Der Glückskasten

Als ich ein Kind war und noch am Niederrhein gewohnt habe – in einem ganz kleinen Kaff in unmittelbarer Nähe zur niederländischen Grenze – hatte ich eine ganz tolle Nachbarin. Für mich war die große Frau mit den hüftlangen braunen Haaren, den sanften Augen und dem lauten Lachen die schönste Person im Universum (neben meiner Mutter) und ich habe es geliebt, wenn sie mich über den Gartenzaun zu sich rüber gewunken hat. Dann durfte ich bei ihr sitzen, ihrer tollen Stimme lauschen und mir ganz wundersame Dinge ansehen.

Eines Tages zeigte sie mir ihren „Glückskasten“ – eine große Schachtel mit Deckel und als ich den anhob, blickte mir eine ganze Welt entgegen. Denn unsere Nachbarin verwahrte darin schöne Erinnerungen, hübsche Fundsachen – einfach Dinge, die sie mal geschenkt bekommen oder gefunden, auf Reisen mitgenommen oder entdeckt hatte. Da lagen glitzernde Knöpfe drin, getrocknete Blumen, bunte Visitenkarten, schillernde Steine, bizarre Muscheln, kleines Liebesbriefchen und vieles mehr.

Auf Ihre Initiative hin hatte ich mir dann auch so eine Kiste gemacht – jahrelang habe ich dort gesammelt, gehortet und immer wieder drüber gestaunt. Leider ist mein damaliger Glückskasten dann irgendwann der „Coolheit der Jugend“ zum Opfer gefallen – sprich: irgendwann fand ich das albern und kindisch und habe die Kiste komplett in den Müll geworfen.

Zum Glück wird man ja später wieder vernünftig… 🙂 Also, zum Glück wird man ja im Laufe der Jahre wieder ein bisschen verrückter und zum Hüpfer. Und da besinnt man sich wieder auf Dinge, die einen schon als ganz junger Mensch glücklich gemacht haben.

Meine Idee also für Euch: kauft oder bastelt Euch eine eigene schöne Glücks-Truhe… aus Holz, Pappe, Karton oder was auch immer und sammelt darin großartige Dinge, die Euch an wunderbare Momente, schöne Urlaube, einzigartige Begegnungen oder ähnliches erinnern.

Das ist dann wie das rosa Tütchen in der Geschichte vom letzten Artikel – nur noch aktiver und offensichtlicher. Aber ich garantiere Euch: wenn Ihr mal traurig, schlecht gelaunt oder betrübt seid, dann hilft es, den Kasten aus dem Regal zu nehmen und darin rum zu wühlen. Das erfreut das Herz und lässt Euch wieder hüpfen…

16 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Für meine Erinnerungen brauche ich keinen Glückskasten.
    Meine Erinnerungen habe ich im Herzen und jederzeit abrufbar.

  2. Auch ich trage meine Erinnerungen im Herzen. Die schönen werden ewig bestehen bleiben und werden immer „abrufbar“ sein. Und die total schlechten werden mit der Zeit immer blasser -aber ganz werden sie wohl nicht verschwinden und ich glaub es ist auch gut so.
    L. G. Irmtraut

  3. ….. während ich Deinen Text so lese, muss ich gleich an zwei rote Zöpfe und Sommersprossen denken 🙂 Pippi Langstrumpf sagt ja sinngemäß: „Es gibt so viele schöne Dinge auf der Welt. Da braucht es nur jemanden, der sie findet.“…. Bestimmt hätte Pippi sich auch so eine Kiste gebastelt und ihre Erlebnisse da hineingesammelt. Ich selbst bin auch so ein Sachenfinder und Sammler und meine Kiste befindet sich eigentlich überall um mich herrum. Hab‘ lauter kleine „Altäre“ aufgebaut, auf denen sich alle möglichen Dinge begegnen, die mir in meinem Leben mal besonders nett entgegengelacht haben. Da entstehen oft richtig interessante Freundschaften zwischen z.B. einem winzigen uralten Gummipinguin, den ich in Paris auf der Straße gefunden habe und daneben einem kleinen Wackel-Charly Chaplin, den ich mal von einem Kind geschenkt bekommen habe. – Also bei mir trifft Deine Schatzkisten-Idee absolut ins Schwarze, Uta ! 😉 Befürchte nur, dass ich mich nicht auf das Kistenplatzangebot beschränken kann! (Hihiii)

    • Klasse, liebe Lydia… bei Dir zuhause würde ich gerne mal Mäuschen spielen… 🙂 WIE man seine schönen Erinnerungen aufbewahrt, ist auch eigentlich egal und Nebensache… Hauptsache, man ist sich immer bewusst, dass man sie niemals mehr verlieren kann

  4. Was für ein Vertrauensbeweis und Wertschätzung, dass die Nachbarin Dir damals Ihren Glückskasten gezeigt hat!

    • Jaaa, solch eine wunderbare Nachbarin ist ja selbst ein Schätzchen und wird für Dich, Uta, immer unvergessen sein!!!
      Auch ich komme, so wie Lydia, nicht mit einem „Glückskästchen“ aus, habe Schalen und Kistchen, wo ich alles sammle, was ich mit schönen Erinnerungen verbinde: Fundstücke wie meine Lieblingsmuscheln, auch ganz winzige noch zart pinkfarbene getrocknete Babyseesterne von der schönsten Sandbank, ein Spitzentaschentuch von der geliebten Omama, Haarsträhnchen der Töchter, schillerndbunte glatt geschliffene Glasscherben aus dem Meer, ein verwittertes Korallenstück, alte Fotos aus Kinderzeiten, Mokkasammeltässchen von Mutti, mein erstes Kinderarmbandührchen (war so stolz darauf) von meiner Lieblingstante, die alte Schulblockflöte, den vertrauten zerknautschten, mittlerweile fast haarlosen Schmuseteddy, das erste Poesiealbum, Glanzbilder, eine alte Puppe und vieles mehr.
      Meine „Schätze“ grabe ich von Zeit zu Zeit aus, freue mich wie doll, schwelge in Erinnerungen und denke nicht im Traum daran, meine Glücksstücke zu entsorgen.

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