Es ist total klasse, wie mich Eure Kommentare hier zu weiteren Gedankengängen inspirieren und ich so immer weiter schreiben kann, was mich da gerade so bewegt (mit dem kleinen Exkurs gestern über meine erste Sendung „Meer-Glück“ bei Radio Ankerherz). Es ging ja in dieser Woche bereits über die Macht von Worten innerhalb von Erziehung, über gesunden und unguten Egoismus, über Selbstliebe und den Weg dorthin.
Was mir dabei aufgefallen ist, als hier jemand von dem oft gebrauchten Satz in unserer Kindheit schrieb: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz!“: dieses Thema „Trost“ ist auch ein ganz schön großes.
Unsere Eltern haben – wie bereits erwähnt – ja auf vieles verzichtet und in vielen Fällen ganz sicher alles andere als eine rosige und vor allem friedliche Vergangenheit. Das Leben und das Aufwachsen im Krieg hat sie bereits in jungen Jahren „hart“ werden lassen. Und ihre Eltern hatten in dieser Zeit genug damit zu tun, die Familie zu ernähren und am Leben zu halten – außerdem gab es oft genug eine Vielzahl von Kindern. Da konnte man um aufgeschlagene Knie, Alpträume oder den ersten Liebeskummer kein großes Aufheben machen.
Wenn ich da heute so drüber nachdenke, haben die Frauen in meiner Ahnenreihe sehr viel Gutes weitergegeben: Ehrlichkeit, Stärke, Selbstbewusstsein – die Gabe, den eigenen Kindern wirklichen Trost zu spenden, war leider nicht dabei.
Meine Mutter war zwar eine Kuschel-Mama, die durchaus viel Nähe zu ihren Kindern gesucht hat – doch mit Kummer beim Nachwuchs war sie regelrecht überfordert. Aus heutiger Sicht konnte sie tatsächlich kaum damit umgehen, wenn es einem ihrer Kinder nicht gut ging – das war ein Umstand, den sie kaum ertragen konnte und deswegen „musste einfach ganz schnell alles wieder heile sein!“
Ich entdecke diesen Wesenszug bei mir als Mutter zu meinem Leidwesen ebenfalls: ich leide extrem mit, wenn meine Kinder traurig sind und muss es richtig üben, ihnen auch den Raum und die Zeit dafür zu geben.
Dieser fehlende Trost ist meiner Meinung nach eine Ursache für die Härte, die wir immer wieder gegen uns selber an den Tag legen. Für den Drang, Kummer, Traurigkeit und Verzweiflung zu verdrängen und oft genug die notwendigen Tränen runterzuschlucken.
Üben wir uns doch alle mal im Selbst-Trost, gönnen uns einen Tag mit voll geheulten Kissen oder nehmen uns mal selber in den Arm.
Das geht nämlich… auch in Gedanken. Und es macht echt viel mit einem…
Hallo Uta,
Ich habe mir nach den Tod meiner Mutter kaum Zeit gegeben zu trauern und bin dadurch einige Jahre später an einer Depression erkrankt. Ich habe damals nach dem Mottog ehandelt: „Das Leben muss weiter gehen“ Heute habe ich die Erkenntnis, das war ein Fehler. Für Trost fehlen oft die richtigen Worte, aber es ist wichtig den Kindern oder Freunden zu vermitteln ich bin für dich da.
Kurz zu mir und meiner Person ich bin auf Norderney geboren und auf Juist aufgewachsen. Seit ganz vielen Jahren lebe ich in München. Meine Eltern sind beide auf dem Dünenfriedhof bestattet.
Viele Grüße aus München
Petra Eujen
Liebe Petra,
vielen Dank für Deine Geschichte, die ich sehr gut verstehen und nachvollziehen kann. Manche Gefühle – und ganz besonders Trauer – sind oftmals einfach zu heftig und zu groß, so dass man sie kaum ertragen kann. Und der Tod so eines geliebten Menschen reißt einfach so ein großes Loch ins Herz. Zudem muss man ja irgendwie weitermachen, funktionieren.
Ich denke aber, dass es nie zu spät ist, um verdrängte Gefühle rauszulassen – sie sind ja sowieso noch in einem. Also: nimm Dir die Zeit – denn davon hast Du ja noch ganz viel – um Deine Mutter zu trauern.
