Eitelkeit und ihre Nachteile

Nachdem ich ja beim letzten Mal die Eitelkeit quasi gelobt und mehr für unser Leben angepriesen habe, möchte ich heute auf einen Aspekt eingehen, der mir in letzter Zeit immer mehr auffällt und den ich ziemlich bescheuert finde.

Er hat ganz viel mit einer Eitelkeit zu tun, die einfach nur oberflächlich und in meinen Augen auch verlogen und feige ist. Er geht völlig in die falsche Richtung – nämlich komplett von uns selber weg.

Klar – wir alle haben schonmal bei unserem Aussehen getrickst: sei es in der Teenagerzeit, wo man mit Socken im BH ein wenig an der Uhr zum Erwachsen sein drehen wollte. Oder jede Form von Make up, die man morgens auflegt, damit die Augen ausdrucksvoller und die Pickel unscheinbarer wirken. Und mittlerweile gehört es ja schon zur Normalität, dass man bei seinen geposteten Fotos mit einem Weichzeichner zumindest ein bisschen nachhilft, damit das Gesicht nicht ganz so alt aussieht, wie man sich manchmal fühlt.

Doch die vielen Apps, die es mittlerweile gibt, um ein ganz anderes Bild von sich selber in die Öffentlichkeit zu geben, die finde ich echt erschreckend. Zum Beispiel Facetune – ich hab mir das nur zur Recherchegründen mal kurz runtergeladen, weil ich dafür Werbung bekommen hatte. Schon alleine der Untertitel lässt einiges erahnen: Beauty & Retusche App…

Und die Beschreibung ist einfach nur gruselig:

„Träumen Sie manchmal davon, dass jedes Selfie von Ihnen ab sofort einfach überwältigend aussehen würde? Mit Facetune wird Ihnen das gelingen. Erstellen Sie jederzeit das perfekte Selfie! Perfektionieren Sie Ihr Aussehen: Hellen Sie Zähne auf, entfernen Sie Unreinheiten, glätten Sie Haut, verschmälern Sie Gesichter, … und das ist längst nicht alles! Ihre Freunde und Follower werden sich wundern, warum Sie auf jedem Foto so unfassbar gut aussehen – und um Ihr Geheimnis betteln!“

Sorry – aber bin ich die Einzige, die das ziemlich krank findet? Da bastel ich mir mit einer netten Technologie das Aussehen, das ich gerne hätte – ich erstelle mir ein Barbie-Lächeln, eine 90-60-90-Figur und eine volle Haarpracht, entferne mir alle Falten und spiele mal ein bisschen Schönheits-Chirurg – ganz unblutig, aber eben nicht dauerhaft? Und gehe dann abends ins Badezimmer und breche dann vorm Spiegel zusammen, weil mich da doch „bloß“ mein unzugängliches Ich anschaut?

Welche Botschaft soll das bitte vermitteln? Das wir eben NICHT perfekt sind, dass wir Beulen, Mitesser, vielleicht erste graue Haare und nicht mehr ganz so straffe Haut, Brüste und Bäuche haben?

JA UND?!?

Ohne meine Krähenfüße um die Augen wüsste ich doch gar nicht mehr, wie oft ich schon Tränen gelacht habe – ohne meine Falten am Bauch könnte ich nicht an mir ablesen, dass ich bereits zwei Kindern das Leben geschenkt habe – ohne meine Zornesfalten wäre ich nicht mehr das Energiebündel Uta, die eben auch mal aus der Haut fährt – ohne meine Runzeln, Schatten, Kratzer, Narben und Furchen hätte ich doch gar nicht gelebt!!!!

Unperfekt zu sein, das macht uns doch erst einzigartig!

Insofern – das bin ich… und man beachte bitte jede Falte, jeden Fleck auf der „reinen Weste“ und jede Hüpf-Spur… ich bin stolz drauf!

16 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Uta, ich persönlich finde das auch nicht toll. Ich sage immer, ich stehe auch zu meinem Alter. Und ich mag auch Leute, die viele Falten haben und dazu stehen. Keiner kann dich malen und jede Falte hat ihre gute Seite. Weiterhin auf deinem Weg alles Gute.

