Die goldene Mitte

Gestern habe ich ja meine Gedanken zu der Erziehung geschrieben, die wir wohl alle – mehr oder weniger – erfahren haben. Unsere Eltern haben uns dazu angehalten, bescheiden, höflich und eher zurückhaltend zu sein. Grundsätzlich haben diese Eigenschaften ja auch einen durchaus positiven ersten Geschmack auf der Zunge – erst bei näherem Betrachten fällt dann eben auf, dass wir selber uns damit schon ein Leben lang zu kurz kommen lassen.

Egoismus klingt da in unseren Ohren eher ganz schön schlecht… ein Mensch, der ganz genau weiß, was er will, der seine Ziele durchsetzt und dabei wenig nach links oder rechts schaut – das erscheint uns nicht richtig, weil es so gegen die Linie läuft, die wir von Kindesbeinen an gelernt haben.

Und doch scheint sich diese Eigenschaft in der heutigen Gesellschaft immer mehr durchzusetzen. Wir alle haben ganz sicher damit schon unsere Erfahrungen gemacht, sind gegen menschliche Mauern gerannt, haben Neid und Missgunst zu spüren bekommen und uns das dann mit einer Mischung aus Unverständnis, Traurigkeit, aber vielleicht auch einer Prise Faszination angeschaut.

Ich habe mal gelesen, dass es Firmen gibt (und das nicht gerade wenige), die Seminare für ihre Mitarbeiter anbieten, in denen diese lernen, ein Ar… zu sein. In diesen Workshops sollte ihnen also diese anerzogene Bescheidenheit abtrainiert und gezeigt werden, wie man sich mit Hilfe von Ellenbogen (oder schlimmerem) an die Spitze „prügelt“.

Ist schon schräg, oder? Auf der anderen Seite – hätten wir nicht alle gerne zumindest ein stückweit mehr von dieser Skrupellosigkeit? Also natürlich nicht auf Kosten anderer – eben die goldene Mitte dabei finden. Nicht nach dem Motto (das ich total doof finde) „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“ – sondern eher „Wenn jeder an sich und an die Anderen denkt, kann es so richtig schön werden!“

Und dabei eben wirklich in dieser Reihenfolge: zuerst gucken, ob es mir gut geht und mit nem Seitenblick schon mal auf die Anderen schielen. Wie im Flugzeug: da soll man sich ja auch zuerst selber retten, die Atemmaske usw. umschnallen und sich dann erst um die Mitreisenden kümmern.

Das macht auch Sinn – über den Wolken genauso wie auf der Erde…

P.S.: Heute von 15.00 bis 18.00 läuft meine erste Sendung „Meer-Glück“ auf Radio Ankerherz 

9 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo Uta,
    Habe gerade Radio Ankerherz eingeschaltet! Schön, Deine Stimme (Moderationsmarathon von 4,5 Tagen) gehört zu haben👍🏻 ist echt interessant. Gibt es feste Sendezeiten für Dich?
    Liebe Grüße, Anette

    • Liebe Anette,
      wie schön, dass Du mich gehört hast! 🙂 Feste Sendezeiten gibt es momentan noch nicht – das muss sich wohl erst alles einspielen… wenn sage ich Bescheid!

  2. Hallo Uta,
    das mit dem Egoismus ist ein schweres Thema. Ich bin generell der Typ der schlecht nein sagen kann.
    Ich finde das sehr egoistischen Menschen leider ein Stück weit auch Einfühlungsvermögen, Verständnis und Verantwortung für andere fehlt.
    Klar ist auch, dass man manchmal seine Grenze erreicht und bevor es ungesund für einen selbst wird, dass dann auch sagen sollte. Trotzdem finde ich das vielen weniger Egoismus besser stehen würde.
    Klar wenn jeder an sich denkt…. aber jeder braucht auf die ein oder andere Art mal Hilfe und ich denke, wenn mal auch mal an andere denkt wird auch an einen Gedacht.( Und das dann auch ohne betteln und mit Freude)
    Ich finde auch, grade wenn man Kinder hat,sollte man nicht der egoistischste sein. Man hat sich für sie entschieden, man wollte sie. Sie wurden nicht gefragt und hatten keine Wahl.
    Ich glaube du als liebende, fürsorgliche Mama weißt was ich meine.
    Liebe Grüße

