Die Sache mit den Tränen

Bereits im letzten Artikel habe ich erzählt, dass mir das Weinen vor Menschen, denen ich nicht komplett vertraue, sehr schwer fällt. Auch wenn ich wahrlich keine Verfechterin davon bin, dass Tränen ein Zeichen von Schwäche sind – ganz im Gegenteil.

Sich gehen zu lassen, seinen Gefühlen, seinem Schmerz Ausdruck zu verleihen, ihn fließen zu lassen und sich nicht dafür zu schämen, nicht ständig über alles die Kontrolle zu haben – im Idealfall eben auch nicht über einen selbst – das ist heilsam und bringt uns viel näher an uns selbst.

Bei mir kommt erschwerend dazu, dass ich nicht nur das Lachen in meiner langen schweren Zeit verlernt hatte – das Weinen wurde sehr erfolgreich und sehr nachhaltig immer wieder unterdrückt. Und das wohl in einem Maße, dass ich heute zwar absolut Tränen vergieße – und das auch nicht gerade wenig. Aber es fühlt sich oft an wie ein kalter Quell, der sorgsam verschlossen ist – kratzt man an der Kruste, wird er anfangen zu sprudeln und niemals mehr versiegen. Ich denke, wenn man sich selber zu oft das Weinen verboten hat, um zu funktionieren, dann staut sich das auf. Insofern ist es manchmal so, dass keine Tränen mehr kommen – aber das Herz weint weiter.

Darüber habe ich auch mal ein Gedicht geschrieben – das stelle ich Euch im nächsten Blog vor.

16 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Aufgestaute Tränen – Uta, manchmal denke ich du schreibst nicht über deine sondern über meine Empfindungen ….. ja und auch wenn keine Tränen mehr kommen, das Herz weint weiter – das kommt mir so bekannt vor …..
    Und dann gibt es noch die Variante: Lachen um nicht weinen zu müssen ….. dann geht es auch wieder darum, dass ich nicht jedem zeigen will / kann / möchte, wie es tief in mir ausieht….
    Der Mensch und seine Gefühle …… das ist oft ganz schön kompliziert ……
    Liebe Grüße Annegret

  2. Lachen um nicht weinen zu müssen, das kenne ich gerade nur zu gut: Das habe ich zwei Tage nach dem letzten Hammer hier durchgehalten, nach dem Motte „Befreie mich mal jemand aus dieser schlechten Comedy-Show!“ Nur hat das vorgestern nicht mehr geklappt. Ich konnte mich in der Arbeit gerade noch aufs Klo retten. Da habe ich mich dann eingeschlossen und nur noch geheult…

    • Absolut verständlich, liebe Andrea – das kenne ich auch! Manchmal geht nur noch die Flucht nach vorne in den gezielten Zusammenbruch! Zuviel ist eben schlicht und ergreifend einfach Zuviel! Und gut, wenn Du das dann zu lässt – sich dagegen wehren, kostet nur noch mehr Kraft

    • Fühl dich lieb umamrt. Ich habe unten auch die weiteren Kommentare gelesen …. verstehe dich gut. Ich wünsche dir viel Kraft , liebevolle Menschen als Unterstützer an deiner Seite, die dir durch dieses Tal durch helfen.
      Alles Liebe für dich Andrea

  3. Liebe Uta,
    das Thema Traurigkeit und Freude ist ein großes. Es behandelt 2 von den 4 Grundemotionen des Menschen. Mir fällt dazu :“ Grundformen der Angst.“ von E. Fromm ein.
    Ein aktueller Bezug:
    Der verstorbene R. Aussauer hatte es drauf. Er hat auch bei einer Pressekonferenz vor 300 Menschen seinen Tränen freien Lauf gelassen.
    Ich kenne viele Frauen, die freimütig äüßern bei einem Buch oder Film geweint zu haben.
    Vllt ist der Fußball bei Männern dafür ein Stellvertreter; sie können ihren Emotionen freien Lauf lassen.
    Wenn wir es nicht schaffen, uns unseren tatsächlichen Gefühlen zu stellen, weil wir „einfach nur Durchkommen“ müssen, sind solche Ver-Schiebungen sicherlich hilfreich. Und auch super geeignet, um mal den Druck von irgendeinem alltäglichen Mist loszuwerden.
    Aber auf Dauer:“ Isch wäiß et ja nitt.“ Wie man hier in Köln sagt! Liebe Grüße Sabine

    • Wer es schafft, so zu seinen Gefühle zu stehen, dass er in aller Öffentlichkeit weint, der ist mir weit voraus. Finde ich sehr mutig und ich bewundere das. Auf Dauer ist es auf jeden Fall nicht gesund, seine Empfindungen zu unterdrücken – da gebe ich Dir absolut recht!

  4. Hab anscheinend gleichzeitig mit Andrea geantwortet…..Es tut weh, was du schreibst. Ich hoffe, du hast Unterstützung!

    • Hallo Sabine,
      ja, Unterstützung habe ich zum Glück, sogar ziemlich gute. Trotzdem läuft das Fass ab einem gewissen Punkt mal über – und den hatte ich gerade. Das Verhalten von einigen Menschen ist manchmal wirklich sowas von unglaublich und extrem schwer rational zu begreifen:
      Am Wochenende hat sich das ganze Lügenpuzzle der vergangenen eineinhalb Jahre aufgelöst und so gut wie alle meine bis dato nur Vermutungen bestätigt. Aber das Mieseste ist, dass mein Ex meint, die Kinder trotz aller Offensichtlichkeit aktiv weiter belügen zu müssen. Es ist nur schwer nachzuvollziehen, wie er der Meinung ist, dass ihm überhaupt irgendwer abkauft, dass er in dem nun frisch angemieteten Reihenhaus mit einer Frau und deren zwei Kindern, die in den nächsten Monaten aus 150 km Entfernung extra hierher ziehen, in einer „WG“ leben wird…

      • Klingt nach einer richtig großen Enttäuschung und Verletzung, liebe Andrea! Tut mir sehr, sehr leid – ich würde Dir raten (wenn Du das überhaupt willst, sonst lies einfach nicht weiter): geh durch die tiefen Täler der Trauer, des Schmerzes, der Wut und der Verzweiflung… die Täler sind sowieso da! Aber Du kannst sie hinter Dir lassen, wenn Du sie durchquerst
        Von Herzen alles Liebe für Dich!

  5. Ich habe gestern Abend Rotz und Wasser geheult. Im WDR Fernsehen lief bei Menschen Hautnah ein Film, über zwei junge Paare, die wußten, dass ihre Kinder todkrank sind und nach der Geburt versterben würden. Bei mir kam da alles wieder hoch, denn so ähnlich erging es uns auch vor gut einem Jahr. Und heute morgen war meine Nachbarin bei mir und ich habe die ganze Zeit nur geweint. Irgendwann sagte sie: Dass gute an der Trauer ist, das sie einen weit macht…

    Viele Grüße an euch alle

    • Liebe Ute,
      was für ein weiser und schöner Satz von Deiner Nachbarin! Und wie GUT, dass Du so trauern, weinen und Dir Halt suchen kannst!
      Fühl Dich ganz feste umarmt

Schreibe einen Kommentar zu Annegret Antworten abbrechen

Pflichtfelder sind mit * markiert.