Alles Liebe und viele Grüße vom hohen Norden in den tiefen Süden
Liebe Uta,
Danke für deinen Text heute. Auch Ich kenne solche Worte wie: „stell dich nicht so an, das kann doch nicht so schlimm sein“. Usw.. das hat dem Verhältnis zu meiner Mutter nicht gut getan. Ich habe nun selbst zwei Kinder und möchte es nicht weitergeben wie ich es erfahren habe und nehme mir immer Zeit für die Sorgen meiner Kinder. Auch wenn ich es als banal empfinde, für die Kinder ist es in dem Moment ein riesen Problem und ich möchte sie ernst nehmen. Wenn man so was von Kind an erfährt ist es leicht das weiterzugeben. Aber es zu erlernen, im späteren Leben, ist schwer. Lernen, sich auch als wichtig zu nehmen und auch das nicht immer alles gut sein kann. Dazu gehört sich ab und zu selbst zu trösten… und wenn man dann mal gut geheult hat, geht es wieder weiter. Denn man darf ja nicht vergessen zu hüpfen ❤
Liebe Grüße, Jessi
Ja, stimmt Jessi! Ich habe mich dabei halt selber recht früh erwischt, als frisch gebackene Mama. Ich habe mich sehr schwer damit getan, Trost zu spenden – und zwar in der Länge und Ausdauer, die meine Kinder gebraucht habe und nicht so, wie ich es für angemessen hielt. Das war ne ziemlich bittere Erkenntnis und ich versuche, es heute besser zu machen…
Trost für unsere Kinder
Ich denke, es ist ein schmaler Grat, bis wohin ist Trost nötig, wichtig, wohltuend, ab wann wäre Aufmunterung aber auch ein Schubser zurück auf die Umlaufbahn des sich gut anfühlenden Alltags angebracht.
Was ich meine – es ist wichtig Trost zu spenden, sich Zeit zu nehmen, wenn du spürst, du kannst das nicht mal so im Vorbeigehen abfedern und „alles ist gut“. Aber wie weit soll man da gehen. Gerade bei den eigenen Kindern ist man da hin und her gerissen. Hier möchtest du ihnen zeigen, dass sie ihr Nest haben, sich rein kuscheln können, bei uns unterschlüpfen, wir schützen sie, weil wir ihre Eltern sind, wir ihre Sorgen und Nöte ernst nehmen.
Doch wir sollten uns auch die Frage stellen – wie viel Zuneigung, Trost, Schutz und Unterschlupf tut gut. Ab wann verfehlt unser Zutun seine Wirkung, wirkt sich ggfs. nachteilig aus. Draußen, da ist die Situation ein wenig rauher, der Ton schärfer, die Regeln der Gesellschaft weniger rücksichtsvoll, teils gar unbarmherzig und gefühlslos. Da muss man, unsere Kinder eben auch, sich seinen Platz erobern. Das erfordert auch Selbstbewusstsein und Robustheit im Umgang mit Anderen. Auch diese Hilfestellung diese Robustheit und gesunden Egoismus müssen wir unserer Lütten vermitteln, ihnen das dabei zuberücksichtigende Maß veranschaulichen.
Wie schaffe ich es da eine Balance, dass gesunde Maß zu finden beim Trost spenden. Ich denke einfach, ab einem gewissen Punkt muss nach dem Trost, der schützenden Hand, der Fürsorge auch ein wenig darauf geachtet werden, dass unsere Kinder lernen damit umzugehen, wie sie sich in dem Umfeld außerhalb der Familie behaupten, ihr Revier markieren, anderen Grenzen aufzeigen, dass sie klar machen, bis hier und nicht weiter. Heute wird gern mal das Ausdruck „du bist ja ein Weichei, -Warmduscher, -Turnbeutelvergesser“ so dahin geplappert. Manchmal merkt man im Nachhinein, dass es kalt und geringschätzig war, dass wir uns anmaßen so über die Gefühle unserer Kinder hinweg zu urteilen. In solchen Momenten erschrickt man vor seiner eigenen Achtlosigkeit.
Ich(wir) haben einen erwachsenen Sohn, selbst nun Vater. Wenn wir ihn heute beobachten, wie er mit seinem Sohn umgeht, darauf achtet, dass er trotz aller Freiheiten Kind zu sein, ihm zur Seite steht, lobt, liebt aber auch tadelt, ihm dann auch gleich erklärt warum etwas gut o. schlecht ist, dass macht uns stolz. Und es ist auf gewisse auch tröstend, dass unser Enkel, wenn wir es einmal nicht mehr können, eine gute Starthilfe ins Leben erfährt, was wir als Großeltern in gebotenem Rahmen durch Rat und Tat, Wort und Geste sehr gern unterstützen/dürfen.
Nochmal, das ist für uns tröstlich zu erleben, denn auch Oma und Opa brauchen und haben ein Recht auf Trost und Trost hat viele Gesichter, ist aber immer geprägt von Herzlichkeit und Sorge. Und deshalb tut Trost vordergründig immer gut, egal wie banal oder auch brachial es uns erscheint, das der zu Tröstende beklagt.
