Noch mal zum Thema Angst

Im letzten Artikel hatte ich Euch ja bereits von meiner wachsenden Angst in Bezug aufs Autofahren, speziell auf Autobahnen, mit der sehr unschönen Begleiterscheinung Panikattacke berichtet. Da es viele Reaktionen darauf gab und ich es grundsätzlich auch für ein wichtiges Thema halte, möchte ich es heute noch ein wenig vertiefen.

Grundsätzlich ist es ja mit der Angst so eine Sache – hat sie sich einmal an einem festgebissen, dann wird man sie auch mit großen Hüpfern, Schütteln und Abstreif-Versuchen nicht mehr so wirklich los. Und das (Un-)Schöne daran ist, dass sich die Angst immer mehr und auf andere Nebengebiete ausweitet – so sind es bei mir jetzt zum Beispiel auch Situationen, bei denen ich unser Wohnmobil Walter steuere und ich wachsende Bedenken auf Landstraßen bekomme, weil in meiner Vorstellung die Fahrbahn viel zu eng ist und ich bestimmt zumindest mit etwas breiteren entgegenkommenden Fahrzeugen kollidieren werde oder auch schnelles Fahrrad fahren an einer auch mit Autos befahrenen Straße, weil ich irgendwann mal den Gedanken hatte, was passieren würde, wenn ich hinfalle, mit dem Kopf auf dem Asphalt lande und dann ein Auto kommt.

Ihr merkt es schon – das ist ganz schön lähmend, buchstäblich und man kann noch so sehr versuchen, etwas anderes zu denken oder sich selber zu sagen „Was für ein Quatsch! Ist Dir schließlich noch nie passiert – mach Dich mal locker!“ – bringt herzlich wenig!

Und was auch sehr häufig und zwangsläufig passiert: man entwickelt eine Angst vor der Angst! Man möchte ja diesem Anspannungsgefühl gerne aus dem Weg gehen und vor allem keine neue Panikattacke erleben – denn das wünsche ich keinem, ist ein ganz schreckliches Erlebnis! Und so kommt man gut und gerne in eine Art Teufelskreis, indem man sich schon vorab Gedanken darüber macht, dass man bestimmt gleich wieder Angst haben wird…

Inzwischen habe ich auch so einiges über das Thema gelesen und mich darin häufiger wiedererkannt – was auf der einen Seite beruhigend, auf der anderen wiederum eher beängstigend war: Angst ist grundsätzlich kein schlechtes Gefühl, es ist sogar nützlich, dient als natürlicher Schutzmechanismus, der uns in gefährlichen Situationen warnt. Wenn die Angst jedoch zum Selbstläufer wird und vermehrt auftritt, ohne dass es einen realen Anlass dafür gibt, liegt eine Angststörung vor. Die Angst steht dann in keinem angemessenen Verhältnis zur tatsächlichen Bedrohung. Dennoch erlebt man die Symptome des Gefühls psychisch und körperlich sehr intensiv. Und es ist quasi irrelevant, dass man erkennt, dass das Herzrasen, das Zittern, die Übelkeit, die Anspannung und Panik unangemessen oder unbegründet sind, in dem Moment kann man es nicht ausschalten oder kontrollieren. 

Die Angsterlebnisse treten dann immer wieder auf – unabhängig von konkreten Auslösern oder in bestimmten Situationen oder an bestimmten Orten. Menschen mit Angststörungen versuchen dann zumeist, diese angstauslösenden Situationen oder Orte zu meiden.

Wie genau Angststörungen entstehen, ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass verschiedene Faktoren dabei zusammenspielen. Zu den möglichen Entstehungsfaktoren von Angststörungen gehören zum Beispiel:

  • Einschneidende persönliche Lebensereignisse in der Vergangenheit 
  • Stress und Belastungen im Zusammenleben oder Zusammenarbeiten mit anderen Menschen
  • Falsch erlernte und verinnerlichte Verhaltensweisen 
  • Körperliche Faktoren wie etwa ein Ungleichgewicht bestimmter Botenstoffe im Gehirn
  • Bestimmte Erbanlagen (Gene) (Stiftung Gesundheitswissen)

Es gibt verschiedene Arten von Angststörungen. Zu den häufigsten gehören die Panikstörung, die soziale und die generalisierte Angststörung, Phobien und Trennungsangst. Und wichtige und erstaunliche Info: eine Angststörung ist in Europa die häufigste psychische Erkrankung, Depression kommt erst an zweiter Stelle.

Mittlerweile weiß man auch, dass Angst nicht nur „Kopfsache“ ist, sondern sich auf den gesamten Körper auswirken kann, dass man Angst oft „nicht einfach weg atmen“ kann, denn richtiges Atmen hat zwar einen positiven Effekt auf unser Nervensystem, aber das nur langfristig und nicht so sehr im akuten Zustand und dass Angststörungen leider oftmals nicht von selber wieder verschwinden.

