Kind bleiben

Ich habe letztens dieses schöne Kompliment gelesen: „Selbst wenn Du peinliche Dinge tust, siehst Du dabei großartig aus!“

Wobei sich natürlich die Frage stellt: was sind eigentlich peinliche Dinge? Wenn man als erwachsene Frau auf einer Schaukel sitzt und dem Himmel mit Schwung immer näher kommt? Wenn man als Mann im Kino bei einem traurigen Film weinen muss? Wenn man schneller als seine Kinder in jede Pfütze, in sämtliche Laubhaufen und Schneeberge hüpft? Wenn man also Dinge tut, die Spaß machen? Die aber eher der Kinderwelt angehören?

In so manchen Augen ist dies wohl leider so – als ich am Sonntag auf der Messe war, habe ich auch so eine Begegnung gehabt. Ich stand mit meiner Freundin an einem Stand und hab über eine Aussage von ihr laut losgelacht – so richtig losgeprustet und mich dabei halb umgedreht, weil ich jemanden vorbei lassen wollte. Besagte Frau, der ich da also quasi ins Gesicht gelacht habe, hat mich angeschaut, als wäre ich ein schleimiges, widerliches Insekt. Mit regelrecht nonverbal gebrülltem Vorwurf, wie ich es wagen könnte, mich so gehen zu lassen und aufzuführen, hat sie sich genervt an mir vorbeigeschoben und mich – zwar immer noch lachend, aber recht verdattert – zurück gelassen.

Es ist doch total schade, wenn man als „großer“ Mensch den Spaß verlernt – wenn die Erfahrungen, die man mit den Jahren macht und im Gehirn sammelt, das Kind in einem immer weiter zurück schubsen – in den dunklen Hintergrund (zumal man doch genau weiß, dass Kinder in der Dunkelheit Angst haben und sich dann verkriechen).

Umso schöner und toller fand ich da dieses Foto – wieder eins, in das ich mich auf Anhieb verliebt habe:

Diese Selbstverständlichkeit, mit der dieser ältere indische Mann diese Seifenblase in seine Welt pustet, berührt mich total.

Lasst uns das Kind in uns wieder hervorkramen – lasst uns herrlich „peinlich“ sein (denn im Prinzip gibt es das gar nicht…) und lasst uns HÜPFEN!

16 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Mein Kind ist nicht weg,das hab ich noch nie gehabt.
    Das mir so etwas peinlich wäre.
    Ich stehe auf dem Standpunkt,ich bin wie ich bin und das ist gut so.
    Ansonsten würde ich mich selbst belügen…
    Was glaubst du,wie oft mir solche Situationen wie bei dir passieren.
    Und diese Gesichtsausdrücke von meinen Mitmenschen.
    Ich sage dann oft,na,zum Lachen in den Keller.
    Schade,das viele Erwachsenen das verlernt haben.
    Es gibt doch nichts schöneres als Bauklötze zu staunen,sich zu freuen,auch Lauthals und Dinge zu machen die einem gefallen.
    Das Bild ist wirklich klasse.
    LG 🙂

    • Ja, sehe ich genauso… wie sagte meine Tochter mal so schön: „Mama, die Alberne in unserer Familie, bist Du!“ und ich habe das als totales Kompliment verstanden.
      Echt schade, wenn man es verlernt hat, Spaß zu haben…

  2. „Kinder lachen 400-mal am Tag. Erwachsene nur 15-mal. In den fünfziger Jahren lachten die Leute insgesamt noch täglich 18 Minuten lang. Heute sechs. (…)“
    Quelle: http://www.zeit.de/2011/17/Lachforschung

    Ich denke, das beantwortet eventuell offene Fragen. 🙂
    Und jetzt hüpfe ich lachend (oder manchmal auch pfeifend) durch den Gang – dafür kennt und mag man mich. Geht doch!

