Die Wechseljahre – und die wachsende Angst

Direkt zu Beginn dieses Artikels möchte ich sagen: ich war nie ein ängstlicher Mensch. Als ziemlich große Optimistin könnte ich auch das den Kölnern speziell zugeschriebene Zitat: „Et hätt noch immer jot jejange“ erfinden können. Ohne viele Überlegungen und mit einem naiven Grinsen im Sommersprossen-Gesicht bin ich jede Situation, die mir das Leben mal wieder präsentiert hat (und davon gab es einige, auch seltsame, schräge, dunkle, erschreckende…) angegangen. Und ich bin damit – wenn auch mit einigen Schrammen, Beulen und Kratzern – immer gut gehüpft.

Das hat sich jetzt in den letzten Monaten geändert und ich bemerke zunehmend, wie unsicher und verängstigt ich auf manche Gegebenheiten reagiere. Es mag auch ein wenig mit den drei Bandscheibenvorfällen im Nacken vom letzten Jahr zu tun haben, wo ich ja einfach hautnah gespürt habe, dass ich verwundbar bin und mehr auf mich achten sollte. Da ich aber die genetische Veranlagung dafür „geschenkt“ bekommen habe, führe ich sehr viel davon auf meine sinkenden Hormonspiegel zurück. Meine Mutter hat in ihren Wechseljahren unter recht starken Depressionen und an Panikattacken gelitten.

Und letztere habe ich leider nun auch schon mehrfach erlitten – wenn auch in einem völlig anderen Zusammenhang als meine Mutter damals. Bei mir hat sich die Angst hauptsächlich aufs Auto fahren festgelegt. Und dabei im Speziellen auf Autobahn fahren. Es begann zunächst als Beifahrerin im Wagen meines Mannes, der ein sehr versierter, total sicherer Fahrer ist, dem ich auch wirklich zu 100% vertraue. Mir machen eher die anderen Autofahrer Angst – es hat sich bei mir die Vorstellung im Gehirn festgekrallt, dass ein Wagen vor uns ausscheren könnte und wir keine Chance mehr haben, zu bremsen. Ein paar brenzlige Situationen gab es da durchaus schon und ich reagiere fast wie traumatisiert darauf (schwieriger Begriff, der viel zu inflationär benutzt wird – deswegen auch nur als vergleichendes Adjektiv!). Mittlerweile hocke ich auf jeder Autobahn-Fahrt auf dem Autositz, als wäre dieser ein Zahnarztstuhl und mir würde ununterbrochen jemand in den Beißerchen rumbohren. Ich bin total verkrampft und steige letztendlich total erleichtert, aber auch mit ganz steifen Muskeln und voller emotionaler + körperlicher Erschöpfung aus dem Auto.

Noch brisanter und nachhaltig beeindruckend waren allerdings zwei waschechte Panikattacken, die ich alleine im Auto – also als Fahrerin – schon hatte. Wieder mal die Autobahn, dazu Dämmerung bis einsetzende Dunkelheit und leichter Regen. Bestimmt eine Kombi, die niemand so richtig mag, aber bei mir hat sie dazu geführt, dass ich Schweißausbrüche, Herzrasen, Zittern am ganzen Körper und den echt gefährlichen Impuls hatte, einfach mitten auf der Autobahn auf die Bremse zu treten und stehenzubleiben. Letzteres konnte ich glücklicherweise verhindern, aber dieses Gefühl der kompletten Panik, das war schon sehr heftig und ich war davon überzeugt, dass ich da nicht mehr lebend rauskomme.

Bei meinem letzten Gynäkologen-Besuch habe ich meinem Frauenarzt davon erzählt und der hat mir ein Progesteron-Gel verschrieben, welches ich seitdem jeden Morgen und Abend auf meinem Oberarm verteile und das zumindest ein bisschen zu helfen scheint.

Aber die Angst (auch die vor der Angst) sitzt mir schon noch im Nacken (ausgerechnet da, wo gerade ich sie so gar nicht gebrauchen kann!) – kennt jemand hier so etwas auch? Und hat vielleicht noch eine helfende Idee?

14 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo, ich finde es toll, wie ehrlich und authentisch du das geschrieben hast.
    Ja, ich kenne es in milder Form auf der Rolltreppe. Plötzlich habe ich immer unfassbare Angst, nach hinten zu kippen und die lange Rolltreppe hinunter zu fallen….
    Ich finde es gut und wichtig, dass du auf die Idee gekommen bist, deinem Gym davon zu berichten. Viele würden gar nicht auf diese Idee kommen. Die Wechseljahre sind wirklich herausfordernd und komplex.

    Ute

    • Liebe Ute,
      ich gebe zu – ein wenig Überwindung hat es gekostet, so offensiv mit dem Thema umzugehen. Wobei das ja im Prinzip Quatsch ist, weil man kann ja nichts dafür und es ist ja auch keine Schande. Aber Angst ist dennoch so ein Thema, mit dem man nicht ganz do offen umgehen mag. Komisch eigentlich…
      Dass mit Deiner Rolltreppen-Angst klingt ähnlich (unschön)…

  2. Liebe Uta,
    es tut mir sehr leid für dich, dass du solche Situationen erleben musst. Anscheinend bist du ihnen auch hilflos ausgeliefert. Ich kann mich gut in dich hineinversetzen, denn deinen Bericht könnte ich selbst 1:1 schreiben!! Mir ist es schon oft so ergangen, und ich bin mittlerweile jenseits der Wechseljahre. Mit diesen habe ich alles komischerweise noch nie in Verbindung gebracht. Ein interessanter Ansatz. Vielleicht hat ja eine Leserin hier wirklich Erfahrungen damit und helfende Ideen. Das wäre toll!
    Ich wünsche dir alles Gute,
    Kathrin

    • Liebe Kathrin,
      ja, man ist dieser Angst tatsächlich ziemlich hilflos ausgeliefert – zumal ich mich ja nicht zuhause und „in Sicherheit“ befinde, sondern in einem fahrenden Auto: da kann man nicht mal eben die Augen schließen und Atemübungen machen oder die Situation verlassen oder ähnliches. Deswegen greifen viele der Hilfsmittel, die ich zu dem Thema schon gelesen habe, bei mir leider nicht.
      Im nächsten Artikel greife ich das Thema noch mal auf.
      Ich wünsche Dir auch von Herzen alles Gute!

