Nicht zur Verfügung stehen

Vielleicht habt Ihr den Satz im Zuge der Achtsamkeit auch schon mal gehört oder ihn sogar schon mal verwendet – wenn auch in einem anderen Zusammenhang. Ich möchte Euch heute noch darin bestärken, ihn in Euer Leben zu integrieren, denn er hat eine ganz besondere Kraft:

Ich stehe nicht (mehr) zur Verfügung.

Gucken wir uns zunächst das Wort „Verfügung“ mal genauer an: das kann zum Beispiel etwas durchaus positives sein: wenn ich etwas zur Verfügung habe, dann mangelt es mir in der Beziehung nicht, dann kann ich auf dieses etwas zurückgreifen. Schaut man mal in den einschlägigen Werken nach der genauen Definition, dann findet man darüber hinaus aber auch etwas sehr offizielles: eine Verfügung bedeutet demnach zum Beispiel auch ein Rechtsgeschäft, „durch das ein Recht unmittelbar aufgehoben, übertragen, seinem Inhalt nach verändert oder belastet wird, z.B. Übereignung, Verpfändung einer Sache, Abtretung einer Forderung.

Klingt dann schon nicht mehr so geschmeidig, oder? Und wenn man dann den zusammengesetzten Begriff nachschlägt, dann bedeutet „zur Verfügung stehen“ nämlich, dass man verfügbar ist und verwendet oder genutzt werden kann. Man steht quasi zum Einsatz parat.

Klingt doch verdächtig nach einem selbst in so mancher Lebenslage, oder? Auf der Arbeit ist man die/der erste, die/der die Hand hebt, wenn eine neue Aufgabe verteilt werden muss, zur Party in der Nachbarschaft bringt man selbstverständlich immer mindestens drei verschiedene Schüsseln mit leckeren Sachen mit und delegieren kann man die blödesten, schwersten und nervigsten Arbeiten am allerbesten nur an sich selbst.

Als wären wir ein gut funktionierender Gegenstand stehen wir also permanent zur Verfügung – und da kann es wirklich helfen, wenn wir uns dies im Umkehrschluss mal laut vorsagen – probiert es mal aus und sprecht den Satz tatsächlich einmal laut aus: „Ich stehe nicht (mehr) zur Verfügung.“

Merkt Ihr nicht auch, dass dieser Satz etwas in einem auslöst? Etwas befreiendes, leichtes und auch ein bisschen rebellisches? Gut so! Denn wenn Ihr ihn immer mal wieder auf Euch wirken lasst, dann könnt Ihr ihn bestimmt auch irgendwann richtig umsetzen, Ihr kleinen Rebellen! 🙂

6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Dazu fällt mir einer meiner Lieblingssprüche ein: „Nein ist ein vollständiger Satz“. Muss man lernen, ohne egoistisch zu werden, aber um die eigenen Grenzen festzustecken. Das war (ist) für mich ein langer Prozess. Nicht immer everbodys darling sein zu wollen…

    • Oh jaaaaa, liebe Ulla – da kann ich auch so einige Wörtchen mitreden, in dieser „Everybodys darling“-Sache. Kann auch bestätigen, dass das ein langer Prozess ist – der sich aber sehr lohnt!

  2. …..ein guter Satz mit befreienden Charakter. Danke!

    Und ja, es dauert, bis ich da angekommen bin, wo ich gerne wäre. Niemand hat mir versprochen, dass es leicht ist/ wird.

    Umso mehr schätze ich die Inseln, auf denen es nicht so nötig ist, die Grenzen meiner Verfügbarkeit aufzuzeigen.

    • Da haste vollkommen Recht, liebe Sabine – es ist ein langwieriger Prozess. Ich glaube sogar, dass er ein Leben lang dauern kann, aber vielleicht ist auch genau das das Richtige und man kann es den Sinn des Lebens nennen.

  3. Hm, ich muss drüber nachdenken. Es bedeutet aber ja auch, dass man gebraucht wird. Bis zu einem gewissen Grad ist das für mich ein schönes Gefühl. Denn es gab eine Zeit, da brauchte ich die anderen sehr. Daran musste ich mich erst mal gewöhnen. LG. Claudia.

    • Die Auslegung ist natürlich recht individuell, liebe Claudia – für mich beinhaltet sie nicht, dass ich mich verweigere, wenn mich jemand wirklich braucht. Das würde ich nie übers Herz bringen! Aber bei den vielen Situationen, in denen man seine Aufgaben viel mehr im Vordergrund hat als das eigene Wohlergehen, da darf man bestimmt mal über die Verfügung nachdenken.

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