorben. Ich kämpfe immer noch damit. Teilweise in meinen Träumen, teilweise auch bewusst. Ich versuche, damit klar zu kommen, was alles in der Vergangenheit in der Familie schief gelaufen ist, dass sich mein Unmut meiner Mutter gegenüber etwas in Grenzen hält.
    Oft muss, darf ich weinen, jetzt auch gerade wieder.
    In der letzten Nacht habe ich was sehr schönes geträumt, und ich glaube, mein Papa lebt auf irgendeine Art und Weise weiter. 😘

    • Es ist gut, wenn Du Deinen Tränen ihren Lauf gibst – und die Trauer damit sein darf! Das ist heilend
      Und in seinen Träumen kann man auch gut verarbeiten, was im reellen Leben vielleicht noch zu weh tut. Die Gefühle sind wie Wasser: sie finden ihren Weg!
      Ich bin sogar davon überzeugt, dass Dein Papa auf eine andere Art weiterlebt

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