Hüpfen lernen…

Vor kurzem hab ich mit meinen Kindern einen langen Schwimmbadtag gemacht – und während die beiden tauchten, plantschten, spritzten, rutschten und sich des Lebens freuten, lag ich zwischendurch immer mal auf meiner gemütlichen Liege, mit einem dicken Bus vor der Nase. Als ich dies mal sinken und meinen Blick über das Becken schweifen ließ, blieb dieser an einer Familie hängen. Ich konnte gar nicht anders – das war quasi Blog-Recherche – als dann länger zu beobachten, was diese da so machte.

Denn: der Sohn übte das Hüpfen…!!!

Die Mutter stand am Beckenrand, sprach ihrem Kleinen, der schlotternd vor Aufregung auf einem sicherlich gefühlt meterhohen Startblock stand und der Vater schwamm auf der Stelle im kühlen Nass mit einem rettenden Schwimmbrett vor sich, welches er dem Jungen sofort nach dem Eintauchen im Wasser in die Arme drücken wollte.

Der vielleicht 4jährige zögerte lange, guckte immer wieder in die scheinbar endlose Tiefe, dann wieder zu seiner Mama und zu seinem Papa, schüttelte ab und zu sein Köpfchen, wirkte dann wieder hart entschlossen, um dann Angst vor seinem eigenen Mut zu haben.

Ich kann es nicht anders sagen: ich setzte mich auf, hielt mit den Atem an, fieberte mit und murmelte in mein Handtuch: „Komm schon, kleiner Mann! Du kannst das…! Don´t forget to hüpf!“

Und als hätte er mich gehört, nahm der Junge plötzlich einen Schritt Anlauf, hielt sich mit einer Hand die Nase zu und sprang…

Lautes Jubeln brach los, die Eltern applaudierten und riefen „Bravo!!!“, der Kleine krabbelte glücklich strahlend aus dem Becken und ich freute mich total mit! Danach war kein Halten mehr – immer und immer wieder kletterte der stolze Junge auf den Block und hüpfte und hüpfte…

Ich finde – das ist wie im Leben: hüpfen hat ganz viel mit Mut zu tun! Man muss sich trauen, das sichere Terrain zu verlassen, den Sprung in den Abgrund wagen, das Gefühl des Fallens aushalten, diese Freiheit genießen lernen und dann dabei vielleicht auch erstmal untergehen, sich frei strampeln und mit der ganzen Gewissheit, etwas ganz Neues geschafft und einen entscheidenden Schritt gemacht zu haben, wieder aufzutauchen.

Gut, wenn man dabei Wegbegleiter hat, die einem gut zusprechen, einem verbal vielleicht einen kleinen Schubser geben und einen „in der Tiefe“ erwarten, um einen notfalls aufzufangen. Meistens merkt man dann: man hätte das auch ganz alleine hinbekommen – denn: hüpfen, das schafft man am besten mit sich selbst!

6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Uta,

    dank dieser Leute, die mich auffangen, habe ich vor nun fast 1,5Jahren den Absprung aus der toxischen Ehe geschafft. Ich bin so froh, dass es diese guten Menschen um mich herum gab und noch gibt. Einige haben wirklich geschafft mich zu schubsen, als ich zwar den Plan hatte zu gehen, der Mut aber noch nicht groß genug war. Viele haben mich hinterher aufgefangen. Teilweise waren es die gleichen Menschen. Ich habe in den letzten 1,5 Jahren mehr echte Freunde gefunden als in den ganzen 30 Jahren der Beziehung.

    Ich bin so froh, es geschafft zu haben. Es bleibt leider immer eine große Wunde in meinem Herzen zurück, weil ich meinen Sohn nicht mitgenommen habe. Als ich gegangen bin, war er noch 15. Er wollte bleiben. Ich hatte solche Angst vor einem Rosenkrieg und habe seinen Wunsch respektiert. Ich hoffe, dass sein Wunsch damals ehrlich war.

    Jetzt ist er 17 und macht nächstes Jahr Abi. Vor ein paar Wochen sprach er Mal von einer Idee, die er und sein bester Freund und seine beste Freundin hatten. Sie alle wissen noch nicht, was sie nach dem Abi machen sollen und haben gedacht, sich bei einer Fluggesellschaft zu bewerben und für einige Zeit als Flugbegleiter zu arbeiten. Mittlerweile scheinen die beiden anderen das nicht mehr wirklich zu wollen. Er aber scheinbar schon. Als ich ihn vorhin auf unsere wenigen und nur kurzen Kontakte ansprach, sagte er „nächstes Jahr ist eh alles anders. Dann habe ich Abi und mache das mit dem Flugbegleiter“ Das war für mich erstmal ein großer Schock. Aber vielleicht ist das sein Weg in die Freiheit zu hüpfen aus dem goldenen Käfig. Das wünsche ich im so sehr und trotzdem schmerzt es ganz schlimm, weil ich schon jetzt kaum Kontakt zu ihm habe. Trotz gemeinsamem Sorgerecht sehe ich ihn vielleicht 3h pro Woche. Hatte bisher keine Ferien, Feiertage und Wochenenden. Da kommt die geschickte Manipulation des Vaters zum Tragen. Mir tut das so weh, das kann ich kaum beschreiben. Aber soll ich auch noch an ihm ziehen? Nein – ich kann nur geduldig warten, dass er irgendwann in die Freiheit hüpft und ihm die offenen Arme hinhalten, die ihn auffangen. So schwer es auch ist. Frei nach Sting – If you love somebody set them free.

