Achtsamkeit – und was ich damit meine…

Die Definition von Achtsamkeit klingt zunächst staubtrocken:

„Achtsamkeit kann als Form der Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit einem besonderen Wahrnehmungs- und Bewusstseins­zustand verstanden werden, als spezielle Persönlichkeitseigenschaft sowie als Methode zur Verminderung von Leiden.“ (Wikipedia)

Daneben klingt es für mich ähnlich wie das leidige Thema „loslassen“ ein wenig ausgelutscht. Um ein bisschen die Klischeekiste zu lupfen und ohne jemandem zu nahe treten zu wollen: es verströmt den Charme von abgestandenem Maté-Tee, billigen Räucherstäbchen und Betroffenheit. Vielleicht ist auch schon zu oft die Rede davon gewesen – man kann es nicht mehr hören und sich nicht richtig damit identifizieren.

Eine schönere und sinngebende Begrifflichkeit findet man in der englischen Übersetzung: Achtsamkeit heißt dort: Mindfulness

Und das spricht mich wesentlich mehr an: mit vollem Verstand und Bewusstsein durchs Leben gehen. Das bedeutet für mich nicht, dass es das Herz oder die Seele nicht betrifft: ganz im Gegenteil! Indem man alles mit einbezieht – seine Erfahrungen, Erinnerungen, Erkenntnisse, Wünsche, Gedanken, Gefühle, Vorstellungen, Erwartungen – und diese separat von der Außenwelt betrachtet, also bedenkt, dass der Gegenüber genau dies auch hat (allerdings oft ganz anders als man selbst), ist man für meine Begriffe achtsam.

Achtsamkeit in meinem Sinne bezieht sich zunächst auf mich selber: wie sehe ich mich, wie kann ich mir selber nah sein, wie begegne ich meinen Ängsten und wie kann ich mir immer mal wieder verzeihen?

Praktizierte Selbstliebe spiegelt automatisch auf das Außen und strahlt viel mehr in das Innere meines Gegenübers als jede hilfreiche Geste. Ich erlebe das auch in meiner Ausbildung immer wieder: wenn ich bei mir bin und das auch nach außen gebe, kann ich den Patienten eine viel größere Stütze sein – und das ohne großes weiteres Zutun.

Im nächsten Artikel erzähle ich Euch, welches Beispiel ich hierfür immer meinen Kindern erzähle.

Bis dahin: eine kleine Achtsamkeit von mir für Euch:

🙂

8 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Das kann ich gut unterschreiben liebe Uta! Deine Definition von Achsamkeit als „mit vollem Verstand und Bewusstsein durchs Leben zu gehen“ passt für mich gut!
    Praktizierte Selbstliebe – da steht in der Bibel ein schöner Vers:
    „Du sollst deinen Nächsten lieben WIE DICH SELBST“ (Mark 12,31)
    Das finde ich eine mehr als interessanten Vers, denn für mich folgt daraus: wenn ich mich selber nicht liebe, dann kann ich andere (meine Nächsten) doch gar nicht lieben, oder?
    Darum finde ich es wichtig, dass man mit sich selber liebevoll umgeht oder wie du es ausdrückst: praktizierte Selbstliebe!
    Spannend!
    Ich bin auf deinen nächsten Artikel gespannt!
    Liebe Grüße Annegret

    • Das sehe ich auch so, liebe Annegret – man muss sich selber lieben, sonst kann man auch bei seinem Mitmenschen nicht tief fühlen. Manchmal ist einem das von vorneherein, durch Erziehung oder Erfahrungen abhanden gekommen – aber man kann es durchaus lernen, sich zu lieben und achtsam mit sich zu sein.

      • Ja man kann das lernen, aber das ist bisweilen (je nach Erziehung und Prägung) ein manchmal langer Prozess. Ich arbeite dran 😉

  2. Ich denke bei dem Wort ACHTSAMKEIT an das schöne Gleichnis aus dem Zen-Buddhismus…. in dem ein alter Zen-Meister von seinen Schülern gefragt wird, was er denn macht, um glücklich zu sein. Und er antwortet mit dem einfachen Satz: “TUE, WAS DU TUST”. Vollkommen und ganz im jeweiligen Moment zu sein und konzentriert jede noch so kleine Handreichung auszuführen, das ist in unserer schnellen, leistungsorientierten Multitasking-Zeit verdammt schwer, finde ich. Aber eben auch sehr kraftspendend und heilsam.

    • Ja, das ist oft das, was mit Achtsamkeit in Verbindung gebracht wird – ist nicht so mein Ansatz… liegt aber vielleicht auch daran, dass ich das, was Du beschreibst echt nicht gut kann… 🙂

      • Ich kann es ja leider auch nicht… 🙁 Aber ich weiß von den drei bis elf Versuchen, die ich immer wieder starte, dass da echt was dran und drin ist. Eben nicht nur schnell, schnell alles wegarbeiten und von einer Idee zur anderen hüpfen….. lieber mal ruhig bei einem Gedanken bleiben und in die Tiefe denken. Nicht immer viel und groß und mehr, sondern lieber mal wenig und schlicht und dafür ruhig, langsam und mit Genuss. 🙂 Geschirrspülen und die Sachen im Schrank einsortieren zum Beispiel kann so richtig Spaß machen, habe ich gemerkt. Oder jetzt hier so rumdenken, an nette Menschen ( Euch alle 🙂 schreiben und träumen. Nur das und nichts anderes. Schön!

        • Ja, es klingt echt gut…. vielleicht bekomme ich das ja ansatzweise auch mal irgendwann hin… ist sicherlich so, dass so eine Uta-Damp-in-allen-Gassen das ganz schwer hinbekommt und sehr üben muss… 🙂

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