Was auch auf jeden Fall nicht hilfreich ist, die entsprechende Angst-auslösende Situation oder den Unwohlsein-verursachenden Ort zu vermeiden: Es scheint eine natürliche Reaktion zu sein, jeden Reiz zu vermeiden, die Angst erzeugt, denn das führt zunächst zu einem Gefühl der Erleichterung. Der Haken dabei ist jedoch, dass diese Strategie die Situation auf lange Sicht nur verschlimmern wird, indem sie die Angst aufrechterhält und das Leben einschränkt. Die Angstzentren können keine korrigierenden Erfahrungen machen, dass eine Situation/ein Ort doch ungefährlich ist. Um die Panik dauerhaft zu reduzieren, ist es wichtig, sich den Ängsten bewusst zu stellen und sich den auslösenden Situationen schrittweise auszusetzen – wie bei einer Konfrontationstherapie. Klingt genauso anstrengend, wie es mit Sicherheit auch ist. Unter Umständen kann es da helfen, sich Unterstützung bei einem entsprechenden Arzt/in zu holen – eventuell können auch geeignete Arzneimittel helfen, sich der Angst stellen zu können.

Und auch hier gilt – wie in so manch anderem Lebensumstand – Stress reduzieren, mehr Entspannung in sein Leben holen, körperlichen Ausgleich durch Sport suchen, Schlafhygiene zu betreiben – oder was habt Ihr noch für Tipps?

8 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ich hatte solche Panik manchmal, wenn wir im Schwarzwald auf engen Straßen bergabwärts gefahren sind. Auch, wenn ich dort alleine im Auto unterwegs war.
    Eine Heilpraktikerin hat mir empfohlen, dann auf den Solarplexus zu trommeln, ähnlich wie manche Affen das tun, um zu zeigen, dass sie „die Helden“ sind.
    Egal, weshalb – ob es dieses Trommeln war oder nur der Glaube, dass es helfen wird…
    Es HAT mir geholfen.
    Ausprobieren schadet bestimmt nicht.
    Alles Gute für Euch alle

    • Liebe Inge, das ist ja echt ein interessanter Tipp, das werde ich mal ausprobieren. Fühlt sich zumindest gut und interessant an, wenn ich auf meinen Solarplexus klopfe. Danke und liebe Grüße.

    • Liebe Inge,
      vielen Dank für diesen wertvollen Tipp. Das Trommeln kennen ich tatsächlich in einem anderen Zusammenhang – wäre ja wunderbar, wenn es auch gegen Ängste Wirkung zeigen würde. ich werde es auf jeden Fall ausprobieren

  2. ja, diese Autobahn Angst hatte ich auch ganz doll, lag aber an meiner Unerfahrenheit.
    Nachdem ich jeden Tag Autofahren musste, und dann auch oft 600 km Autobahn fuhr, legte sich diese Angst.
    Das war dann unbewusst Konfrontationskurs…
    wusste damals aber gar nicht, was das war 😃

    Auch hatte ich sehr grosse Tunnel Angst, so in meinen 40igern….
    Auch da habe ich unbewusst genau das richtige getan, nämlich durch die Tunnels selbst fahren, war schwer, hat aber geklappt… heute fahre ich durch den Elbtunnel o. ä. ohne Probleme.
    Mit dem Radfahren hatte ich auch oft so doofe Gedanken.. wie du auch😞
    Ich hoffe für Dich, das es besser wird und die Angst dich nicht extrem vom Leben trennt… dann wird es Zeit, Hilfe zu suchen.
    Ganz herzliche Grüsse…..

    • Find ich großartig, wie Du Deine Ängste angegangen bist, liebe Ulrike – sehr mutig, tapfer und entschlossen! Und es ist toll, dass Du Dich damit daraus befreien konntest!

  3. Mir geht es ja Fahrstuhlfahren so. Ich weiß nicht warum, nie etwas passiert. Allerdings istcdas etwas besser geworden. Als wir im Bahrain waren, haben uns unsere Freunde mit auf den Saudi tower genommen. 79.m glasfahrstuhl🙈. Katastrophe. Ich habe gesagt, stellt euch bitte vor mich. Oben angekommen hatte das Restaurant schräge Fenster, wo man auch drauf stehen konnte. Aber wie immer, war mein Gedanke, wenn ich da stehe, brechen die ein. 😅 Es war ein fantastischer Blick und die Fenster haben gehalten. Seitdem ist es nicht mehr ganz so schlimm.

    Sann irgendwo, wo Gittertreppen sind, habe ich feuchte Hände.

    • Oh ja, die Höhenangst – die kenne ich auch mittlerweile, liebe Ute. In meiner Heimat gibt es einen Aussichtsturm, den man über solche Gittertreppen erklimmen muss – wwar früher überhaupt kein Problem für mich. Heute lasse ich es entweder – oder absolviere das Ding mit sehr zittrigen Knien.

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