Schön, dass es euch gibt und wir gemeinsam viele Gedanken austauschen können
Frank
Lieber Frank,
in dem Zusammenhang fällt mir dieser bekannte und tolle Satz ein: Wurzeln sollte man seinen Kindern geben – und Flügel…
Ja, auch in diesem Bereich ist die goldene Mitte bestimmt der richtige Weg.
Ich habe in meinem persönlichen Umfeld allerdings den Trost für Kleinkinder – und da denke ich immer, es kann gar nicht genug davon geben, genauso wie von Liebe… etwas vermisst. Genau wie ich denke, dass man Kinder bis zu einem gewissen Alter gar nicht verwöhnen kann: so bis zu den Jahren, wo sie ein eigene Persönlichkeit entwickeln, kann man gar nicht Zuviel geben… Anschließend gebe ich Dir Recht: da brauchen Kinder neben dem Trost und der Geborgenheit eben auch die Möglichkeit, sich auf die eigenen Beine zu stellen und für sich selber einzustehen.
Moin Uta,
Deine Erinnerungen kann ich sehr gut nachempfinden und da werden manche Erlebnisse wieder wach.
Darüber denke ich jetzt mal gaaanz lange drüber nach, obwohl das nicht nur positive Erinnerungen sind ….. aber das muss es auch nicht.
Hallo Rudolf,
auch die schlechten Erinnerungen wollen mal raus aus dem Kopf, denn sie sind ja sowieso drin gespeichert. Und vielleicht wird es dadurch auch ein wenig leichter… Das würde ich Dir sehr wünschen und freu mich, dass ich in Deinem Herzen etwas angestossen habe – auch, wenn es zunächst schwere Gedanken sind – aber ich weiß, dass einen das ein Stück weiter hilft!
Hallo Uta,
auch ich kenne das aus meiner Kindheit. Besonders gemein fand ich damals eine Situation, wo ich geweint habe und eine Tante sagte daraufhin, das wäre meine Masche. Immer zu weinen. Ich hab in dem Moment die Welt nicht mehr verstanden. Und meine Mutter, die dabei war, gab dieser Tante dann auch noch recht. An diese Situation denke ich heute noch oft.
Liebe Biggi,
Dein Kommentar hat mich sehr berührt – kann so gut nachvollziehen, was solche – vielleicht auch in den Augen des Sprechers als völlig harmlos angesehenen – Sprüche in einem auslösen. Und wie lange so etwas nachwirkt…. ein kleiner Moment, ein blöder Satz und der hängt einem ein Leben lang nach… Das ist schon heftig!
Umso bewusster solltest Du Dir heutzutage die Zeit und den Raum für Tränen geben… Alles Liebe von der Uta
Ja ja der Trost! !!
Wenn es nach Erfahrungen ginge, hätte ich meine Kinder auch nicht gut trösten können…Aber…man kann es ja besser machen☺
Trotzdem habe ich die Erfahrung gemacht, wenn ich zuviel „gedöns“ gemacht habe , steigerten sich die Lieben Kleinen sehr in ihren Schmerz, sodass auch ich nach einer gewissen Zeit den Schlusspunkt setzen musste, in Form von „..noch einmal pusten und dann ist gut“.
Bei meinen Enkeln ist es genauso und wird auch so gehandhabt. ..jeder bekommt Trost…Aber nach einer Weile ist wieder gut.
Etwas schwieriger ist es später bei Liebeskummer o.ä.
LG von der Ulrike
Ist echt ein interessantes Thema – gibt es zuviel Trost????? Ich glaube, da muss ich nochmal drüber nachdenken…
Toll zu lesen, liebe Uta, dass du deinen Kindern versuchst, den Raum für Traurigkeit zu lassen…
Ich habe so Sätze wie „Hör auf zu heulen“ und „Zähne zusammen beißen und durch“ immer schon gehasst. Wobei ich im Nachhinein sage, dass letzterer in manchen Situationen des heutigen Lebens gar nicht ganz so verkehrt ist. Denn mit ein bisschen Biss gelingen manche Lebensereignisse ganz gut, so im Sinne größtmöglicher Motivation 🙂
Zurück zum Trost… Die Problematik, die ich daraus immer sah: meine Gefühle sind nicht richtig… besser nicht traurig, wütend sein…. Dabei sind wir genauso richtig, wie wir sind, mit all dem ganzen Emotions-all-inclusive-Paket, mit dem wir auf diese Welt gekommen sind! ♡
Geben wir all den kleinen Menschen dieses wunderschöne Gefühl, dass sie mit all ihren Ressourcen absolut liebenswert sind und jedes ihrer Gefühle Zeit und Raum hat da zu sein ♡♡♡
Ich finde auch, dass jedes Gefühl in einem total wichtig und richtig ist! Egal, was es ist: es zu unterdrücken ist eben genau der falsche Weg, denn dann bleibt es dauerhaft in einem