Wo meine Stimmung ja eh gerade ziemlich trübe ist und ich merke, dass ich mir viel Zeit und Raum geben muss, wäre ja fast trübes Herbstwetter die passende Kulisse. Die „Special effect“-Macher eines Films hätten da jetzt eher die Nebelmaschine, die Regen-Anlage und kaum Licht ans Set geschleppt, um meinen Zustand richtig in Szene zu setzen…
Glücklicherweise hatten die Wetter-Götter zum jetzigen Zeitpunkt eher goldenen Oktober, blauen Himmel und viel Sonnenschein im Sinn. Das ist ja auch zu schön… und es lenkt mich zumindest ein bisschen von meiner Grübeleien ab.
Gestern war ich mit meinen Kindern am Elbestrand – mit natürlich ganz vielen anderen Hamburgern, die den Spätsommer mitten im Herbst genießen wollten. Da war so ein Trubel, Gebrabbel, gute Laune und Fröhlichkeit um mich rum – da konnte ich ja gar nicht anders, als seelisch ein wenig mit einsteigen.
Es ist schon beeindruckend, was das „Drumherum“ für einen Einfluss auf uns hat. Zwar kann es den Kern der Traurigkeit natürlich nicht erreichen und hat auch leider keine Auswirkungen darauf. Aber ich finde es schon faszinierend und beruhigend, dass man sich dann dennoch eine Zeitlang darauf einl- und sich ein wenig treiben lassen kann. Es lenkt ein bisschen ab.
Ich war sonst immer der Meinung, dass dies gar nicht gut ist – dass man ganz bewusst durch seine Tiefen gehen sollte, den Dämonen die Arena bieten und sich dann in den Kampf stürzen. Momentan merke ich aber für mich – und das ist wahrscheinlich oft so, insofern wohl auch eine allgemein-gültige Haltung – dass es mir gar nichts bringt, dazusitzen und nachzudenken. Der Sog der Niedergeschlagenheit ist viel zu stark und zu lockend, dass ich merke, dass ich dort „mein Schwert“ ansetzen sollte, um dagegen anzukämpfen: indem ich mich positiv beschäftige, mich wirklich ablenke. Denn das Grübeln über die Situation verändert sie nicht – das kann nur die Zeit, positive Energie und ich. Ein Gemeinschaftsprojekt sozusagen.
Kennt Ihr das auch? Diesen Sog, von dem ich hier geschrieben habe… dieses verführerische Gefühl, sich ganz in seine Dunkelheit fallen zu lassen? Wie wehrt Ihr Euch dann dagegen?
Habt einen licht-erfüllten, goldenen Tag und don´t forget to hüpf!
Liebe Uta,
der Anlass desselben Schmerzes jährt sich am 1. Advent zum 26. Mal. Ich weiss die Zeilen und das Dazwischen sehr wohl zu deuten und kenne es zu gut. Ich habe damals 17 kg in 4 Monaten abgenommen, konnte nicht aufrecht gehen (im wahrsten Sinn des Wortes) und dachte oft, wann ist der Film zu Ende. Aber ….. es war kein Film, sondern Realität!
Der „Trost“ des Ex-Partners war: „Stell dir einfach vor, ich wäre tot, dann fällt es dir vielleicht nicht so schwer“. Aber als Witwe hätte man wenisgstens Rechte und Witwenrente und Zuspruch und und und ….. gehabt.
Aber du wolltest wissen, wie es mir ging und was ich dagegen tat?
Ich habe viel (fast rund um die Uhr) geweint, mich um mein kleines Kind gekümmert, soweit es ging. Ich versuchte zu funktionieren. Die Wochenenden waren das Schlimmste! Ich habe mich reihum bei Freunden einquartiert, damit meine Tochter wenigstens durch die anderen Kinder abgelenkt war. Die Lücke an Weihnachten und kritischen Tagen wie Einschulung, Geburtstage etc. habe ich versucht, mit meinen Freundinnen + Familie zu füllen, damit die Leere erträglich war.
Die Zeit ging ins Land, der Schmerz wird leiser, aber die Narben bleiben.
Ich habe mein Kind ganz alleine groß gezogen ohne jegliche Unterstützung des Vaters.
C’etait ma vie!!
Ich freue mich nun auf meinen Ruhestand in 380 Tagen, bin von der Altersarmut betroffen und gebe die Hoffnung nie auf, noch in diesem einen Leben die Kurve zu bekommen.