    Dir, Uta, alles Liebe von einem bis dato stillen Mitleser, der Dich liest, seit er sich vor einigen Jahren verliebt hat – in diesen unsagbar schönen Sandkasten, der Dir irgendwann von hinten auf die Schulter klopft, merkt, dass Du jemand anderes geworden bist – und es Dich einfach sein laesst. Dann lacht ihr euch gegenseitig an, die Duenen des Sandkastens helfen Dir wieder frei und unbeschwingt hoch zu huepfen und beim Landen mit den nackten Füßen im Sand siehst Du Deine Seele entspannt und doch voller Energie den Strand entlang schlendern, bevor sie sich auf das „Seepferdchen“ setzt und wild zu schaukeln beginnt.
    Alles wird gut!

    • Lieber Olli,
      wie schön, dass Du da bist – und wie schön, dass Du „trotzdem“ noch da bist: obwohl ich nicht mehr über besagten Sandhaufen schreibe, den Du so wunderschön und treffend beschrieben hast. Ich freue mich gerade – mal wieder! – über die ganz großartigen Menschen, die hier dazu beitragen, dass dieser Blog etwas wirklich Besonderes ist! Danke auch für Dich!!!!!!

      • „Da nicht für“ müsste ich ja jetzt eigentlich schreiben – aber regional bedingt passt bei mir besser „de rien“.

        Alles begann im Urlaub auf Langeoog, danach sahen wir die Reportage mit Dir, dann kam der Erdbeerfisch und unser erster Besuch, der Blog, die FB-Seite, Dein Rad fuer das Dich meine Frau und eine gemeinsame Freundin sehr beneiden. Und dann kam eben auch das Interesse an dem Menschen hinter dem Ganzen.

        Und dieses Interesse ebbt, sofern es nicht nur vordergruendig ist, ja auch nicht voellig ab, nur weil es ein gemeinsames Thema nicht mehr gibt – es gibt immer noch genuegend andere… huepfen, lachen – nur zwei Beispiele.

        Schoene Zeit, ich lese Dich – und schreib vielleicht auch mal wieder.

        • Beides sehr gerne, lieber Olli…. also lesen und schreiben, meine ich!
          Liebe Grüße auch an Deine Frau (und Ihre Freundin) von meinem Fahrrad und von mir 🙂

  3. Ich habe heute in aller Ruhe einen Schneemann gebaut. Ganz allein, aber mit großer Freude. Nasse Hose, Handschuh und Mütze. Eisig kalte Füße , aber ich habe mich gefühlt wie 10. Und peinlich? Nö, warum. Ich finde gerade jetzt in meinem Alter ist mir sehr viel weniger peinlich. 😉 Es gibt doch das schöne Lied von Peter Maffey aus Tabaluga – „irgendwo tief in mir – bin ich ein Kind geblieben “ und das stimmt. Selbst meine über 90 jährige Mutter sagt manchmal: der Körper ist alt und kann nicht mehr viel, aber im Kopf fühlt man sich häufig wie ein Kind. So soll es sein!!!

    • GROSSARTIG, Karin!!!! Ich sehe Dich quasi vor mir, wie Du mit glänzenden Augen und roten Wangen den Schneemann baust.
      Das Lied von Tabaluga kenne ich auch (und werde es jetzt dank Dir wieder den ganzen Tag im Ohr haben… 🙂 ) – genau das trifft es: Kind bleiben tief im Inneren, denn Kinder haben so viele wertvolle Eigenschaften und vor allem haben sie Lebensfreude und Spaß!!!

  4. 1 minute Lachen verlängert das leben um 60 Sekunden. Haben wir gestern noch praktiziert. Wir haben früher immer FahrradRallyes gemacht. Und anlässlich meiner Geburtstagsfeier kam das Gespräch darauf. Ich habe Bilder geholt und wir haben uns köstlich amüsiert. Wir haben aus tiefstem Herzen gelacht, auch Die, die damals nicht dabei wären.

