Stolz auf SICH sein

Als ich vor kurzem mit meiner Mutter telefonierte, sagte sie gegen Ende des Gesprächs, dass sie sehr stolz auf ihre Kinder und Enkel wäre. Ich meinte dann, dass sie auch echt stolz auf sich selber sein könne…

Ihre Reaktion fand ich echt bemerkenswert und ich denke seitdem immer wieder darüber nach. Denn sie sagte im Brustton der Überzeugung: „Stolz auf sich selber sein? Das kann man doch gar nicht!“

Sie meinte das nicht auf sich persönlich gemünzt, sondern es war eine allgemeingültige Aussage. Meine Mutter ist also der festen Ansicht, dass es überhaupt nicht geht, auf sich selber stolz zu sein – das geht nur auf andere Menschen.

Zwar bin ich ganz sicher nicht jemand, der so von sich überzeugt ist, dass er ständig mit Stolz in der Brust an sich selbst denkt. Aber warum eigentlich nicht?

Der Gedanke, dass das sowieso nicht funktionieren könnte mit dem Eigen-Stolz, war mir jedenfalls so bewusst noch nie gekommen und er ist mir – auch nach drehen und wenden in den letzten Tagen – nach wie vor fremd. Ich habe allerdings darüber nachgedacht, ob diese Überzeugung wieder so eine Generations-Idee ist, die man uns allen mehr oder weniger mitgegeben hat und die in uns – auch ohne, dass man sie so ausgesprochen hat – seine Wurzeln getrieben hat.

In der Kriegs-Generation ging es zum größten Teil ums nackte Überleben: Egoismus, Selbstwertgefühl oder eben auch Stolz auf sich selber hatte da sicherlich wenig Raum. Und ganz sicher hat meine Mutter als Beispiel so eine Art, mit sich selber umzugehen und zu wachsen, nicht beigebracht bekommen – wie hätte sie da in ihrer wichtigen Lebenszeit selbst drauf kommen sollen, zumal die meisten um sie herum ähnlich geprägt waren?

Erst wir heute kommen ja mal darauf, auch die Seele sprechen zu lassen und uns selber wichtig zu nehmen. Vielleicht konnten unsere Eltern das wirklich nicht: Stolz für sich selber empfinden – ein echt trauriger Gedanke…

Denn ich finde: wir haben alle so viele Gründe, um stolz zu sein: nicht auf unsere Leistungen, auf Auszeichnungen, Preise oder unser Bankkonto.

Wir alle können stolz auf uns sein für jedes Lächeln, das wir schenken, für jede kleinste Freude, die wir jemandem (oder uns selber) machen, für jede Entscheidung, die wir treffen, für uns als Tochter, Sohn, Mutter, Vater, Schwester, Bruder, Tante, Onkel, Nachbar(in), Freund(in), weil wir anderen Menschen reichlich Liebe geben – und einfach, weil wir genau so sind, wie wir sind: mit Ecken, Kanten, Fehlern und vor allem mit 100% Richtigkeit!

Du bist toll – siehe es und sei stolz darauf!

31 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Uta! Ehrlich? Auf die Idee bin ich auch noch nie gekommen! Ich bin eigentlich nur stolz auf meinen Sohn, dass wir ihn hoffentlich gut auf seinen Weg gebracht haben. Also, schon ein klein bisschen Stolz

    • Neee, Elli… eben nicht!!!!!!! Du kannst stolz genauso gut auf DICH sein… nicht nur auf Dich als Mutter, weil Dein Sohn ganz sicher ein toller Mensch geworden ist – sondern weil Du eben auch einer bist!!!!

  2. Liebe Uta, ich habe tatsächlich auch noch nie mit meinen Eltern direkt darüber gesprochen jedoch weiß ich, dass mein Papa stolz auf seine Frau (also meine Mama) und auch sich ist. Er hat es mit seinem kleinen Fahrer-Lohn geschafft, das geerbte Haus absolut auf Stand zu bringen. Meiner Mama ist das immer unangenehm, wenn er das mal sagt…. Vielleicht ist sie da so ähnlich gestrickt, wie Deine Mama…..
    Und natürlich kann man auf die unterschiedlichsten Dinge stolz sein…. und das bin ich auch (und eben manchmal auch auf mich….).