    Vielen Dank für deine immer inspirierenden Beiträge!
    Mach weiter so!

    Liebe Grüße aus Hüls, Anja

    PS: da ist ein Druckfehler im Text. Du hast statt eines Buches einen Bus vor dir, jedenfalls hast du das geschrieben😁. Jetzt konnte ich doch noch lachen. Ich habe mir das nämlich bildlich vorgestellt – ein Bus im Schwimmbad.

    • Liebe Anja,
      vielen Dank für Deinen Kommentar und Deinen Mut, Deine Geschichte zu erzählen. Viel mehr Mut hast Du bereits bewiesen, als Du aus dem „goldenen Käfig“ ausgebrochen bist, wie Du schreibst. Es gibt so vieles, was einen darin hält: die frühere Liebe, die man lange nicht aufgeben mag, obwohl sie schon lange vorbei ist – der Glaube, dass man etwas kaputt macht, was schon lange zerstört ist – das Gerede der anderen Menschen, die das überhaupt nichts angeht – die Familie, die die eigenen Gefühle vielleicht nicht versteht und zusätzlich Druck macht…

      Ganz schwer ist es eben, wenn Kinder involviert sind – man kann es in so einer Situation gar nicht richtig machen, finde ich. Wegen ihnen zusammen bleiben und todunglücklich sein, ist dabei die falscheste Alternative…
      Dass es Dir weh tut, wie wenig Du Deinen Sohn siehst und dass Du Dich ohnmächtig fühlst – ich kann das mehr als verstehen. Ich denke aber, dass Du Dich absolut wie eine MUTTER verhältst – im besten Sinne! Du hast nur sein Bestes im Sinn und stellst Dich hintenan! Das zeigt, wie sehr Du ihn liebst – und ich denke, er wird es Dir irgendwann danken.
      Liebe Anja – fühl Dich bitte ganz, ganz feste umarmt! Ich hoffe, Du findest hier immer mal ein wenig Trost, Unterstützung und ein Lächeln – und wenn es nur durch einen Freud´schen Fehler a la Buch = Bus kam…

      • Liebe Uta,

        vielen Dank für deinen tröstenden Worte. Dein Blog trifft für mich oft genau den Nerv. Hilft mit oft durch schwierige Situationen. Mach weiter so!

        Danke und ein schönes wenn auch aus gegebenem Anlass trauriges Osterfest. Eure Katze ist mit Sicherheit immer bei euch.

        Liebe Grüße, Anja

  2. Hallo Uta,
    ja die Angst. Manchmal warnt sie mich und sagt:“stopp, da stimmt was nicht.“ Manchmal hemmt sie mich einfach auf meinen Bauch zu hören und das zu tun was MIR gut tut. Unser ganzes Umfeld, Familie, Job, Freunde, Bekannte alle alle hängen irgendwie zusammen und hindern mich manchmal auch das zu tun was MIR gut tut. Das Geld, Rente, Miete, Nebenkosten usw auch das sind Bremsklötze die mich oft am Hüpfen hindern. So viele kleine und große Dinge, Menschen, Situationen ziehen und zerren an mir. Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft hemmen mich auch.
    Und dann ICH noch, oft schwankende Stimmungen, Hoch und Tiefs, Sorgen, Kopfkarussel, Altlasten, Zukunftssorgen usw. Ne ganze Menge wenn ich das so lese hindert mich oft am Hüpfen.
    Ahh die schlechten Nachrichten und die schlechte Stimmung in diesem Land, die braune Sch… die zunimmt usw.
    🤔
    Es sind die Kleinigkeiten die es immer wieder schaffen mich zum Hüpfen zu bringen, Sonnenuntergang, ein fesselndes Buch, der Brief einer Freundin, ein lachendes Kind, ein wunderschönes Foto, Sonne, Nebel, Schokolade und vieles mehr.
    Sorry jetzt bin ich ziemlich abgeschweift, aber mir war gerade danach.😂

    • Liebe Claudia,
      oh ja… es gibt so viele Dinge, die an einem zerren, einen festhalten, an den Boden drücken und einen am Hüpfen hindern! Manchmal muss man das gewähren lassen, manchmal wegschubsen, manchmal lächeln und ausweichen… das Wichtigste ist, dass man das Hüpfen nicht vergisst! Auch, wenn es eben mal Zeiten gibt, wo man es nicht kann…

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