  5. Das Kind im Manne, im Weibe

    Warum sollten wir uns dies nicht bewahren, es leben. Wir haben das früher geliebt so zu sein. Wir haben uns gut gefühlt, es hat unser Leben bereichert. Warum im Alter damit aufhören?!

    Was viele „Erwachsene“ heute gern tun – sie verwechseln Kind sein mit kindisch sein. Da gibt es aber deutliche Unterschiede und wer das Kind in sich spürt und immer wieder raus lässt, der weiss wovon ich schreibe.

    Die Leichtigkeit, die pure Freude, die Lebendigkeit des Moments in all seinen Facetten genießen. Warum soll ich das nicht raus lassen?!

    Weil es peinlich ist? Wer mein Verhalten als peinlich einstuft, der muss das mit sich selbst ausmachen. Denn ich bin nicht dafür verantwortlich was andere über mich, mein Verhalten denken. Ich bin Ich und das ist gut so. Ich möchte mir gefallen. Ich bin nicht geboren um anderen zu gefallen. Ich erwarte aber auch kein Verständnis bei Anderen für mich.

    Ich habe letztens eine alte Spielzeug-Autosammlung nebst Tankstelle und Parkhaus aus den 70er Jahren betrachtet, Und dann hab ich, als ich ein altes Magirus Deutz LKW Modell sah, völlig unbewusst die Geräusche des aufjaulenden Motors beim Anfahren nachgemacht, so wie ich das damals als Kind auch getan habe. Ich musste, als es mir auffiel, herzhaft lachen. Gut, ich war allein und hätte andernfalls sowohl für die nachgemachten Geräusche als auch für mein Lachen sicher ein paar irritierte Blicke erhalten – na und.

    Das Leben als Erwachsener ist in der Mehrheit von Regeln, Erfordernissen geprägt. Wir müssen und wollen funtionieren, weil wir uns da in einer Verantwortung sehen, uns selbst ggü. aber auch Dritten, Familie, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen, etc.pp.

    Aber dieses Verhalten schreit gerade zu danach, dass wir aus dem Kreis auch mal einen Schritt heraus machen, uns Leichtigkeit gönnen, einfach mal das tun wonach Herz und Sinn steht. Kind sein ist ein mögliches Ventil um auszugleichen, dass Spass und Freude nicht zu kurz kommen. Tief im Inneren Ausgeglichenheit zu spüren, ein Gefühl des Wohlbehagens in uns zu spüren. Das muss man sich gar nicht mal vornehmen. Als Erwachsener hier und da Kind zu sein ist nicht planbar. Wir haben uns als Kinder auch sehr oft nur treiben lassen und das auf- und mitgenommen was uns der Tag geboten hat. Ob nun Fussball in der Straße, die Mädels Gummitwist oder Hüpfkasten, schwimmen am Kanal, im Freibad, mit dem Fahrrad ne Runde gedreht. Als Erwachsener fällt dir beim Blick zurück auf deine Kindheit dann schnell auf, wie steif, strukturiert unser Tagesplan heute sein kann. Es erleichtert uns meist den Alltag, aber erfüllend glücklich macht das nicht unbedingt. Ich mag das Kind in mir…..

    In dem Sinne; ich wünsche euch schöne Tage und immer wieder Momente um dem Kind in euch zu begegnen. Ihr werdet euch mögen, ganz bestimmt 🙂

    Glückauf
    Frank

    • Dieses Leben im Augenblick, welches Du mit vielen schönen Beispielen fütterst, das ist für mich das Kind sein. Das Spiel, das Eis, die Freundschaft oder ähnliches mit der Freude genießen, die solche tollen Dinge verdienen – und sich ganz da reinplumpsen lassen. Alles andere ist in dem Moment völlig unwichtig – und wenn man dann sogar sich selber dabei ein stückweit vergisst, weil man quasi eins wird mit dem Moment, dann hat man alles richtig gemacht: weil man dann Kind war.

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