Frederick sammelt Sonnenstrahlen

Ich weiß, ich weiß… eigentlich sind wir alle zu alt für Kindergeschichten… aber das Wort „eigentlich“ sagt schon alles: völliger Quatsch nämlich!!!!!

Heute teile ich mit Euch nämlich eine meiner Lieblingstexte… weil Frederick auch Uta heißen könnte…

Es wurde Herbst auf dem Mohnblumenfeld. Die Feldmäuse waren emsig und eifrig. Sie sammelten Nüsschen, Getreidekörner, Sonnenblumenkerne und viele andere Leckereien zusammen. Sie wollten sich einen großen Vorrat anlegen, damit sie im kalten Winter nicht verhungerten. Sie sammelten auch weiches Moos und gut duftendes Heu aus Bauers Scheune, um es weich und war zu haben.

Frederick saß den ganzen Tag an seinem Lieblingsplatz auf einem kleinen Stein. Der hatte eine Mulde, in die er sich wunderbar reinlegen konnte. Dort schien ihm die Sonne direkt auf dem Bauch. Dort flogen die Vögel singend durch die Lüfte und der Wind trug den Duft von frischem Obst bis an seine Nase heran. Seinen Mäusefreunden gefiel das nicht: „Frederick, warum hilfst Du nicht Vorräte sammeln? Warum hilfst du nicht Moos suchen? Warum hilfst du nicht Heu aus Bauers Scheune tragen?“ Frederick antwortete: „Aber ich sammle doch. Ich sammle Sonnenstrahlen, die vom Himmel fallen. Ich sammle Lieder, die die Vögel singen. Ich sammle Geschichten, die der Wind erzählt.“ „Frederick, können Sonnenstrahlen unsere Bäuche füllen? Können Lieder und Geschichten unsere Pfötchen, Nasen und Ohrwarm halten? So hilfst du uns nicht. Du bist und bleibst eine faule Maus. Wirst schon sehn. Der kalte Winter wird dir seine Lektion erteilen!“ Und so machten sich die Mäuse wieder an die Arbeit, sammelten und suchten. Nur Frederick nicht. Der lag in seiner Mulde auf seinem Stein und genoss die letzten Herbstsonnenstrahlen.



Die Tage vergingen. Die Blätter vielen von den Bäumen und es dauerte nicht lange, da kam der erste Frost. Die Mäuse hatten sich in ihren Bau zurückgezogen. Sie hatten es warm und weich. Ihre Bäuche waren stets gefüllt. Doch glücklich waren sie nicht. Ihnen fehlte der Frühling. Ihnen fehlte der Sommer. So dunkel, so kalt, so lang war der Winter. Und noch so viele Tage sollte es dauern, bis sie endlich aus ihrem Bau kriechen konnten. Die Sehnsucht nach den warmen, hellen Jahreszeiten wurde so groß. Sie mussten weinen. Bis auf eine Maus. Frederick kroch aus seiner harten, kalten Ecke im Mäusebau – er hatte ja kein Moos gesammelt. Sein Bauch war ganz leer und flau – er hatte ja keine Vorräte gesammelt. Er setzte sich zu seinen Mäusefreunden und begann zu erzählen. Er erzählte von den Sonnenstrahlen. Wie warm und wohlig sie sich auf dem Fell anfühlen. Er sang die Lieder der Vögel. Er erzählte die Geschichten des Windes. Den Mäusen wurde warm ums Herz. Den ganzen Winter blieben sie beieinander sitzen und lauschten Frederick. Und als Frederick seine letzte Geschichte erzählt hatte, war der Winter schon vorbei. Die Vögel waren zurückgekehrt, die Sonne schien und die Mohnblumen öffneten ihre Knospen. Der Frühling war zurückgekehrt. Und weil Frederick die Sonnenstrahlen, die Lieder und die Geschichten gesammelt hatte, kam der Frühling schneller als jemals zuvor. Zumindest dachten das seine Mäusefreunde.

Wie gut das Frederick so fleißig gesammelt hatte. 