    Liebe Grüße
    Ute

    • Liebe Ute,
      find ich toll, dass Du in Deinem Vater ein gutes Beispiel hast und es auch für Dich ein wenig übernehmen konntest. Ist doch echt schade, dass es viele Menschen – wie unsere Mütter – gibt, die den Stolz für sich so gar nicht annehmen können und es gleichsetzen mit Hochmut zum Beispiel. Dabei ist dies wirklich etwas komplett anderes, finde ich.

  3. Hallo Uta,
    Ja das mit dem Stolz auf sich selbst ist so eine Sache. Ich denke das stiller Stolz in vielen von uns wohnt..nur nach aussen tragen hat so was wie: stolzer Pfau..Eigenlob stinkt u.ä.
    Also recht negativ besetzt! Ich bin auf meine Kinder meinen Mann und auch auf mich stolz, das wir alles mit bescheidenen Mitteln geschafft haben..meine Kinder gut geraten sind..und meine Enkelkinder auch, was wiederum meine Kinder geleistet haben.
    Aber das ist mein stiller Stolz…laut ausgesprochen zu anderen hat das dann eine andere Dimension..siehe oben 😊
    Aber jetzt sag ich es laut: Ich bin stolz auf mich und mein Leben!!!!!😃😃

    • Und, Ulrike? Hat sich das so schlimm angefühlt, es laut auszusprechen? Eben: es wird immer mit Hochmut und schlechtem Egoismus gleichgesetzt – dabei ist es einfach berechtigt und wir haben allesamt zu wenig davon, finde ich. Es geht einfach mehr darum, sich selber für das zu achten, was man ist: anstatt immer nur Dinge zu finden, die man an sich selber nicht gut findet
      Sei bitte weiterhin stolz auf Dich – ob laut oder leise!

  4. Ich muß sagen, dass ich schon manchmal stolz auf mich bin. Z.b jetzt gerade, wo ich unsere Weihnachtsgestecke zaubere und auch im Frühjahr, wenn der Garten wieder toll ist. Garten ist zwar nicht allein mein Revier aber da sage ich oft, dass wir stolz auf unseren Garten sein können. Ich setze meinen Stolz zwar viel mit Freude gleich, weil ich mich freue, dass ich es so gut hingekriegt habe.

    • Sehr gut, liebe Ute!!!! Und dann sei nicht nur stolz auf den Garten, die Weihnachtsecke usw., sondern auf DICH, denn DICH hast Du mindestens genauso gut hingekriegt!!!! 🙂

        • Genau das meine ich, liebe Ute… warum ist das Übertreibung???? Warum kann man auf sich selber nicht genauso stolz sein, wie zum Beispiel auf seinen Garten? Weil wir das leider so gelernt haben: man darf sich selber nicht toll finden… das ist doch echt schade!

  5. Interessant, Uta. Auf Twitter gab es vor 1 1/2 Jahren mal kurz einen Hashtag #10dingedieichanmirmag und einigen, zum Beispiel mir, fiel es extrem schwer, da was zu schreiben. Sofort ging die Schere im Kopf los. Thematisch ist das da fast gleich mit „Stolz“ auf etwas an sich sein – vielleicht nicht ganz so ausgeprägt.
    Ich verlinke mal die Gedanken, die ich dazu gemacht habe, unten unter „Website“ …
    Grüße, Kai

    • Lieber Kai,
      ja, ich denke, es ist immer hilfreich, sich da – auf die verschiedenen Arten und Weisen und wie immer man das auch nennen möchte – Gedanken zu machen und sich so selber zu stärken. Dass dies nicht sonderlich einfach ist, zeigt auch Dein echt guter Artikel dazu… denn ständig kommt die „böse Stimme“ des Selbstzweifels angetrottet und erzählt einem, dass man eben doch nicht so toll ist… was aber einfach nicht stimmt!!!!!
      Perfekt ist langweilig – wir sind eben so super, weil wir es nicht sind… 🙂

  6. Liebe alle zusammen,
    mein neuer Lieblingsspruch ist:
    „Eigenlob stimmt!“
    Vor Jahren hat mir eine ältere Dame gesagt, dass „erst wenn man weiß, wie die Enkel ausgefallen sind, kann man beurteilen, ob man seine Kinder gut erzogen hat“.
    Enkel habe ich noch keine 😉
    Liebe Grüßle aus dem kalten Schwabenländle
    Inge W.

    • Liebe Inge,
      diesen Spruch habe ich letztens auch gehört und finde ihn klasse – werde ihn auch im heutigen Blog-Artikel verwenden. Danke fürs erinnern!!!!