Ich bin zufrieden, meistens glücklich und guter Dinge. Ich versuche, jedem Tag etwas Positives abzugewinnen. Gelingt nicht immer, aber doch in den meisten Fällen.
Auf jeden Fall immer dann, wenn ich in Juist bin 🙂
Liebe Inge,
da klingt wirklich abgrundtiefe Traurigkeit in Deinen Zeilen mit und sehr große Verzweiflung. Das Schöne: man kann aber auch die Kraft darin lesen, mit der Du Dich durch das bisher oftmals schwierige Leben gekämpft hast. Und dass Du nie aufgehört hast, das Licht zu suchen und zu sehen!
Das macht Dich aus, liebe Inge – und ich ziehe meinen Hut vor Dir!
Moin,
Ich finde schon, daß man bewusst seine Tiefen er- und durchleben sollte. Daraus resultieren dann Bedürfnisse wie „in den Arm genommen werden“ etc., die befriedigt gehören.
Nur in die Einseitigkeit der Tiefe sollte man vielleicht nicht einsteigen, sondern der Seele auch andere Bilder liefern. Damit sie flexibel bleibt. Es braucht halt gerade im dunklen Tal auch Disziplin und Struktur. Und Schokolade. Und Zärtlichkeit. Und Trost. Und Hand festhalten. Und ne warme Kuscheldecke.
Hau rein!
Oliver
Da bin ich ganz bei Dir, Oliver! Ich bin sonst auch immer der Meinung gewesen, den Trauer-Stier bei den Hörnern zu packen und ihn nieder zu ringen – eben, indem man auch fühlt, was gefühlt werden muss.
Ist jetzt mal ein ganz neuer Ansatz, mich abzulenken… denn eine „Lösung“, wie ich aus der Situation schneller oder schöner rauskomme, gibt es nicht – die finde ich auch nicht, wenn ich darüber nachdenke. Ich glaube, dass ich jetzt mein „Macher-Dasein“ eher dazu nutzen sollte, mir das Leben so schön es eben geht, zu gestalten – irgendwie fühlt sich das richtiger aus, als weinen und „mich darein fallen lassen“…
Mir hat mal jemand in einer ähnlichen Situation geraten: “Kapp die Ketten!“
Gemeint waren die Ketten der Vergangenheit, der Traurigkeit. Nachdem ich das mental gemacht hatte, ging es mir immer besser und ich konnte mich auf ein neues Leben einlassen.
Vielleicht hilft dir das auch ein wenig.
Das ist auf jeden Fall etwas, was in mir Anklang findet…. da horch ich mal weiter rein.
Danke, liebe Elisabeth!
Moin liebe Uta,
zunächst danke für die tollen Fotos vom Elbstrand. Ich war selbst noch nie dort …..aber es muss sehr schön sein…. und ich habe schon TV-Berichte gesehen, welches Flair das haben soll.
Aber nun zum eigentlichen Thema: Es gibt ja da einige „schlaue Sprüche“, die man gerne so daher sagt, aber sie haben doch alle irgendwo ihre Berechtigung. Z.B. dass die Zeit die Wunden heilt….sicher nicht alle…und auch nicht schnell, aber das Leben geht weiter und das Tal der Tränen ist irgendwann durchschritten und man gräbt sich wieder aus dem tiefen Loch nach oben.
Ich hatte vor einigen Jahren nach der Trennung vom Partner am Ende einer intensiven, aber desaströsen Beziehung Jahre gebraucht, um mir mein Selbstbewusstsein wieder zu erarbeiten. Ich hatte auch ziemlich viele Erinnerungen an diese Beziehung aufgehoben (z.B. Fotos, Tagebücher etc.) und konnte mich jahrelang nicht davon trennen. Schrittweise hab ich aber mehr und mehr davon ganz automatisch aufgeben und loslassen können und jedes Mal, als der Impuls kam und ich soweit war, war es hinterher ein phantastisches Gefühl der Erleichterung.
Ich denke, das wichtigste ist, sich selbst die Zeit zu geben und vor allem: Sich selbst die eigenen Fehler zu verzeihen, die man gemacht hat. Das habe ich auch erst lernen müssen. Mir hat damals das Buch/ die CD : Liebe Dich selbst….. sehr geholfen.
Denn sich selbst Gutes tun ist ein sehr wichtiger Schritt, um wieder Wohlbefinden zu spüren.
