Die rosa Angst und ihr bunter Hund

Ich weiß nicht, wie es Euch mit den derzeitigen Entwicklungen in dieser nicht enden wollenden Pandemie geht – zwar spricht keiner von Lockdown und alle Nase lang treten weitere Lockerungen in Kraft. Aber angesichts dieser steigenden Zahlen kann man sich ja mitnichten sicher fühlen oder denken, dass diese blöde Zeit demnächst endlich mal vorbei sein könnte.

Auch in meinem Bekannten- und Freundeskreis kommen „die Einschläge immer näher“ – man hört von immer mehr lieben Menschen, dass sie nun doch erkrankt seien – und ich bin ehrlich: es macht mir ein wenig Angst.

Da ich aber nie finde, dass dieses Gefühl ein guter Ratgeber ist – und ich auch Euch ein Mittel gegen das mulmige Empfinden an die Hand geben möchte, habe ich diese Geschichte für Euch ausgegraben:

Die rosa Angst und ihr bunter Hund

„Mami, ich kann nicht einschlafen“, jammerte Tom.
„Das verstehe ich nicht. Du musst so müde sein. Hast den ganzen Tag draußen getobt. Mach die Augen zu. Dann klappt das schon“, schlug Mama vor.
„Aber wenn ich die Augen zumache, kommt sie.“
„Wer kommt?“
Tom flüsterte: „Die Angst kommt.“

„Oh“, seufzte Mama. Dann war Augen zumachen nicht das Richtige. Sie schlüpfte zu Tom unter die Bettdecke und fragte: „Wie sieht sie denn aus, deine Angst?“
Tom guckte Mama fragend an.
„Ist sie klein oder groß?“, half Mama.
„Groß. Riesengroß ist sie. Bis zur Zimmerdecke“, beschrieb Tom.

„Und welche Farbe hat sie?“, wollte Mama wissen.
Tom drückte kurz die Augen zu, um sich die Angst anzusehen: „Ganz dunkel ist sie. Und struppig. Das sieht so gruselig aus.“
Mama schlug vor: „Wir malen sie an. Welche Farbe findest du überhaupt nicht gruselig?“
Tom überlegte. „Pink, wie das Fahrrad von Melanie.“
„Pink ist eine ungruselige Farbe“, stimmte Mama zu. „Schließe die Augen und stell dir vor, du tauchst einen Pinsel in rosa Farbe. Damit malst du die Angst an. Zuerst die Füße und Beine.“

Tom grinste schief. „Es sieht aus, als hätte sie Nagellack auf den Krallen.“
„Finde ich auch“, kicherte Mama. „Wenn du die Angst von Fuß bis Kopf rosa angemalt hast, sag es mir.“
Tom legte den Kopf schief. „Rosa. Von unten bis oben.“
Mama fragte: „Klopft dein Herz immer noch, wenn du sie anguckst?“
Er schüttelte den Kopf. „Die Angst sieht nett aus. Aber, sie hat einen Hund dabei. Ganz schwarz. Er springt wild um die rosa Angst und kläfft. Er soll weggehen.“

Mama schlug vor: „Ich finde, er kann bleiben. Versuch es und male ihn ebenfalls bunt an.“
Wieder begann Tom im Geiste zu pinseln. Schwanz und Ohren des Hundes färbte er lila, zwei Beine gelb und den Rest des Körpers leuchtend blau. Er rieb sich schläfrig die Augen und erzählte seiner Mama, wie freundlich der Hund nun hechelte, als wolle er spielen.

Mama sagte: „Stell dir vor, wie die Angst mit ihrem Hund davon spaziert, wie die beiden einen Weg entlang gehen und scheinbar immer kleiner werden.“
Plötzlich sagte sie: „Siehst du das auch? Die rosa Angst winkt dir von der Ferne zum Abschied zu.“

Doch das bekam Tom nicht mehr mit, weil er eingeschlummert war.

Anita Radipentz

Ich wünsche Euch von Herzen, dass Ihr der Angst davon hüpfen könnt – und, dass Ihr gesund bleibt!!!