    • Liebe Karin – vielen Dank für Deinen Kommentar! Mein Artikel war ja auch kein Plädoyer für den Egoismus! Es war ein Aufruf, in diesem Bereich nicht so in eins der Extreme zu gehen, wie man es so oft beobachtet und erlebt: entweder man denkt kaum an sich (und wenn, dann nur wenig Gutes) – oder die Mitmenschen sind einem herzlich egal… Ich denke, man kann eben ein echt toller Mensch sein, wenn man sich selber liebt und sich selber auch Respekt zollt und daneben eben die Anderen nicht außer Acht lässt – das geht beides absolut gut parallel.

      • Hallo Uta,
        hatte das auch nicht so verstanden, dass du sagst alle sollen egoistisch sein.
        Ich bekomme zur Zeit nur aus nächster Nähe mit, wie es ist, wenn man trotz Kinder alles so machen will wie ohne. Sprich Vollzeitjob in Führungsposition ( Europaweit), Hobby ( Pferd mit Tuniersport), Haus, sehr großes Grundstück, Party…
        Da bleiben nicht nur die Kinder( 2 und 3 1/2 Jahre), sondern alle auf der Strecke.
        Und vom Geld her wäre der Job nicht nötig. Es war halbtags u nicht als Führungskraft geplant.
        Könnte es verstehen, wenn sie es müsste. Ich finde es egoistisch. Evtl fehlt mir da auch das Karrieregen oder ich bin zu sehr Klugge um das zu verstehen.
        Klar letzten Endes muss es jeder selbst wissen, aber ich könnte das nicht. Da würde ich auf was verzichten zum Wohle alle aber vor allem aber für die Kinder. Man kann die Zeit nicht zurück drehn und verlorene Zeit bekommst du nie zurück.
        Liebe Grüße

        • Liebe Karin,
          ja, ich habe Dich auch richtig verstanden und weiß auch, was Du meinst! Und sicherlich hast Du auch in vielen Punkten absolut Recht!
          Ich persönlich finde es allerdings immer ein bisschen heikel, über andere Menschen zu urteilen: niemand steckt in der Situation, in diesem Leben – nur die betreffende Person selber. Und sie muss selber entscheiden, was für sie das richtige ist und die Konsequenzen daraus tragen.
          Ich persönlich könnte das auch nicht, was Du bei dieser Frau beschreibst – aber ich bin ich … und ich denke, dass eine Frau, die gegen ihren Willen und ihre Überzeugung zuhause bleibt, eher unglücklich und gestresst ist – ob das dazu beiträgt, eine bessere Mutter zu sein?!?
          Ist jedenfalls ein echt schweres Thema – und ich hoffe, Du verstehst mich richtig. Ganz liebe Grüße

  3. Ich glaube, wenn man sich ein bisschen daran orientiert, dass das Leben ein Geben und Nehmen ist, dann relativiert sich die Egoismus Aussage wieder. Vielleicht ist man bei Menschen, die einem nicht gut tun und nur ihren Vorteil wollen, Energie saugen, mit Egoismus gut bedient. Bei allen anderen muss man denke ich nie groß überlegen. Ich habe inzwischen gesunden Egoismus gelernt, um mich selbst zu schützen, meine Gesundheit zu behalten und den wirklich wichtigen Menschen Gerecht zu werden. Ich finde da auch nichts schlecht oder verwerflich dran, ganz im Gegenteil.

    • …und ich gebe Dir vollkommen Recht, denn es drückt ja so ziemlich das aus, was ich meine, liebe Nici.
      Egoismus ist halt leider so negativ behaftet – und wenn man es massiv und ausschließlich betreibt, dann ist es ja auch wirklich keine tolle Eigenschaft. Aber wenn man es gleichsetzt mit der Liebe zu sich selbst, dann sollte man danach auf jeden Fall streben

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