  7. Ich bin auch eher ein stiller stolz-auf-sich-sein-Hüpfer, aber manchmal sage ich es inzwischen auch laut, weil ich finde, dass es Miriam dem Moment auch zu steht. Komisch fühlt es sich trotzdem immer noch an.

    • Ob laut oder leise: das ist im Prinzip fast egal… das Gefühl als solches ist echt wichtig, finde ich und wird von uns selber viel zu oft untersagt
      Und: es steht Dir absolut zu!!!!!

  8. Ich habe gerade einmal ’stolz‘ gegoogelt und bei Wikipedia, Wiktionary, … gelesen.
    Sehr interessant!!! Und genauso ambivalent, wie hier bereits beschrieben.

    Das, was du, Uta, meinst, im positiven Sinne, sollten wir bestimmt sein oder üben:
    Stolz [von mnd.: stolt = prächtig, stattlich] ist das Gefühl einer großen Zufriedenheit mit sich selbst oder anderen, einer Hochachtung seiner selbst – sei es der eigenen Person, sei es in ihrem Zusammenhang mit einem hoch geachteten bzw. verehrten „Ganzen“.

    In der katholischen Kircheallerdings ist es im Sinne von ‚Hochmut, Hoffart oder Überheblichkeit‘ die erste der 7 Hauptsünden.

    Daher ist es nicht weiter erstaunlich, dass die Gefühle zu diesem Adjektiv so unterschiedlich sind.

    Ich bin stolz auf mich. Darauf, meine beiden Töchter allein gut groß bekommen zu haben, sie sind ganz wundervoll geworden, darauf, von Freundinnen als treu, warmherzig, liebevoll beschrieben zu werden, auch im Beruf von dieser meiner Art viel an die Menschen, mit denen ich Kontakt habe, weiterzugeben, stolz, es geschafft zu haben, nicht abhängig von der Liebe einen einzigen anderen Menschens zu sein, …

    Demnächst frage ich mal meine Eltern, ob die stolz auf sich sind und auf was genau.

    Danke für diesen interessanten Nachdenk-Impuls, Uta!!!

  9. Ich bin gerade so etwas von Stolz auf mich selber!!!!
    So zu sein wie ich bin.
    Habe die Tage meine restlichen Verwandten abgehakt…
    Und ich bin so froh nicht so zu sein wie sie…
    Morgen werde ich voller Stolz und mit Tränen in den Augen meine Mutter beisetzen,sie hat mich zu dem Menschen gemacht der ich heute bin.
    Deshalb bin ich stolz auf sie und auch auf mich selbst.
    Danke euch allen und bis bald.
    LG Petra

    • Liebe Petra,
      wow… das klingt nach einer harten Zeit, die harte Entscheidungen nach sich gezogen haben: aber das Ergebnis ist gut!
      Natürlich nicht der Tod Deiner Mutter und Deine damit verbundene Trauer – aber diesen Stolz, den Du jetzt in Dir trägst, den kann Dir niemand mehr nehmen und das ist einfach gut!
      Ich denke heute ganz feste an Dich, Du tolle Frau

    • Du bist eine tolle, stolze Frau und darauf kannst du „stolz“ sein 😉.
      Weiterhin viel Kraft ich denke an dich.

      Liebste Grüße

  10. Ich finde es total spannend, mir selbst „auf die Schliche zu kommen“…. man verbringt so die Tage und Jahre mit sich und wenn man sich dann mal selbst beschreiben sollte, dann fällt es richtig schwer, diese Type da zu charakterisieren, – geschweige denn ein Loblied auf sich selbst zu singen und sich ein ehrliches Zeugnis auszustellen. Ich hab mal mit mir und danach mit meinen Töchtern ein Brainstorming-Spiel veranstaltet: „Was mag ich? und „was mag ich nicht?“ Ging bei Farben und Süßigkeiten los und zwischendurch so richtig in die Tiefe. Da kamen natürlich auch in der großen Stoffsammlung Selbstbeschreibungen drin vor, die wir uns gegenseitig sonst so nicht erzählt hätten – eben weil sie was mit diesem verpönten Eigenlob zu tun haben könnten. Hat total Spaß gemacht! – Ja, ich bin insgesamt auch richtig stolz auf mich selbst, so wie ich jetzt bin – möchte aber genauso beim Blick in den Spiegel über diesen „komischen Vogel mit den vielen verlorenen Federn“ lachen können und auch bereit sein, mich immer wieder Kritik zu stellen und zum Besseren zu mausern! Auch schon wieder was zum drauf stolz sein, oder ? 😉