9 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Wie schön, dass Du gerade diese Geschichte „ausgegraben“ hast, liebe Uta! Sie ist überraschend inspirierend für alle jungen Eltern, aber auch Großeltern, mit der Angst ihrer Kids kreativ tröstend umzugehen. Danke dafür! :-)))

  2. Ich hätte gar nicht genug Farbe um meine Angst anzumalen.
    Bei uns schießen die aktuellen Zahlen so sehr nach oben und die Krankenhäuser sind am Limit,bei uns können aktuell Stand heute,keine Its pflichtigen Patienten mehr aufgenommen werden.Wenn ich morgens aufstehe bräuchte ich eine riesengroße Farbenfabrik…
    Mein Immunsystem ist schrott,meine Lungenfunktion wird monatlich schlechter,ich hoffe die Tage meine Auffrischungsimpfung zu bekommen.Ich rechne fast täglich damit,das uns Covid ins Haus flattert.Und dann???
    Ich mag nicht darüber nachdenken.
    Es wird ein bitterböser Winter für uns alle werden.
    Uta,dir wünsche ich weiterhin ganz viel Kraft für deine Arbeit und pass gut auf dich auf.
    Liebe Grüße❤️

    • Liebe Petra,
      dass Dich und Deine Familie diese Pandemie ja im Besonderen betrifft, ist mir ja leider sehr bewusst. Ich denke da auch ganz oft an Euch und kann einfach nur hoffen, dass Ihr weiterhin so gut aufeinander aufpasst – das ist bestimmt der beste Schutz, neben dem „irgendwie positiv bleiben“.
      Deine beiden Männer werden ja mit Sicherheit stets Maske tragen – und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass dies wirklich ein guter Schutz ist: hatte letztes Jahr 1h engen Kontakt mit einem Patienten, von dem man noch nicht wusste, dass er positiv war – und war im Nachhinein heilefroh, dass ich die FFP2-Maske dauerhaft getragen habe und mich somit anscheinend gut gewappnet hatte.
      Nur das Beste für Euch!!!!!

      • Na klar tragen wir alle Maske und im Flur bei uns hängt ein Optispender gefüllt mit Virugard von Sterillium.
        Die Masken sind ja leider ein sehr schwieriges Thema,ich könnte draussen nur so ausflippen wenn ich unterwegs bin.
        Masken gehören richtig über die Nase mit angedrücktem Nasensteg und fest sollten sie auch sein.Und ja,sie helfen…
        Uta,an dich muß ich auch häufiger denken.Deine Arbeit,da ziehe ich den Hut vor,egal in welchem Bereich.Pass weiter gut auf dich auf,wir werden das schon schaffen,irgendwie.
        Da ich gerade so gar nicht hüpfen kann,mach ich das gleich mit geschlossenen Augen auf dem Sofa.
        Liebe Grüße 🤗

        • Na klar – eine Maske bringt auch nur etwas, wenn sie richtig getragen wird. Der erwähnte Patient, den ich behandelt hatte und der dann doch positiv war, hatte in dieser Zeit allerdings auch keine Maske korrekt auf seinem Gesicht – so dass man davon ausgehen kann, dass allein mein Mund-Nasen-Schutz mich vor einer Infektion bewahrt hat.
          Und klar – ich passe auf mich auf!!!!
          Unsere Gedanken sind beieinander – das wird uns auch helfen! Und hüpfen kann man auch super in Gedanken!

  3. Eine schöne Geschichte.
    Meine Hüpfer werden umsichtiger und damit vorsichtiger.
    Man wird einfach noch vorsichtiger im Alltag. Möglichs früh einkaufen und nicht so sehr im Hauptgedränge. Das Gedränge – wenn möglich – meiden.
    Aber wie das noch weiter geht – man darf garnicht daran denken.
    Umso mehr genießen wir unsere kleinen Rundewanderungen.
    Kaum Leute , Ruhe und die Natur.
    Bleibt alle gesund
    LG Irmtraut

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