 

21 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Wie schön…der Kindergarten Klassiker…da geht der Erzieherin das Herz auf und weckt viele schönen Erinnerungen….danke liebe Uta😚
    Liebe Grüße
    Petra

  2. Stimmt haargenau. Ich sauge im Herbst die Sonne förmlich auf und freue mich auch über schöne Herbst- oder auch Wintertage, denn wie heißt der schöne Spruch: Wer sich im Sommer über die Sonne freut, trägt sie im Winter im Herzen.

  3. Auch ich liebe Frederik und sammle Sonnenstrahlen. Und das ist gut so. Mein Sohn Clemens ist zwar schon 18 Jahre alt aber Frederik hinter der Mauer kennt er noch gut😀🐁
    Grüße aus Krefeld sendet Bea

  4. Liebe Uta,
    meiner Großen (26 Jahre) fiel letztens beim Stadtbummel „Frederik“ in die Hände und sie hat es auf der Stelle gekauft🤩, sie wollte ein eigenes Exemplar, meines aus ihren und ihres Bruders Kindertagen geb ich nicht her 😉.

    Liebe Grüße
    Bärbel

  5. Oh vielen Dank für diese schöne Geschichte, liebe Uta! Ich werde sie morgen ausdrucken und meiner Kollegin ( einer Logopädin ) für ihr wöchentlich stattfindendes Geschichten,-& Märchenseminar weitergeben. Toll!

  6. Liebe Uta,
    der Name „Frederick“ ist noch in meinem Gedächtnis geblieben – und die Grundidee der Geschichte auch, und nun freue ich mich um so mehr, diese wieder mal gelesen zu haben. Es ist schon (…hui, wie die Jahre vergehen) mehr als 35 Jahre her, seitdem ich diese mit meiner Tochter gelesen habe.
    Auch ich sammle kräftig Sonnenstrahlen und vergesse, dass es im Haushalt so vieles zu tun gäbe. Doch das kann warten 😉
    Liebe Grüße
    Inge W.

  7. Ich liebe Frederick! Vor einiger Zeit schickte meine 25-jährige Tochter mir das Cover per Whatsapp und meinte : Stell dir vor, meine Kollegin kennt Frederick nicht! Sollte zur Allgemeinbildung gehören – mit seiner Lebenseinstellung 🙂
    Genießt die Sonnenstrahlen, es wird früh genug noch usselig!

  8. Guten Morgen Ihr alle, – gerade denke ich bei Frederick’s Geschichte an eins meiner Lieblingskinderbücher….. auch meine Kinder haben es geliebt…. kennt Ihr noch den Klassiker „ETWAS VON DEN WURZELKINDERN“ von Sibylle von Olfers mit den wunderschönen Illustrationen ? : Da kommt der Herbst mit Sturm und Wind, Treibt sie zur Mutter heim geschwind. „Geh nun zu Bett Du kleine Schar, Und schlaf’ Dich aus bis nächstes Jahr.“ ……. ach, wenn der Winter nur wirklich so gemütlich wäre ! 😉

  9. Ich liebe Frederick!
    Das Büchlein habe ich einer Freundin kurz vor ihrem TTod geschenkt und dazu geschrieben: „ich wünsche dir, dass du viele wärmende Erinnerungen in dir hast, von denen du jetzt zehren kannst, so wie der kleine Frederick!“ Darüber hat sie sich riesig gefreut.
    Meine Freundin lebt nicht mehr – aber wann immer mir Frederick begegnet, denke ich auch an sie…..
    Liebe Grüße Annegret

    • Ach, wie traurig – und gleichzeitig wie schön! Deine Freundin ist weiterhin bei Dir – und das sicherlich nicht nur, wenn Dir Frederick begegnet

      • ja traurigschön ….. und ja, es gibt noch viele Erinnerungen und u.a. ein Engel der ein Teelicht in den Händen hält, den sie mir letztes Jahr Weihnachten geschenkt hat – das war ihr letztes Weihnachten …..

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