  2. Liebe Uta, Du kannst noch gar nicht mitreden, Du Küken! Falten etc hin oder her, ich hab genug davon und würde sie gern „verkaufen“ ( will aber keiner) nicht mal geschenkt. Also muss ich sie behalten, so what! Mir ist aufgefallen, wenn ich gut drauf bin sehe ich das nicht so kritisch, geht es mir mal nicht so gut, schwupp sind alle Makel besonders sichtbar. Darum mein Motto, ich habe gelacht, gelebt und auch mal Piccolöchen etc. Zigarettchen , es hat mir Spaß gemacht, lache weiter, behalte meine Begleiter ….. das Leben ist ok, so lange man positiv denkt und im Herzen jung bleibt! Auf Juist bin ich immer noch in der Pupertät, Mädels denkt nicht über so kleine Macken nach! Drück Dich❤️💋

    • Küken hin oder her – alles eine Frage der Perspektive, oder???? Und natürlich habe auch ich meine ersten tiefen Falten, das kommt auch in meinem Alter schon und man blickt manchmal etwas wehmütig auf 20jährige… wobei ich mit ihnen nicht tauschen möchte: mit niemandem… denn mittlerweile find ich mich so, wie ich bin, echt okay… mit allem, was dabei eben auch nicht jung und schön ist! 🙂

  3. Dazu kann ich nur sagen: krank, krank, krank!!!! Vor lauter vermeintlicher „Selbstoptimierung“ vergessen solche bedauerlichen Menschen, was es bedeutet, wirklich mit Leib und Seele zu leben!

    • Sind aber leider ganz schön viele, die sich davon blenden lassen – besonders besorgniserregend find ich das für ganz junge Menschen, die es noch nicht besser wissen (können)…

      • Stimmt leider, viele junge Menschen sind verunsichert und streben nach Idealen, die sie niemals glücklich machen können (siehe oben). Ich denke, sie haben noch nicht zu sich selbst finden können, weil ihnen nie liebevoll vorgelebt wurde, sich selbst voll und ganz zu akzeptieren und zu lieben, frei und selbstbewusst, wie es einem reiferen Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen viel leichter gelingt.

  4. So eine ausgewachsene, reife, süße Frucht am Baum ist doch unübertrefflich – hat so viel Saft in sich gesammelt – hat Wind und Wetter getrotzt und ist nicht abgebrochen vom Ast – auch wenn die Haut schrumpelt – ein Genuss ! 🙂 🙂 🙂 schööönes Wochenende für Euch alle!

  5. P.S.: der Schriftsteller TAHAR BEN JELLOUN (den ich sehr mag), schreibt zum Thema : „Jedes Menschengesicht ist ein Wunder. Es ist einzigartig. Was bedeutet schon Schönheit und Hässlichkeit. Jedes Gesicht ist ein Symbol für das Leben.“ – – – Gestern erst habe ich sein Buch „Yemma – Meine Mutter, mein Kind“ fertig gelesen. Kann ich wirklich empfehlen. So schön! Ist eine Hymne an seine Mutter, eigentlich an alle Mütter, – ans älter und alt Werden und an das Leben an sich in seiner ganzen prallen Fülle.

  6. liebe Uta,
    ich habe dich erstmalig gestern im TV gesehen und mich sofort in die Insel JUIST und in deine lockere Berichterstattung verliebt. Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen und ernsthaft darüber nachgedacht, nach fast 40 Jahren, die ich von daheim in Bremen weg bin, wieder zurückzuziehen in meine alte Heimat mit Wellen, Wind und Meer. Es hat mich eine Sehnsucht befallen, die mich nicht mehr loslässt. Ich bin leidenschaftliche Reiterin mit eigenem Pferd und Kutsche fahren kann ich auch. Mit meinem Pferd bin ich schon von Dunen nach Neuwerk geritten übers Watt und durch die Priele. Ein überwältigendes Gefühl. Entschleunigung in einer Zeit, in der es immer weiter, höher, schneller gehen muss, fühlt sich so gut an. Ich halte dem Druck manchmal nicht mehr stand und will einfach nur weg. Zusammen mit meinem Pferd, den 2 Katzen, 2 Hasen und 2 TW-Ziegen. Aber findet man auf Juist noch einen alten Resthof zum Kaufen für meine Tiere und ein kleines Malatelier ?Könnte man noch eine Arbeit finden? An wen könnte, müsste man sich wenden?
    Liebe Uta, Du kennst dich aus auf Juist. Vielleicht hast Du ein paar Tipps für mich. Vielleicht komme ich auch einfach mal vorbei und mache ein paar Tage Urlaub auf dieser besonderen Insel. Bis dahin grüße ich herzlich aus Unterfranken, Ulrike

    • Liebe Ulrike,
      vielen Dank für Deinen Kommentar – freut mich, dass Dir der Bericht so gut gefallen hat und er so tiefe Emotionen bei Dir wecken konnte.
      Ich fürchte, dass Juist schwierig wird – ganz besonders einen passenden Wohnraum zu finden, der einigermaßen erschwinglich ist und dazu noch so viel Platz für alle Deine Tiere bietet.
      Ich bin ja seit 2 Jahren weg von der Insel. Vielleicht findest Du ja aber Deinen Ort – es muss ja nicht Juist sein… gibt doch noch einige andere tolle Plätze, die Deinen Traum wahr machen könnten! Ich wünsche Dir viel Spaß und Kraft beim Weiterhüpfen!!!!

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