Auf jeden Fall ist auch wichtig, dass Du das Licht und die Sonne genießen darfst ohne schlechtes Gefühl/Gewissen…. und trotzdem am nächsten Tag auch mal wieder traurig und müde sein darfst. Gib Dir dann die Ruhe…. und tanke auf…. da empfehle ich geführte Meditationen….sich einfach fallenlassen und wissen: Du bist gut, wie Du bist. Du bist geliebt.
Ach ja und dann noch einer meiner Lieblingssprüche: Am Ende ist alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist es nicht das Ende!
Sorry, jetzt hab ich Dich schwer zugetextet!
Fühl Dich umarmt.
Liebe Grüße von der Soni
Liebe Soni,
überhaupt nicht schwer zugetextet – sondern leichter gemacht!!!!
Und hast mit vielem den Nerv getroffen – das schlechte Gefühl/Gewissen, die Ungande mit sich selbst, das Nicht-Trennen-Können – alles sehr bekannte, ungeliebte Begleiter… ich schaue mal nach dem Buch/der CD – vielen Dank für den Tipp und all die guten Gedanken!
So ungefähr wie Inge wurde es mir auch gesagt. „Bitte hass mich, dann fällt dir die Trennung leichter“.
Und immer wieder, warum kannst du es nicht verstehen und verarbeiten. Warum dauert es so lange.
Ja, es dauert so lange wie es dauert. Da gibt es keinen Knopf den man umschalten kann. Es dauert eben.
Man kann es manchmal verdrängen, wenn man abgelenkt ist. Aber es ist immer präsent und tut weh. Die Tränen kommen einfach so ohne Ankündigung, die Traurigkeit kommt einfach so immer wieder.
Ich versuche schöne Momente zu genießen. Manchmal klappt das.
Uta, ich wünsche dir viel Kraft.
Liebe Marie,
das ist aber auch total unfair – man ist doch bestimmt schon mit sich selber total ungeduldig, warum drängen Dich dann andere Menschen noch zusätzlich? Du hast Dir das doch nicht ausgesucht, zu leiden – als ob Du daran Gefallen finden würdest!!!! Ich bin mir ziemlich sicher, dass Du gerne glücklich bist – und das wirst Du eben auch irgendwann wieder sein!!!
Menschen, die Dich da drängen, würde ich das mal klipp und klar sagen!
Liebe Uta,
Ablenken ja, Verdrängen nein – so versuche ich das für mich zu gestalten. Auch die dunklen Gedanken brauchen ihre Zeit und ihren Raum. Deswegen wehre ich mich nicht dagegen, wenn sie um die Ecke kommen, denn früher oder später klopfen sie wieder an wie ein lästiger Staubsauger-Vertreter. Also lasse ich sie kurz herein, versuche aber dafür zu sorgen, dass sie nicht allzu lange bleiben.
So achte ich selbst in den ganz miesen Momenten darauf, dass ich mich mindestens ein- bis zweimal die Woche mit Menschen treffe, die mir gut tun und mich ablenken. Außerdem habe ich mir – zunächst unbewusst – seit dem Tod meines Partners in meinem Hirn eine Art „schöne-Momente-Schublade“ eingerichtet. Ich bin aufmerksamer geworden für die kleinen Freuden und Gesten im Alltag. Diese sammel‘ ich in der imaginären Schublade und krame sie raus, wenn es mir schlecht geht. Das gibt mir die Gewissheit, dass das Leben grundsätzlich schön ist. Und dass es so viele schöne Dinge und großartige Menschen gibt, die es lebenswert machen. Und das wiederum sorgt für die notwendige Energie, um über kurz oder lang die Probleme anzugehen, anstatt darüber zu grübeln.
Denn, last but not least: Nicht hadern, sondern selbst dafür sorgen, dass es besser wird. Das eigene Leben in die Hand nehmen und positiv gestalten. Das ist für mich ganz entscheidend.
Und so besteht mein kleines „Esther-hüpft-aus-dem-dunklen-Loch“ Paket aus drei Teilen: Traurigkeit akzeptieren und sich damit auseinandersetzen, positiv ablenken und schöne Momente in Erinnerung rufen, zupacken und machen.
Liebe Esther,
klingt nach einem super Esther-Plan!!!! Und ich bin überzeugt davon, dass Du es goldrichtig machst, denn den entscheidenden Punkt hast Du dabei genannt: SELBST dafür sorgen, dass es besser wird. Das kann einem niemand abnehmen: kein Partner, kein Therapeut, keine Tablette… das kann man nur ganz selber – klar, mit Hilfe manchmal, aber die notwendigen Schritte dafür muss man selber tun!
