Der Blick auf Andere – Teil 2

Anfang der Woche habe ich ja schon einen (selbst-)kritischen Blick auf die oft viel zu schnelle innere Reaktion und Haltung auf unsere Mitmenschen geworfen. Also auf die Tatsache, dass man ständig dabei ist, andere Personen zu be- und verurteilen. Obwohl man ihre Geschichte, ihre Einflüsse und ihr Innerstes überhaupt nicht kennt.

Ein gutes Beispiel bin da auch wieder ich – vor ein paar Jahren habe ich ja bei einem Selbstfindungskurs mitgemacht. Wahrscheinlich sehr bewusst vom Leiter begannen die 5 gemeinsamen Tage mit einem ersten Mittagessen, bei dem sich die Teilnehmer zum ersten Mal gesehen haben und noch ohne die übliche Grüppchenbildung zusammenfinden sollten. Im Nachhinein habe ich die bestürzende Erkenntnis über mich selber gehabt, wie ich an meinem Tisch und über meinem Teller gebeugt die ersten Beobachtungen angestellt und mir so meine Gedanken über andere Kurs-Teilnehmer gemacht hatte: „Wie sieht die denn aus?“ – „Was sucht er denn hier?“ und ähnliche saublöde Fragen schossen mir da durch den Kopf. Und für diese habe ich mich wirklich am Ende der Tage in Grund und Boden geschämt – weil ich dann die oft harte Geschichte hinter der Person gehört hatte.

Und das ist ja fast noch schlimmer: erst, als ich die Hintergründe ein wenig kannte, war ich bereit, anders über die jeweilige Person zu denken!

Bedeutet im Umkehrschluss: wenn ich keine Geschichte weiß – oder nur Bruchstücke – sollte ich mich einem Menschen zunächst neutral gegenüber stellen. Wie ein großes Stück weißes Papier, welches dann ja nach und nach beschriftet, beschmiert oder bunt bemalt werden kann.

Damit gibt man ja nicht nur dem Anderen viel mehr Chancen – sondern auch sich selbst, weil man so viel besser überrascht werden kann, als wenn man schon mit einer dick bepackten Vorurteil-Gedanken-Akte im Kopf um die Ecke kommt.

8 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Guten morgen liebe Uta,
    Ist das Verhalten nicht allzumenschlich?
    Ich denke, das die meisten von uns genau dieses Abtasten und Beobachten auch haben, mal mehr mal weniger ausgeprägt!
    Da sollte man nicht allzustreng mit sich selbst sein, denn mit dem Kennenlernen kommt dann auch die Sympathie oder auch die Antipathie zum Vorschein.
    Sicher ist es so, dass wenn man die Hintergründe einer Person etwas besser weiss, man diese Person anders einordnet.Im allgemeinen ist sicherlich eine neutrale Sichtweise von Vorteil…aber menschlich ist eben dieses erste Rasterdenken.
    Also nicht so streng mit sich selbst sein💕
    Einen schönen Tag wünscht Ulrike.

    • Oh, ganz bestimmt haben wir dieses Verhalten alle, liebe Ulrike! Und wir sollen uns deswegen auch nicht peitschen… 🙂 Es stimmt schon: das gehört wohl zu uns Menschen. Aber es kann ja nicht schaden, sich in dieser Beziehung ab und zu mal ein wenig zu beobachten und festzustellen, dass man sich mit seinem vorschnellen Urteil ziemlich geirrt hat. 😉

  2. Liebe Uta, Du hast vor einigen Wochen von einem Besuch einer Lesung mit Dominik Bloh berichtet. Dein Beitrag darüber hat mich neugierig auf das Buch gemacht, ich habe es bestellt und bin jetzt am Schluß angekommen. Ich finde das dort viele Situationen auf das Thema dieser Woche paßt. Vor allem wie wir mit Mitmenschen die auf der Straße leben umgehen sollten! Bitte immer auf Augenhöhe und diese Menschen auch ansehen beim Sprechen, was man eigentlich bei jedem machen sollte! Also meine Bitte: Versucht alle Menschen zu respektieren egal wie sie aussehen! Ich weiß es ist oft nicht leicht und in einer Großstadt, wo viele dieser Menschen leben nicht immer einfach, aber probiert es einfach aus, ihnen mit Respekt zu begegnen!

    • Liebe Ulrike,
      ja, da hast Du absolut Recht. Jeder Mensch ist eben wertvoll, unantastbar und verdient Respekt – egal, wo er herkommt, wo er wohnt, wie er lebt oder wie er aussieht.

  3. Moin liebe Uta! Oh ja, das kenn ich auch. Lerne ich den Menschen, der mir sofort unsympathisch ist kennen, muss ich das auch schon mal revidieren. Und wenn man sich dann annähert und plötzlich feststellt, man der/die ist gar nicht so wie mein erster Eindruck signalisierte, dann sag ich das ganz frei raus. Funktioniert oft sehr gut, obwohl manchmal ein Kotzbrocken eben ein K bleibt. Das war bei uns 2 ja gaaaanz anders, zum Glück ! Drücker und schönes WE

  4. Jetzt geb ich auch mal meinen Senf dazu bei 😉

    1.Antipathie hat etwas mit Selbstschutz zu tun!
    Wir analysieren unser gegenüber ganz unbewußt anhand von Mimik und Gestik.
    Und wenn uns ein Mensch unsympathisch ist,merkt es unbewusst auch der andere,das kann man nicht wirklich „verstecken“.
    Manchmal hilft auch ein gegenseitiges kennenlernen und dann wird aus Antipathie Sympathie.
    Das ist uns bestimmt schon allen passiert.
    Aber wie Ellie schon schreibt,manchmal bleibt ein K auch ein K.

    2.Keiner von uns ist frei von Vorurteilen.
    Aber wir sollten uns immer wieder kritisch mit unseren Vorurteilen auseinandersetzen und unser handeln überdenken.
    Siehe Thema Obdachlose Menschen.
    Ein Mensch ist ein Mensch,egal ob ganz unten in unserem System oder ganz oben!
    Oder welcher Herkunft.

    3.@Lydia
    Das erlernen von sozialen Kompetenzen beginnt schon im Elternhaus.
    Was Hänschen nicht lernt,lernt Hans nimmermehr!
    Egal wo die Kinder herkommen.
    Die Eltern MÜßEN da Zeit und Mühe investieren.
    Das ist so wichtig.
    Ein Kind zu erziehen bedeutet arbeit,damit haben heut zutage einige Eltern Schwierigkeiten.

    4.Keiner von uns ist perfekt,auch ich nicht.
    Wenn wir alle perfekt und korrekt handeln würden,dann wäre das Leben furchtbar langweilig.

    Ein schönes Wochenende euch allen!
    Und Uta,wie läuft es bei deiner Ausbildung?

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