  11. Liebe Uta,
    ja ein spannendes Thema mit dem Stolz! Ich habe auch kein Problem damit auf mich stolz zu sein, aber ich bin auch sehr gern dankbar auf vieles.
    Mich macht es immer wieder traurig, wenn ich sehe, wie die Kriegsgeneration so wenig die Dinge versteht, die unsere Generation gerade so viel beschäftigen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass es da ein Auseinanderdriften der Alten und der Jüngeren gibt. Auch dadurch, dass soviele sich mit ihren eigenen Themen aussöhnen und dadurch wachsen und die Älteren mit dieser inneren Transformation emotional nicht mehr mitkommen. Ela

    • Stimmt, liebe Ela… oftmals klafft da zwischen diesen beiden Generationen eine ganz gehörige Kluft – mehr wohl, als zwischen den früheren der Fall war. Vielleicht eben, weil wir uns heute endlich mit uns selbst auseinander setzen und die uralte Reihe der alten Themen nicht weiterführen wollen.
      Es macht mir aber auch Mut, dass es der weiteren Generation dadurch leichter fallen wird – so ist jedenfalls meine Hoffnung

  12. Liebe Uta, alle guten Dingen sind drei, irgendwie kommen die Kommentare nicht an.😟
    Ja, jetzt zum Thema: Stolz auf mich selbst zu sein, das habe ich nie gelernt, ebenso wenig wie Lob annehmen. Meine Eltern sind beide Kriegskinder, Jugendliche in der Nachkriegszeit- die mussten funktionieren, da war man sparsam im Umgang mit Streicheleinheiten, Lob und die Ansage du kannst stolz auf dich sein, gab es nicht. Bitte nicht falsch verstehen, ich bin meinen Eltern dankbar für alles was sie mir und meinen Brüdern mitgegeben haben. Langsam mit Anfang 50 habe ich gelernt stolz zu sein und Lob anzunehmen. Mit negativer Kritik kann ich immer noch besser umgehen. Aber ich finde es gut, dass du dieses Thema mal wieder in den Focus gestellt hast. Danke dafür 😊
    Liebe Grüße und gute Nacht
    Dagmar

    • Liebe Dagmar,
      blöd, dass die Technik Dir immer wieder einen Streich gespielt hat – wäre echt schade um Deinen tollen Kommentar gewesen.
      Ich verstehe das nicht falsch, was Du über Deine Eltern schreibst: die konnten nicht anders und haben – auf ihre Art und unter diesen schweren Bedingungen – ihr Bestes gegeben. Das siehst Du so – und das ist auch gut so. Trotzdem kann man sich ja anschauen, was diese Erziehung mit einem selber gemacht hat und es versuchen, besser zu machen – bzw. sich selber zu helfen! Und das tust Du – das ist klasse!

  13. Liebe Uta,

    warum sollte man nicht stolz auf etwas sein, was man geleistet hat? Uni-Abschluss, Marathon, eine langjährige glückliche und harmonische Partnerschaft – für diese Dinge habe ich mich angestrengt, und auf das Ergebnis bin ich stolz. Und zwar stolz in dem Sinne, dass ich mich (auch nach außen) freue und glücklich bin, etwas geschafft/geleistet zu haben, was nicht selbstverständlich ist. Nicht im Sinne von: Ätsch, ich bin besser/toller als andere. Zum Glück haben meine Eltern diese Art von „Stolz“ auch gefördert, indem sie mir immer ihr Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten sowie ihre Freude über Geleistetes gezeigt haben.

    Schwierigkeiten habe ich allerdings damit, wenn Leute stolz auf etwas sind, wofür sie nichts können, z.B. die Staatsangehörigkeit. Das ist ein Zufallsprodukt und nicht das Ergebnis einer eigenen Leistung . Stolz sein zu können muss man sich aus meiner Sicht „erarbeiten“. Und dann ist Stolz meiner Meinung nach auch vollkommen berechtigt.

    • Liebe Esther,
      doch, natürlich „darf“ man auch auf seine Leistungen stolz sein!!! So war das nicht gemeint… mir geht es allerdings um den tieferen Stolz, den man sich eben gar nicht so hart erarbeiten muss. Es geht dabei aber auch nicht um Nationalstolz oder ähnliches: es geht um den Stolz, dass man der Mensch ist, der man ist. Man kann es im Prinzip gleichsetzen mit Eigenliebe oder Selbstachtung. Ich versuche es heute im Blog nochmal näher zu beschreiben

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