Großartig, wie Du das siehst und auch machst!!!!! Und: das Leben ist wirklich schön… besonders, weil es Menschen wie Dich darin gibt!
Ach, du bist echt ein Schatz, Uta <3
Na, danke gleichfalls!
🙂
Die Bilder waren wirklich toll. Aber Sonnenuntergänge haben ja auch etwas von Abschied. Wir müssten uns mal auf einem Seminar ein Bild aus zig Karten du gen. Ich hatte auch einen Sonnenuntergang genommen weil ich das einfach toll finde. Da sagte der Therapeut mir, das so etwas immer Traurigkeit in sich birgt. Ich solle mal positiv dagegen sehen. Beim nächsten mal hätte ich eine Karte mit tollen Wolken aber auch blauem Himmel. Die Wolken würden weggepustet und meine traurigen irgendwann Gedanken auch. .trotz alledem Liebe ich Sonnenuntergänge und ich zupfte oft ganz schnell das Handy oder den Fotoapparat.
Stimmt natürlich schon – mit einem Sonnenuntergang verabschiedet man den Tag. Aber gut ist es ja, dass man weiß, dass die Sonne am nächsten Tag wiederkommt und es auch einen Anfang gibt
Liebe Uta,
auch ich kenne den Sog von mir und auch von Patienten. Ich nenne es immer: im eigenen Leid suhlen. Ja, das ist sehr verlockend, man gibt jegliche Verantwortung ab, fühlt sich wie ein kleines Kind und wartet irgendwie drauf, dass Mama kommt und alles wieder richtet. Aber, wir sind keine kleinen Kinder mehr und Mama kommt auch leider nicht mehr und sorgt dafür, dass alles wieder gut wird. Das müssen wir jetzt alleine schaffen.
Ich habe erst vor einigen Wochen eine Rede von dem Navy Seals Admiral Wiliam McRaven gesehen. Der sagt, wenn man die Welt ändern will, soll man morgens den Tag damit starten, sein Bett zu machen. Das ist dann die erste erledigte Aufgabe und sie macht uns ein wenig stolz. So schafft man die weiteren Aufgaben leichter. Jetzt wollen wir zwar nicht direkt die große Welt retten, aber doch unsere eigene kleine Welt. Mir hat immer geholfen, Dinge zu schaffen/zu erledigen. So war ich nicht in der passiven, leidenden Rolle gefangen, sondern merkte, dass ich aktiv meine Welt verändern kann. Und nach und nach war der Sog gar nicht mehr so stark.
Liebe Gitta,
diesen besagten Sog werde ich in den kommenden Tagen nochmal näher beleuchten und beschreiben – mir ist dazu ein gutes Bild eingefallen.
Wie gut, dass ich tatsächlich jeden Morgen mein Bett mache… – und es stimmt: wenn man abends mal RICHTIG rekapituliert, dann hat man jeden einzelnen Tag verdammt viele gute Dinge getan…
Liebe Uta, ich komme gerade von einem Kurztrip aus Italien. Habe meine Freundin besucht, sie hat ALS und das schön seit 1 Jahr. Wir wissen beide, es war ein Abschied für immer, das tut so weh! Wir kennen uns über 50 Jahre, sie kann nicht mehr sprechen, alles ging per „stille Post“ und trotzdem waren wir beide uns so nah wie nie zuvor! Sie kann im Moment noch What’sApp schreiben, aber wie lange noch? Es ist eine furchtbare Krankheit, und meine Pobleme erscheinen mir nun in einem anderen Licht! Man wird demütiger und dankbarer! Das soll kein schlauer Spruch sein, aber so lange wir gesund sind, können wir die Sorgen und Zweifel anders anpacken! Bei Dir ist jetzt ein Riesenschritt angesagt, aber Du bist stark und wirst es packen! Fühl Dich umarmt und mach den jetzt für Dich wichtigen Hüpfer!!
Ach liebe Elli…. wie schrecklich und wie traurig!!!! Weiß genau, wie sich das anfühlt – hab ja vor zwei Jahren das Gleiche mit einer meiner besten Freundinnen durchgemacht. Unser letztes Treffen war schlimm – aber ich war froh, dass ich nochmal zu ihr gefahren war.
Ich denke ganz feste an Dich und wünsche Dir und Deiner Freundin ganz viel Kraft!!!!
Ich umarme Dich