  3. Kontrollverlust – fällt mir sofort ein.

    ich glaube diese schnelle Zeitreise auf der Autofahrt, kann frau nicht mehr mit „früher“ vergleichen. Wenn wir da von einem Unfall hörten, dachten wir, oh weh, die Armen. Es passierte den „Anderen.“
    Heute passiert es mehrfach auf einem unserer Wege. und wir denken nur noch an Verspätungsminuten in Echtzeit. Es bleibt aber trotzdem in uns, dieses Unbehagen, dass wir- bei aller Mobilität, das Fahren (gefühlt gesehen gehört) nicht so richtig kontrollieren können. Es kann, so oft wie wir damit konfrontiert werden, Jedem passieren.
    Kontrollverlust….
    Mir wurde irgendwann einmal klar, wie unsinnig der Satz ist: Was uns nicht umbringt, härtet uns ab.
    Nein, je mehr ich an unkontrollierbaren Ereignissen anhäufen, desto unsicherer werde ich. und
    …….sammle die schönen Erlebnisse / die Ruhe und wertschätze sie.

    • Liebe Sabine,
      ja, der Aspekt des Kontrollverlustes ist auf jeden Fall auch wichtig in dem Zusammenhang – und der Punkt, dass der heutige Straßenverkehr deutlich an Tempo, Ausmaß und Gefährlichkeit zugenommen hat. Da spielen auch meine 16 Jahre Juist eine Rolle, in denen ich natürlich nur hin und wieder Auto gefahren bin… eigentlich fahre ich ganz gerne, wenn auch niemals allzu schnell – und bin damit stets gut zurecht gekommen, aber nun hat sich die Angst halt als häufige Beifahrerin eingeladen.

  4. oh je, mit den Panikattacken hört sich nicht gut an…. ob man von Genetik sprechen kann, weiss ich nicht.
    Ärztliche Hilfe auf jeden Fall einfordern.
    I ch hatte das vor Jahrzehnten mal,( nach Fehlgeburt) auch beim Autofahren (keine Panik, nur extremes Unwohlsein) und besonders in langen Tunnels, da war es echt nicht gut.
    Mir haben damals homeöpathische Tropfen (sedariston) geholfen, sowie bachblüten.
    Ob das in Deinem Fall hilft, weiss ich nicht.

    Ich wünsch Dir auf jeden Fall, das dir von ärztlicher Seite geholfen wird, denn aushalten muss das keiner!!!!!

    lg Ulrike

    • Liebe Ulrike,
      ja, ich denke, dass ich da über kurz oder lang (eher ersteres!) einen Arzt für aufsuchen werde – denn es ist schwierig, das wirklich „auszuhalten“ und zu merken, dass es eher schlimmer als besser wird.
      Im nächsten Artikel widme ich mich dem Thema noch mal allgemein

  5. Ich glaube auch nicht, dass das NUR abhängig von den Wechseljahren ist, ein bisschen vlt auch. Hat sicher auch insgesamt was mit dem Älterwerden zu tun. Mir geht es auch extremst so mit der Angst, vermutlich noch schlimmer als bei dir. Meine Wechseljahre dürften so langsam rum sein, glaube ich, alles andere spricht dafür, dass sie rum sind. Nun bist du ja wohl etwas jünger als ich, denke ich (ich bin 58) . Meine Angst, z.B. vorm Autofahren ist jedoch bislang geblieben. Mal schauen. Was man dagegen tun kann, weiß ich auch (noch) nicht. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

    • Liebe Claudia,
      ich denke auch, dass es – wie so oft im Leben – eine Ursachenmischung ist: Hormone, Älterwerden, Erfahrungen, Stress, zu wenig auf sich geachtet, zu viel gestemmt und so einiges mehr.
      Ja, ich bin jünger als Du – und bei mir haben die Wechseljahre ja noch nicht mal angefangen, aber sie winken schon erkennbar aus der Ferne.
      Wenn es Dir extrem geht mit den Ängsten, würde ich an Deiner Stelle vielleicht mal nach Hilfe fragen – beim Hausarzt oder Gynäkologen, der Dich ggf. weiter überweisen kann.
      Von Herzen alles Gute!

      • Liebe Uta, ich bekomme seit vielen Jahren Cortison (Prednisolon) wegen einer sehr seltenen Autoimmunerkrankung. Seitdem bin ich bei allen Ärzten. Mein Gynk sagte mir, mit Hormonen mache ich Nix, wenn ich keine Genehmigung durch Ihre Rheumis (Rheumatologen) habe. Die haben sich dann sehr bedeckt gehalten, war mir also klar, dass das nicht ratsam ist. Ich habe es bis jetzt trotzdem überlebt. Psychologische Hilfe möchte ich erst mal nicht. 😏😘 Danke dir!

        • Ich verstehe… klar, überleben tut man so vieles, aber Angst macht ja dennoch echt was mit der Lebensqualität! Ich wünsche Dir von Herzen nur das Beste und hoffe, dass die Artikel darüber Dir eventuell ein ganz kleines bisschen geholfen haben

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